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“Sandnes” auf Schiet

Sandnes EsteErneut gab es bei schönstem Frühlingswetter ein Ereignis für Se(e)hleute auf der Elbe. Nach der CSCL Indian Ocean ist ein weiteres Schiff auf Grund gelaufen.

Die “Sandnes”, ein selbstlöschender Bulkcarrier (166,70m, 24,50m, 10,4m),  wollte nach einem Aufenthalt auf der Sietas-Pellas-Werft in Cranz wieder in Dienst gehen. Ihre Reise wurde kurz vor 08:00 Uhr bei der Einfädelung von der Außeneste-Fahrrinne in die Elbe gestoppt. Bei bereits ablaufendem Wasser blieb sie stecken. Wie in der Bildergalerie zum Artikel im Hamburger Abendblatt zu erkennen ist, lag sie schön hoch und trocken…

Und wieder hatte die Natur an der Elbe in und um Hamburg Glück. Es ist nichts passiert, kein Mensch geschädigt, kein Schweröl ausgetreten. Und mit dem nächsten Hochwasser konnte die “Sandnes” nach ca. 12 Stunden wieder freigeschleppt werden. Schon cool, wie mit den Havarien auf der Unterelbe umgegangen wird – mag man meinen. Die Zeit untertitelt mit “Kein Grund zur Panik” und spielt die beiden Havarien der letzten drei Wochen schon fast ein wenig verniedlichend runter: “Die beiden Fälle sind weder vergleichbar noch spezifisch für Hamburg – und einen neuen Trend bilden die jüngsten Havarien noch lange nicht.

Wir teilen dabei ausdrücklich die Senatsmeinung, dass die Havarie der “CSCL Indian Ocean” nichts mit der bislang ausgebliebenen Elbvertiefung oder der Schlicksituation im Hafen zu tun hat. Die gestrige entgleiste Debatte dazu in der Bürgerschaft war furchtbar.

Wir vermissen den Respekt vor den Riesenschiffen ab 300 Metern Länge, die auf der Unterelbe zwischen Glückstadt und Hamburg im Havariefalle aufgrund des nur 300 Meter breiten Fahrwassers nicht mehr gedreht werden können. Ein auf Schietsetzen, wie bei der CSCL Indian Ocean praktiziert, ist einfach kein sicheres und bewährtes Notfallkonzept für derartige Schiffe. Es mutet grob fahrlässig an, wenn, wie in der Zeit geschehen, zehn Havarien in ein Verhältnis zu den angeführten 65.000 Schiffspassagen (HADAG-Fähren, Lotsenboote und Waschpo-Fahrten inklusive) gestellt werden: das sind 0,15 Promille!

Nehmen wir dagegen nur die Containerriesen mit 300 Metern Länge und mehr. Davon sind im Jahr 2015 genau 973 Schiffe in den Hamburger Hafen ein- und ausgelaufen. Das sind 1.946 Passagen auf der Unterelbe gewesen, die in Relation zu den uns bekannten drei Havarien von großen Schiffen in den letzten 360 Tagen zu setzen sind: namentlich die NYK Olympus, die Yangming Wish und die CSCL Indian Ocean. Ohne Berücksichtigung der nur 294 m kleinen  Choapa Trader zählen wir also drei Havarien bei 1.946 Passagen. Das wären knapp 0,16 Prozent!

Peanuts mögen Sie jetzt sagen – für Sicherheitsverantwortliche ist das schon ein enormer Unterschied, ob über 99,98% Zuverlässigkeit gesprochen wird oder über nur 99,84%. Wir fühlen uns bei derartigen Diskussionen immer an die Sicherheit von Atomkraftwerken erinnert. Und da wurden trotz Tschernobyl immer tolle Sicherheiten benannt – bis es zu Fukushima gekommen ist.

Bei der Havarie der Sandnes war bei den verantwortlichen Akteuren coolness angesagt. Bei der CSCL Indian Ocean dagegen mit 100% Sicherheit nicht. Das hat heftige Spuren hinterlassen, auch wenn die Zeit und unser Senat mit seinen Antworten auf eine Schriftliche Kleine Anfrage zur Port-Feeder-Barge einen gänzlich anderen Eindruck zu vermitteln scheinen.

