Hamburg-Hafen-Marketing hat heute für das erste Quartal 2015 die Umschlagszahlen des Hamburger Hafens vorgelegt. Da es im Containerbereich mit 0,1%, wie wir es kurz zuvor von den Terminalbetreibern gehört hatten, nichts zum Jubeln gab, hat man sich auf die anderen Umschlagsbereiche konzentriert. Und da sah es beim Massengut doch mit einer Steigerungszahl von 12,3% doch deutlich besser aus.
Die Entwicklung des Containerumschlags gefiel den präsentierenden Vorständen vom Hamburg Hafen Marketing e.V., den Herren Ingo Egloff und Axel Mattern, nun so gar nicht und es mussten Erklärungen her. Schließlich will man doch im Jahre 2015 endlich die Marke von 10 Mio. umgeschlagenen TEU knacken, nachdem dieses in 2014 wieder nicht gelungen ist und nach sieben Jahren immer noch die Bestmarke aus 2008 mit knapp 9,9 Mio. TEU drückt.
Der Pressemitteilung von HHM entnimmt man zwei Schuldige:
- Für Herrn Mattern ist in erster Linie die schlechte Entwicklung auf den Einbruch mit Russland zurückzuführen. “Im ersten Quartal wurden zwischen Hamburg und russischen Häfen an der Ostsee insgesamt 109.000 TEU transportiert. Das ist im Vergleich zum Vorjahresquartal ein Minus von 34,8 Prozent.” Oh ja, dramatisch, wir reden über 60.000 TEU in drei Monaten.
- Herr Egloff benennt den Zweiten: “Für die weitere Entwicklung von Hamburg als führenden Hafen- und Logistikstandort in Deutschland sind die Fahrrinnenanpassung sowie der Ausbau und die Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur von größter Bedeutung.“
Wunderbar, dann haben wir es ja. Die Russen sind schuld und natürlich die Gegner der Elbvertiefung. Auch die Welt übernimmt diese Platitüden von HHM gebetsmühlenartig. Die VR-verkehrsRUNDSCHAU folgt dem Weltbeispiel nicht, sondern berichtet über die neuesten statistischen Erhebungen des Statistischen Bundesamtes und deren Umschlags-Hitliste.
Das Bundesamt hat im Internet einen neuen Seeverkehrsatlas veröffentlicht, der für die letzten drei Jahre einen Überblick über den Seehandel mit Ländern gibt. Unterschieden wird nach empfangenen und versendeten Waren, und auch nach Containern. Diese finden Sie, wenn Sie in der “Inhaltswahl” den Knopf “Weitere Karten” wählen und in der Auswahlliste unter “Ladeeinheiten” die Zeile “Empfang/Versand Seehäfen” auswählen.
Hamburg ist dann als “Umschlagsstärkster Seehafen” voreingestellt – nur Jahr und Empfang/Versand von Ladeeinheiten muss gewählt werden. Dann “Karte anzeigen” und auf das Land klicken, für das Sie Auskunft wünschen. Wir haben das mal für Russland gemacht und haben folgende Tabelle ermittelt:
Jahr |
TEU Empfang |
TEU-Versand |
TEU gesamt |
2014 |
268.329 |
368.789 |
637.118 |
2013 |
302.223 |
415.104 |
717.327 |
2012 |
291.328 |
384.327 |
675.655 |
Wir können mit dieser Tabelle und dem Wehklagen von Herrn Mattern zusammenfassen:
- 109.000 aktuelle TEU’s samt 60.000 verlorene TEU’s ergeben 169.000 TEU gesamt in diesem Quartal I/2015.
- Vier Quartale würden 676.000 TEU ergeben. Das ist genau der Wert, den wir in 2012 als hamburgischen Gesamtumschlag mit Russland finden.
Also liegt es wirklich an den Russen: das Wohl des Hamburger Hafens und die geplante Umschlagsentwicklung auf über 25 Mio. TEU scheint jäh ausgebremst worden zu sein?
Nein liebe Leser, das ist absoluter Unsinn. Russland ist, wie die verkehrsRundschau und das statistische Bundesamt berichten, ein wichtiger Umschlagskunde für den Hamburger Hafen. Wenn es hier durch die EU-Sanktionen Umschlagseinbrüche gibt, ist das aber nicht so dramatisch, als wenn man sich vorstellen würde, dass im Umschlag mit der Volksrepublik China sich etwas ändern würde. Schauen Sie sich die Zahlen für Hamburg an: 2,7 Mio TEU und nicht 0,67 Mio. TEU. Ein Einbruch um über 30% im Containerverkehr mit China wären mehr, als der Hafen gesamt mit Russland umschlägt.
Es müssen ja nicht einmal Sanktionen sein. Es würde ja schon ausreichen, wenn die VR China über eine Reederei mit Staatsbeteiligung einen europäischen Hafen samt Eisenbahngesellschaft mit Anschluss an die europäischen Eisenbahnnetze erwerben würde. Dann würde sich das gestrige “Russland”-Hüsteln im Hamburger Hafen zu einer heftigen Grippe entwickeln.
Und mit der ausstehenden Elbvertiefung hat die aktuelle Umschlagsentwicklung im Hamburger Hafen überhaupt nichts zu tun. Aber das wissen Sie ja bereits…