Es ist Ende März 2015 und der Monitoring-Bericht 2013 (dort Monitoringberichte über Elbsediment-Umlagerungen) zur Schlickverklappung bei Tonne E3 vor Helgoland ist von HPA weiterhin nicht veröffentlicht worden. Seitens des Senates war noch am 28.11.2014 in einer Schriftliche Kleine Anfrage angekündigt worden: “Am Teilbericht zur Verbringung von Baggergut zur Tonne E3 für das Jahr 2013 wird derzeit gearbeitet. Aufgrund zeitintensiver Untersuchungen stehen die letzten Ergebnisse noch aus. Nach Fertigstellung wird dieser Bericht ebenfalls auf der Internetseite der HPA veröffentlicht.”
In der Hamburgischen Bürgerschaft wurde zum überfälligen Monitoringbericht und der Gesamtthematik um E3 nun eine schriftliche kleine Anfrage gestellt.
Zur Erinnerung: Das Umweltministerium von Schleswig-Holstein (MLUR) und Hamburg, vertreten durch HPA, hatten in 2005 vereinbart, dass Hamburg für den Zeitraum von drei Jahren bis zu 4,5 Mio. m³ giftigen Hafenschlick vor Helgoland bei Tonne E3 verklappen darf, wenn die Folgewirkungen durch ein Auswirkungs-Monitoring begleitet werden. Bis Ende 2007 konnte durch Hamburg insgesamt 4,44 Mio. m³ Schlick nahezu kostenfrei entsorgt werden.
Hamburg gefiel diese Variante extrem gut und wollte in Nachverhandlungen mehr. Am 01.08.2008 wurde ein neues Einvernehmen zwischen MLUR und HPA zur Verklappung vor Helgoland vereinbart. Das neue Einvernehmen umfasste neue Verklappungsmengen von weiteren 6,5 Mio. m³ und wurde bis zum Jahresende 2011 befristet. Dieses Einvernehmen wurde mit verschärften Monitoringauflagen versehen, die wir in Auszügen hier zitieren:
“23. Die HPA hat dem MLUR halbjährlich einen kurzen, fachlich präzisen und gleichzeitig populärwissenschaftlich verständlichen Zwischenbericht zur Gesamtmaßnahme vorzulegen, der neben den wichtigsten Angaben zur Maßnahmenbestimmung, zur Erfüllung der Nebenbestimmungen sowie diesbezüglich tabellarische Zusammenfassungen und übersichtlichen erläuternden Graphiken auch eine Bewertung enthält.
24 Die HPA hat dem MLUR jährlich einen umfassenden Bericht über den Fortschritt der Gesamtmaßnahme, das durchgeführte Monitoring und dessen Ergebnisse sowie eine Bewertung vorzulegen. Dabei ist die Erfüllung aller Maßgaben dieses Schreibens jeweils einzeln begründet zu bestätigen.”
Im Rahmen des neuen umfangreichen Monitorings wurden in den Beprobungen an der Wellhornschnecke und der Pfeffermuschel bei den Untersuchungen Bioakkumulationen festgestellt. Die Auswertung der Ergebnisse ergab im März 2009 deutlich erhöhte Konzentrationen von elbetypischen chlor- und zinnorganischen Schadstoffen (DDT-Metabolite, Mono- und Dibutylzinn, Hexachlorbenzol). Diese Ergebnisse waren signifikant und belegten zweifelsfrei eine biologische Schadstoffanreicherung, d.h. eine nicht zulässige maßnahmebedingte Bioakkumulation, an der Einbringungsstelle vor Helgoland.
Das Schleswig-Holsteinische MLUR reagierte und erwirkte per 28.07.2009 eine Änderung zum Einvernehmen des Vorjahres. Das Berichtswesen wurde unter Erhalt der o.a. Ziffern 23 und 24 nochmals verschärft und die Einbringungsverbote präzisiert. Die Verklappungsmengen von 6,5 Mio. m³ und die Befristung bis Ende 2011 blieben unverändert.
Von 2008 bis 2011 wurden bei Tonne E3 vor Helgoland insgesamt 2,13 Mio. m³ Hafenschlick verklappt und das Abkommen lief aus. Parallel entbrannte der Streit um die Husumer Windmesse, der vermutlich die Ursache der ausgebliebenen Verklappungen in den Jahren 2011 und 2012 bildet. Es ging also in diesen Jahren ganz hervorragend ohne die Verklappung vor Helgoland, auch wenn man uns über „Oberflächenabflüsse“ regelmäßig ganz andere Zusammenhänge „streng wissenschaftlich“ verkaufen will.
Nach einer für „Otto-Normal-Bürger“ nicht nachvollziehbaren Einigung um die Husumer Windmesse wurde das E3-Einvernehmen am 31.05.2013 verlängert. Alle Teile dieses Berichtswesens, also auch Ziffer 23 und 24 wurden übernommen. Also wo bleibt der E3-Monitoringbericht für das Jahr 2013? Warum ist aus Schleswig-Holstein nichts zu hören? Die Verklappung wurde im Sommer 2014 mit rund 800.000 m³ Schlick wieder aufgenommen.
In der Marner Zeitung durften wir anlässlich eines Friedrichskoog-Besuches des Schleswig-Holsteinischen Umweltministers, Herr Robert Habeck, in der Papierausgabe vom 05.02.2015 folgende Überschrift lesen: “Platz für Baggergut der nächsten drei Jahre”.