Die Fahrrinne der Außeneste ist übrigens ebenfalls ein Dauerthema wie die Verschlickung des Hamburger Hafens insgesamt. Wir erinnern uns an die Dauerbaustelle am Este-Sperrwerk, weil eine Schlicklinse ein Sperrwerktor aus den Angeln gehoben hat. Auch kommt es immer wieder vor, dass bei Niedrigwasser die Fähre Blankenese – Cranz, die viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von einer Elbseite zur anderen befördert, weder den Anlieger Cranz noch den Anlieger am Sperrwerk anlaufen kann. Die Passagiere müssen dann den Umweg über den Anlieger Finkenwerder und eine anschließende Busfahrt in Kauf nehmen, um von Blankenese nach Cranz zu kommen. Das ist kein Problem für die HPA und den Hamburger Senat. Aber vielleicht ist es ein Problem für die Menschen auf der Südseite der Elbe, die regelmäßig nur wenig von der Hamburger Politik beachtet werden.

Deponie Nordsee

CMACGM Georg ForstnerDer Bürgerschaftsausschusses für Wirtschaft, Innovation und Medien tagte am 05.01.2016 und behandelte Thema Sedimentmanagement im Hamburger Hafen. Wirtschaftsenator Herr Frank Horch, begleitet von Staatsrat Herrn Dr. Rolf Bösinger berichteten unter Verstärkung von zwei HPA-Mitarbeitern über den aktuellen Sachstand. Der Ausschuss hat statt eines Protokolls einen Bericht an die Bürgerschaft abgegeben – die zugehörige Präsentation von der HPA ist als Anlage zur “Anwesenheitsliste” veröffentlicht.

Die Senatsvertreterinnen und Senatsvertreter erläuterten zum Sedimentmanagement,
dass diese Problematik einen naturbedingten Hintergrund habe. Das sogenannte Oberwasser, welches eine normale Spülwirkung des Stromes ausmache, sei im letzten Jahr überproportional zurückgegangen und darüber hinaus habe es unter anderem langanhaltende Winde aus ungünstigen Richtungen gegeben. Alles zusammen habe dann die Sedimentablagerungen zu einem Problem werden lassen.” lesen wir und sind erstaunt, das kein Abgeordneter nach wissenschaftlichen Untersuchungen und Nachweisen fragt oder sich auch nur an die Staustufe in Geesthacht erinnert. Das Bild von der Toilettenspülung scheint für die Abgeordneten vollkommen ausreichend zu sein: Viel Wasser – Schiet weg, beim Betätigen der Spartaste (also wenig Oberwasser) bleibt alles liegen. Die Hydrologie und ihre Unterdisziplinen scheinen in Hamburg ein Bestandteil der Klempnerinnung zu sein.

Einen Zusammenhang zwischen den seit Jahrzehnten gestiegenen Baggermengen und den vorangegangenen Elbvertiefung wird nicht mal in Erwägung gezogen. Auch nicht, wenn mit den im Bericht zu Protokoll gegebenen Hamburger Baggermengen von über 10 Mio. m³ ein neuer Rekord bekannt gegeben wird. Keiner bemerkt zudem, dass die Mengen aus der Injektionsbaggerei, die wir auf weitere 1 Mio. m³ Sediment schätzen, in den Senatsangaben völlig unberücksichtigt bleiben.

In Sorge um den Hafen werden Forderungen zur ganzjährigen Baggerei gestellt. Die Vereinbarung zwischen HPA und Umweltbehörde zum Aussetzen der Kreislaufbaggerei zwischen April und November bei Unterschreitung der kritischen Sauerstoffgrenze soll aufgehoben werden. Ein Wort über das jährliche Sauerstoffloch im Hamburger Hafen wird dabei nicht verloren. Die o.a. Vereinbarung scheint von Abgeordneten als eine Schikane der Umweltbehörde angesehen zu werden: “Im Interesse der Gegebenheiten des Hamburger Hafens und des Wirtschaftsstandorts Hamburg sollte ein grüner Senator dann auch mal nachgeben.

Zur Forderung, den Baggerstopp im Sommer auszusetzten, merkten sie (Vertreter des Senats) an, dass dies mit dem Konzept, Baggergut in die Nordsee auszutragen, bezweckt werde, denn dafür würden nicht nur die Wintermonate in den Blick genommen. Es werde damit auch das Ziel verfolgt, eine ganzjährige Handlungsfähigkeit zu erreichen.” So dann wird die Verklappung bei Tonne E3 vor Helgoland und überhaupt in der Nordsee vom Senat erörtert.  “Die letztjährige Situation sei dann aber zum Anlass genommen worden, auf der Fachebene in Verhandlungen mit Schleswig-Holstein einzutreten, um für das kontaminationsfreie Material aus den Hafenbecken eine langfristige und nachhaltige Lösung für den Bereich der Hamburger Delegationsstrecke vom Hafen bis zur Landesgrenze zu Schleswig-Holstein zu finden.”

Kontaminationsfrei? Klingt toll – aber dieses Material gibt es im Hamburger Hafen nicht! Seit Jahren wird bei Tonne E3 vor Helgoland giftiges Sediment (mit erheblichen GÜBAK-R2-Richtwertüberschreitungen) aus dem Fahrwasser der Norder- und Süderelbe sowie des Köhlbrands verklappt. Als “frisches” Sediment gilt dieser Schlick aus dem Fahrwasser daher als “weniger” belastet. Sedimente aus den Hafenbecken sind dagegen älter und weisen deutlich höhere Belastungen als aus den vorgenannten drei Abschnitten aus. In der HPA-Graphik der Protokollanlage (Pdf-Seite 10) wird der Kontaminationsgrad auch vorsorglich nicht benannt.

Wir erahnen, dass Schleswig-Holstein sich jetzt von Hamburg weich klopfen lässt, damit auch die giftigen Sedimente aus den bislang ausdrücklich in der bisherigen Vereinbarung ausgeschlossenen Hafenbecken in der Nordsee verklappt werden können. Interessant wird zudem das Volumen der jährlich von Schleswig-Holstein zu genehmigenden Sedimente sein. Wir ahnen Schlimmes!

Eine Vereinbarung mit Hamburgs nördlichen Nachbarn soll bis Ostern 2016 erarbeitet werden. Laut HPA-Graphik (letzte Seite) wird hierfür der Ergebnisbericht des Dialogforums Tideelbe vom Sommer 2015 als Basis für eine Lösung und ein Einvernehmen der Bundesländer deklariert. Wir haben im Bericht keine perfekte Lösung finden können. Einvernehmlichkeit haben wir nur bei der Schaffung von mehr Flutraum an der Unterelbe (z.B. Öffnung der Alten Süderelbe) wahrgenommen, die deutlich mehr Einfluss auf das Sedimentationsgeschehen im Hafen hat, als die o.a. “Toilettenspülung”. Dieses Thema wurde aber im Ausschuss nicht erörtert und wird in den nächsten Jahren, wie in den vielen Jahrzehnten zuvor, von Hamburg gepflegt unter den Teppich gekehrt werden.

Alte Zöpfe

Bagger Ijsseldelta im NebelDas Hamburger Hafenblatt berichtet von Mindertiefen im Köhlbrand, der Zufahrt zum HHLA-Terminal CTA in Altenwerder, von bis zu 2 Metern. Die Schlickbänke sollen sich erneut vom westlichen Gleithang der Köhlbrandeinfahrt bis zum Hadag-Anleger “Waltershof” erstrecken. Die HPA hatte diesen Bereich des Köhlbrands letztmalig im Juni 2015 ausgebaggert.

Die vom Hamburger Hafenblatt angeführte Ursache für die Mindertiefen zeigt erneut eine kopp-lose Berichterstattung: “Grund für die massive Rückkehr des Problems ist, dass die HPA nur einen Teil der ausgebaggerten Sedimente in der Nordsee bei der Tonne E3 rund 25 Kilometer nordwestlich von Scharhörn verklappen darf, maximal 6,5 Millionen Kubikmeter. Einen Großteil des Baggerguts lässt die HPA bei Neßsand wieder in die Elbe kippen. Von dort wird der Schlick aber mit dem Tidenhub in den Hamburger Hafen zurückgespült. Zudem darf die HPA einer Vereinbarung mit dem Land Schleswig-Holstein zufolge nur solchen Schlick in der Nordsee verklappen, der in der Hauptfahrrinne anfällt, nicht aber den Schlick aus den Hafenbecken.