Wir lesen von deutlicher Kritik durch den Vorsitzenden des dortigen Fischervereins, Herrn Dieter Voss: “…durch das Ausbaggern des Hafens sowie die Vertiefung der Elbe und das Verbringen des Sandes und Schlicks vor die Küste” würde die tägliche Arbeit der Fischer beeinträchtigt werden. Herr Habeck entgegnet: “Niemand ist scharf darauf, Baggergut bei Tonne E3 zu verklappen. Sie nicht, die Fischer nicht und auch wir nicht.” Die Zeitung führt weiter aus: “Aber die Lösung vor der Küste sei immer noch besser, als den Schlick vor St. Margarethen zu lagern. Zumal dies nur eine begrenzte Maßnahme sein wird.” und zitiert erneut Herrn Habeck: “Die Mulde vor Helgoland fasst rund 6,5 Millionen Kubikmeter, drei davon sind bereits eingebracht. Bei einer jährlich weiteren Einbringung von einer Million Kubikmeter, seien die Kapazitäten in den kommenden drei Jahren erschöpft.”
Diese Aussage ist sehr erstaunlich. Die Verlängerung des Einvernehmens war befristet bis zum 31.12.2014. An dieses Verlängerung war eine wichtige Bedingung geknüpft, die wir ebenfalls zitieren
„4 Die HPA “legt bis spätestens 31.12.2014 ein Gesamtkonzept zum Sedimentmangement in der Tidelelbe vor, das
a. eine umfassende Prüfung und Bewertung von verschiedenen Verbringungsvarianten innerhalb und außerhalb der Tideelbe sowie an Land, einschließlich einer vergleichenden Prüfung und Bewertung der Umweltauswirkungen dieser Verbringungsvarianten, beinhaltet,
b. als fachlich fundierte Entscheidungsgrundlage für die Minimierung des Baggeraufwandes sowie für künftige Verbringungsmaßnahmen der verbleibenden Restmengen verwendet werden kann, und das
c. von Anfang an in einem transparenten Dialogprozess gemeinsam mit dem Bund, den betroffenen Küstenländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen sowie den betroffenen Interessenvertretern, insbesondere Naturschutzverbänden, erstellt wird.
Für den Fall, dass sich die Fertigstellung dieses Konzeptes ohne schuldhafte Verzögerung über das Jahresende 2014 hinaus zieht und eine Verbringung weiterer Baggermengen aus der Hamburger Stromelbe unvermeidlich ist, behält sich der Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume auf der Grundlage der Entscheidung des schleswig-holsteinischen Kabinetts vom 14. Mai 2013 eine evtl. Anschlussregelung bis maximal zur bereits zugelassenen Menge von 6,5 Mio. m³ Baggergut vor.”
Diese Aufgabe der Konzepterstellung wurde seitens der für die E3-Schlickverklappung verantwortlichen HPA scheinbar auf das sogenannte “Dialogforum Tideelbe” übertragen. Die potentiellen Teilnehmer und die Organisation des im Dezember 2013 konstitiuierten Forums passen zu der im Einvernehmen vereinbarten Konzeptentwicklung. Das Ziel der HPA, die E3-Schlickverklappung über ein Votum des Forums fortführen zu können, bleibt in der “veröffentlichten Zielstellung des Forums” unerwähnt.
Dem Forum wurden Präsentation zu unterschiedlichen Themenstellungen rund um das Thema Baggern auf der Unterelbe vorgestellt und diskutiert. Die Präsentationen sind gemeinsam mit den Sitzungsprotokollen veröffentlicht.
Das ursprüngliche Ziel des Dialogforums, ein Konzept bis Dezember 2014 zu veröffentlichen, wurde nicht eingehalten. Noch im Januar 2015 wurden uns als Datum Ende März 2015 benannt. Nun dürfen wir aktuell im letzten Absatz lesen, dass aufgrund der E3-Problematik nun mit einem Ergebnis noch im ersten Halbjahr 2015 gerechnet wird. Da Hamburg laut der zwischen BSU und HPA vereinbarten “Übergangsregelung zum Handlungskonzept Umlagerung von Baggergut aus dem Hamburger Hafen in der Stromelbe” vom 16.03.2012 zwischen dem 1. April und dem 6. November eines jeden Kalenderjahres keinen Hafenschlick vor Nesssand verklappen darf kommt Hamburg langsam unter Handlungszwang.
Die Hoffnung, dass Schleswig-Holstein nach nunmehr über zehn Jahren Verklappungshistorie vor Helgoland mit der Gesamtmenge von über 7,5 Mio. m³ giftigen Hafenschlick der Hamburger Baggerpolitik die rote Karte zeigen wird, erscheint gering. Verstehen tun wir es nicht.
Entlarvend ist die Senatsantwort: “Es ist im Übrigen nicht Ziel des Forums, sich auf ein Gesamtkonzept zum Sedimentmanagement zu einigen.” Ach so, ist nicht das Ziel. Ja soll dann das Dialogforum wohl doch nur eine Kaffeetrinkervereinigung darstellen?
Einigung auf Augenhöhe war noch nie eine Stärke des Hamburger Senates.