  • Noch im September 2015 hatte die HPA sozusagen den “Baggernotstand” ausgerufen. Der grüne Umweltminister in Schleswig-Holstein, Herr Robert Habeck, hatte daraufhin für das Jahr 2015 die doppelte Menge, d.h. 2 Mio. m³,  für die Verklappung giftigen Hafenschlicks vor Helgoland genehmigt. Von den noch im Frühsommer bestehenden Hamburger Verklappungreserven in Höhe von 3,5 Mio. m³ sind somit zum Jahresbeginn 2016 noch rund 1,5 Mio. m³ “frei”. Das Limit wird genauso rasant erreicht, wie die HHLA-Milliarde aufgebraucht ist.
  • Bislang gehörte der Köhlbrand zur “Hauptfahrrinne“, also der Bundeswasserstraße Elbe, wie Herr Kopp schreibt. Auch uns ist unbekannt, das der Köhlbrand eine Entwidmung als ein derartiges Fahrwasser erfahren hat.
  • Was nun der Tidenhub, der Höhendifferenz zwischen Hoch- und Niedrigwasserstand, mit der Verschlickung zu tun hat, ist uns ein Rätsel. Bislang wurde immer vom “Tidal Pumping” gesprochen bzw. vom bislang nicht wissenschaftlich abgeleiteten zu “geringen” Oberwasserabfluss, der Einfluss auf die Sedimentmengen im Hafen hat. Alles hinfällig? Nun ist also der Tidenhub die neueste Erklärung?

Das alles ist Unsinn. Angesichts der noch bestehenden Verklappungsreserven bei Tonne E3 macht auch das Verhalten der HPA keinen Sinn mehr. So werden wir in der Debatte in der Hamburger Bürgerschaft ab Mittwoch der nächsten Woche bei der Thematisierung des Sedimentthemas lauter “Büttenredner” hören, denn…

… die überwiegende Mehrheit der Parlamentsfraktionen, sei es in Regierung oder in Opposition, haben es in den vergangenen dreißig Jahren nicht geschafft, für das Sedimentthema eine Erklärung und damit Lösung zu finden. Auch nach all diesen erfolglosen Jahren wollen diese Parteienvertreter einfach nicht glauben, dass es einen Zusammenhang zwischen den bisherigen Elbvertiefungen und der sich in den letzten Jahren dramatisch verstärkten Sedimentation gibt. Dabei ist das doch sehr einfach.

Alle Menschenkinder, die es versucht haben, am Nordseestrande ein tiefes Loch zu buddeln, wissen, dass dieses einfach nicht funktionieren will. Dass das nicht geht, hat jeder Buddler einfach und schnell akzeptiert. An der Unterelbe sollen aber andere Gesetze gelten – da kann gegraben werden, so tief diese o.a. Politiker meinen.

Also erwarten wir in der nächsten Woche die schon vom Hafenblatt vor Weihnachten Kopplos angekündigten “Büttenreden”. Bis zum Abwinken wird debattiert werden – wahrscheinlich wird sogar ein neues drittes Kapitel im Unterelbemärchen geschrieben werden.

Onkel Gunthers Märchen

BonzAm 19.11.2015 hatte die CDU Blankenese zu einem Vortrag von Herrn Gunther Bonz zum Thema “Quo vadis Hafen?” eingeladen.

Fast eineinhalb Stunden sprach er frei mit dem Publikum, fast so, als habe er eine Kindergartengruppe vor sich. In erzählerischem Tonfall unter Einbindung altbekannter Anekdoten ließ sich Herr Bonz über die schlechte Investionsplanung, Politiker ohne “Arsch in der Hose” und unmögliche Umweltauflagen aus. Dass dabei Fakten munter mit einander vertauscht, unterschlagen oder unvollständig wieder gegeben wurden, fiel keinem auf. Es war ein unterhaltsamer Abend, so der stellvertretende CDU-Ortsvorsitzende Johann-Heinrich Riekers am Ende der Veranstaltung. Ja, wie ein Märchenonkel kam uns der Vortrag von Herrn Gunther Bonz, Präsident des Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH) und Generalbevollmächtigter von Eurogate, vor.

Herr Bonz plauderte über die “wahren”, nicht die “offiziellen”, Ursachen des Umschlageinbruchs. So durften wir erfahren, dass die Probleme mit den Schleusen des NOK Hauptgrund für die einbrechenden Feederverkehre sind. Die kaputte Rader Hochbrücke führte zu ausbleibenden LKW-Verkehren aus dem Norden und am Ende verliert der Hamburger Hafen Ladung. Aus Asien bleiben Waren weg, weil die Elbvertiefung und Fahrrinnenverbreiterung noch nicht da ist und weil die HPA die Hafenbecken nicht ausreichend tief hält. Weg gelassen hat er aber die Erklärung, warum diese Probleme ausschließlich die HHLA und nicht das Eurogate-Terminal in Hamburg betreffen.

Kaum erträglich waren seine Auslassungen über die unfähige HPA, die erst durch eine Klage von Hansaport dazu gezwungen werden konnte, die Liegewannen auszubaggern. Sie lasse sich durch unmögliche Umweltauflagen gängeln. Nur weil bei einer Baggerung und Verklappung vor Neßsand Schlick aufgewirbelt wird und die Fische dann nichts mehr sehen können und somit keinen Nachwuchs zeugen, tun die nichts… Msc_SedimentaWenn er agieren könnte, wie er wollte, wäre Schlick kein Problem. Er würde sich ein großes Schiff kaufen und zusammen mit Niederländern und Belgiern noch 2 – 3. Dann würde er den Schlick einfach aufladen, ganz weit raus in die Nordsee fahren und dort dann alles verklappen. Punkt – Problem gelöst. Kein Wort von Internationalen Abkommen wie OSPAR, der europäischen MSRL oder sonstigen Gedöns – Hau wech den Dreck! Die “MSC Sedimentia”, ein arbeitsloses Panmax-Schiff vom Eurogate-Hauptkunden MSC, soll schon in Traumcharter von Herrn Bonz von Hamburg auf den Weg Richtung Südchinesisches Meer gebracht worden sein.

Immer wieder streute er seine bekannten verbalen Übergriffe gegen die Umweltverbände ein. U.a. echauffierte er sich, dass Hamburg für die Verklappung bei der Tonne E3 2 Euro an Schleswig-Holstein zahlen müsse. Das Geld ginge dann wieder an Umweltverbände und diese könnten munter gegen die Hafenwirtschaft klagen. Und er forderte mal wieder die “Waffengleichheit” von Wirtschaft und Umweltverbänden ein: Steuermittel für Unternehmen, um sich gegen Klagen von Umweltverbänden wehren zu können…

Befremdlich mutete auch das Lob von Herrn Bonz über die ver.di Hafengruppe an. So hätte es seit über 20 Jahren keinen streikbedingten Ausfall auf den Terminals gegeben. Die Gewerkschaft ver.di und die Hafengruppe stehe mit der Hafenwirtschaft zusammen. Sie seien verständnisvoll, zuvorkommend und immer gesprächsbereit. Da könne selbst ein Herr Bsirske als Vorsitzender von ver.di – ein Grüner aus Hannover, der mal Personalrat bei einem Straßenbahnunternehmen war… – nicht gegen an.

Wir können und wollen nicht den gesamten gequirlten Mist wieder geben, den Herr Bonz von sich gegeben hat. Nur eins noch: Auf die Schilderung eines Diskussionsteilnehmers, dass die Anläufe von Großschiffen ab 13.000 TEU in Hamburg an Zahl zugenommen habe, diese aber ihren möglichen Tiefgang bei weitem nicht ausnutzen würden, klärte uns Herr Bonz auf: Es gebe größenabhängige Tiefgangsbeschränkungen, je größer das Schiff, desto weniger Tiefgang ist zulässig. Bei großen Schiffen müsse man bei Kurvenfahrten mit einer Kränkung von bis zu 2 Metern rechnen. Deshalb dürften sie nicht so viel Tiefgang haben, wie kleinere Schiffe…

Danke für diese Aufklärung, Herr Bonz. Wir kennen den Unterschied zwischen Kränkung und Krängung und insbesondere die von der GDWS Außenstelle Nord veröffentlichten Höchsttiefgänge und Zeitfenster. Wir haben noch nie beobachtet, dass ein Containerschiff auf der Elbe mit einer solchen Geschwindigkeit auf der Elbe unterwegs gewesen ist, dass es sich bei einer Kurvenfahrt derart mächtig auf die Seite legt (also krängt), dass 2 Meter Tiefgangszuwachs entstehen. Selbst die von der GDWS Nord benannten, von Länge und Breite abhängigen Höchstiefgänge geben diese “zwei Meter Bonzzuschlag“, weder bei tidenabhängiger noch bei  -unabhängiger Fahrt her.

Der Fragesteller (ein Blankeneser Urgestein) an diesem Abend hatte aber neben den “zwei Metern Bonzzuschlag” weitere erhebliche Ladungsreserven festgestellt und auf die Vielzahl der tideunabhängigen Elbfahrten der Containerriesen insbesondere in diesem Jahr hingewiesen. Die scheint Herr Bonz alle nicht zu kennen, aber trotzdem zu diskutieren? Sehr merkwürdig. Wir haben daher für Herrn Bonz nochmals die Tabellen der GDWS Ast Nord beigefügt. Die besagte Tabelle ist auf Pdf-Seite 54 unter Ziffer 14.2 Elbe ff. zu finden.

Aber das war es nicht, was wir Herrn Bonz zurufen wollten. Wir wollten Ihn an die Worte seines Vorgesetzten Herrn Emanuel Schiffer, Geschäftsführer von Eurogate vom 09.04.2014 erinnern. Herr Schiffer hatte die Gründe des Eurogate-Investments in Wilhelmshaven auch über die anstehende Elbvertiefung abgeleitet, “Voll beladen können solche Frachter, wegen der Beschränkungen beim Tiefgang, Hamburg auch nach der geplanten Vertiefung und Verbreiterung der Elbfahrrinne nicht erreichen, das war bislang schon klar.” Warum hat Herr Bonz das bloß so schnell wieder vergessen? Weil das Auditorium in Blankenese für Herrn Bonz ein Kindergarten war?

Heute lesen wir frisch im Hamburger Abendblatt “Hafenwirtschaft attackiert Behörden massiv” über einen weiteren Auftritt von Herrn Bonz. Gleiche Themen und Inhalte wie in Blankenese bei der dortigen CDU um MdBü Frau Karin Prien. Beim Lesen des Artikels fällt auf, dass die Elbvertiefung nicht mit einem Wort erwähnt wird. Die ganze bei der CDU in Blankenese aufgestellte Argumentationskette fehlt. Warum bloß, fragen wir uns? Sie wissen es, weil Sie heute unsere Internetseite gelesen haben.

Abschließend bedanken wir uns bei der CDU Blankenese für diesen Informationsabend. Wir haben etwas Ähnliches von keiner Partei in Hamburg in den vergangenen Jahren feststellen können. Es ist sehr gut, wenn über den uns allen wichtigen Hamburger Hafen öffentlich diskutiert wird – das gibt es wahrlich nicht oft in Hamburg.  Für Fragen und etwaige andere Meinungen sollte aber deutlich mehr Platz sein. Wie wäre es das nächste Mal mit einem Streitgespräch?

Tiefgangstatistik und Baggerei

KeineElbvertiefungDas Regionale Bündnis gegen die Elbvertiefung (ReBügEl) und die Gesellschaft für Natur- und Umweltschutz (GNU) informierten am 29.09.2015 in einer Pressemitteilung über die aktuelle Tiefgangstatistik der großen Containerschiffe auf der Unterelbe. Wie der Artikel im Stader Tageblatt in seiner Überschrift feststellt war in 2015 genügend “Wasser unter dem Kiel” der Containerschiffe.

Die Statistiker von der Unterelbe beobachten seit einigen Jahren jedes Containerschiff mit mehr als 8.000 TEU beim Befahren der Unterelbe. So werden seit Jahren hochprofessionell taggenau nicht nur die Tiefgänge der Schiffe beim Einlaufen und Auslaufen notiert, sondern u.a. auch die Schiffslängen und -breiten, die Aufenthaltsdauer und Liegeplatz in Hamburg sowie Vor- und Anschlußhäfen. Fachmännische Berechnungen ermitteln über Rumpfform, Maße und Tiefgang die geladenen Container – und damit die Kapazitätsreserven eines jeden Schiffes.

Passend zur neuen Baggersaison, die ja nun gestern vorzeitig in Hamburg eröffnet wurde, legen die Statistiker erstaunliche Auswertungen vor.

  • Die Mehrheit der Containerschiffe über 8.000 TEU befährt auch in diesem Jahr die Elbe tidenunabhängig. Es sind einlaufend 78% und auslaufend 70%.
  • Die durchschnittliche Tiefgangsreserve betrug für Schiffe über 13.000 TEU beim Einlaufen 2,73 m und beim Auslaufen 1,43 m. Nur 2 Promille der Schiffe haben den maximal möglichen Tiefgang, d.h. eine Tiefgangsreserve von 0 Metern, ausgenutzt.
  • Die Ladungsreserven dieser Riesen für eine Fahrt nach Hamburg, d.h. freie Containerplätze, stieg dabei erheblich an und betrug fast 4.000 TEU je Schiff einlaufend und über 2.000 TEU auslaufend.
  • Die Zahl der Schiffsankünfte ist gegenüber dem Vorjahr um 6 % gestiegen und die
    Schiffsgrößen haben um 6,7 % zugenommen haben. Im Jahr 2014 wurde der Hamburger Hafen bis zum 12.9. von 256 Schiffen mit mehr als 13.000 TEU angelaufen; in diesem Jahr waren es bis zum 12.9.2015 bereits 356 Schiffe dieser Größenordnung.

Wenn weniger Ladung auf mehr und breitere Schiffe verteilt wird, liegt die Erklärung für diese Tiefgangsentwicklung plausibel auf der Hand. Nun könnten allergrößte Skeptiker noch anführen, dass die Reedereien mehr Ladung für ihre Schiffe und Hamburg hätten, sich aber wegen der fehlenden Elbvertiefung nicht trauen würden. Dieser Skepsis kann man dann mit einem fast “süffisanten Pfeffersacklächeln” und dem Verweis auf die Frachtratenentwicklung samt eines simplen Hinweis auf die ökonomischen Regeln von Angebot und Nachfrage, dem Marktgleichgewicht, begegnen. Die Ladung gibt es nicht!

Derartige valide Zahlen und Statistiken haben wir bislang weder vom Senat noch der Hafenwirtschaft oder den Reedereien vorgelegt bekommen. Im Gegenteil: hier werden uns Umschlags- und Potenzialprognosen vorgelegt, die bar jeglicher Realitität sind.

Und so schließen wir uns der Meinung des Sprechers des ReBügEl’s, Herrn Walter Rademacher an: „Diese Fakten widerlegen die gebetsmühlenartige Behauptung der Hafenwirtschaft und des Senats, die Elbvertiefung wäre ‚dringend notwendig‘ – tatsächlich fehlt nicht die Tiefe, sondern die Ladung.

Nicht genug – die Absurditäten der Baggerei führen die Kollegen in der Pressemitteilung ebenfalls an. Die Folgen der letzten Elbvertiefung haben dazu geführt, dass jährlich mittlerweile über 18 Mio. m³ Schlick aus der Elbe gebaggert werden –  vor wenigen Jahren ware es noch 4 Mio. m³. Für die Schlickbeseitigung müssen wir Bürger jährlich über 100 Mio. Euro ausgeben. Weniger Ladung, dafür mehr Schlick. Das soll ökonomisch sinnvoll sein? Aber es kommt noch besser:

In der Bürgerschaft wurden heute die Senatsantworten auf eine schriftliche kleine Anfrage zur Verklappung von Hamburger Hafenschlick in der Außenwirtschaftszone AWZ, d.h. außerhalb der Hoheitsgewässer der Bundesrepublik Deutschland veröffentlicht. Beim Lesen der Senatsantwort auf Frage 3 haben wir aufgemerkt: “Die HPA bereitet sich aktuell darauf vor, in der kommenden Umlagersaison circa 7 Millionen Kubikmeter Sediment (Laderaumvolumen) aus der Delegationsstrecke und den Hafenbecken umzulagern.

Das wären 2,5 Mio. m³ mehr auf dem Hamburger Streckenabschnitt als im Jahr 2014, für die wir Hamburgerinnen und Hamburger im letzten Jahr 66 Mio. Euro ausgegeben haben. Bei einer linearen Hochrechnung der 7 Mio. m³ auf das Jahr 2015 würden dann über 100 Mio. Euro Baggerkosten nur für die Hamburgische Delegationsstrecke zwischen Tinsdal und dem Hafen anfallen? Das wäre ein Desaster…

Die Pressemitteilung vom ReBügEl und GNU finden Sie hier!

Morgen wieder Neßsand

Am frühen Mittwochabend berichtet NDR Info darüber, dass die gerichtliche Auseinandersetzung über die nicht ausreichende Tiefe der Hafenbecken zwischen der HHLA-Tochter Hansaport und der HPA durch einen Vergleich beigelegt wurde.

Die HPA hat eine Ausnahmegenehmigung von der Umweltbehörde bekommen und kann ab morgen den Schlick aus den Hafenbecken vor Neßsand verklappen, einen Monat früher, als normal. Begründung: Die derzeitige Wassertemperatur und der Sauerstoffgehalt würden das zulassen. Wir lesen dagegen AlexandervonHumboldtBaggergerade 7 mg Sauerstoff/Liter Wasser und eine Temperatur von um die 15° Celsius ab – letztes Jahr um diese Zeit waren es mit rund 8,5 mg deutlich höhere Sauerstoffkonzentrationen.

Und dann wird uns in der NDR-Meldung wieder vorgegaukelt: “Hansaport muss für die Baggerarbeiten den Betrieb stoppen, zunächst für zwei Tage müssen voll beladene Schiffe in der Nordsee warten. Das wird aber nicht ausreichen, um die höchsten Schlickberge zu beseitigen. Um die größten Hügel wegzubaggern, würde man einen Monat brauchen, sagte ein Vertreter der HPA.” Es wartet genau ein Bulker auf der Außenelbe-Reede in der Nordsee: die Sunshine mit 178 m Länge und 10 m Tiefgang. Was für eine Lüge, die von der HPA und Hansaport öffentlich über den NDR publiziert wird.

Der Baggerplan war bereits in den auf den 25.09.2015 datierenden Senatsantworten auf eine schriftliche kleine Anfrage angedeutet worden.  Die unsinnige Kreislaufbaggerei vor Neßsand soll bereits einen Monat früher, als zwischen Umwelt- und Wirtschaftsbehörde vereinbart, beginnen. Die Alternative, den Schlick aus den Hafenbecken landseitig zu entsorgen, wird aus kurzfristigen Kostengründen von der HPA nicht verfolgt.  Einzig Erfreuliches an der Meldung: Schleswig-Holstein bleibt (noch) hartnäckig beim NEIN zur Verklappung des Schlicks aus den Hafenbecken bei Tonne E3. Wir sind gespannt, wie lange dieser Widerstand noch anhalten wird.

Unterelbemärchen

Vollbeladen bis zur Halskrause fährt der SaugbaggerAlexandervonHumboldt2 „Alexander von Humboldt“ nun täglich den hochgiftigen Hafenschlick aus den von Hamburg verwalteten Bundeswasserstraßen Köhlbrand, Norder- und Süderelbe in die Nordsee und verklappt diesen vor Helgoland bei Tonne E3. Dass dieser hochgiftige Hafenschlick alles andere als gering belastet und damit harmlos ist, haben wir bereits durch den Abgleich der HPA-Schlickanalysen mit den gültigen Verklappungsregeln dargestellt. Derartig hohe Schadstoffwerte scheinen unter Politikern, leider auch den Grünen, mittlerweile derart normal zu sein, so dass man meinen könnte, diese würden ihrem morgendlichen Frühstücksmüsli regelmäßig einen kontaminierten Esslöffel Hafenschlick aus der Süderelbe beimischen.

Mit diesem Frühstückseindruck entwickelt sich in Hamburg mittlerweile eine absurde Gespensterdiskussion, die giftiger und zielgerichteter kaum sein kann. Wir lesen in Salamischeiben:

  • Auf der HPA-Bilanzpressekonferenz wird bekannt gegeben, dass die Baggerkosten in 2014 allein nur für Hamburg auf über 66 Mio. Euro angestiegen sind. Für 2015 sei keine Entspannung zu erwarten – Schuld habe der geringe Abfluss aus der Mittel- und Oberelbe.
  • Die „Queen Mary“ darf bei den „Cruise Days“ iQueenMary2m September 2015 aufgrund ihres großen Tiefgangs und der Verschlickung nicht mehr in der Hafen-City festmachen, sondern muss zum CC3-Terminal nach Steinwerder ausweichen.
  • Das Hamburger Hansaport-Terminal, eine Tochtergesellschaft der städtischen HHLA hat vor dem Oberlandesgericht gegen die HPA in Sachen Mindertiefen in den Liegewannen des Terminals eine einstweilige Verfügung erwirkt. Der Text der Verfügung wird nicht veröffentlicht und bleibt damit in seinen Auswirkungen mehr als nebulös.

Parallel wird ein unfundierter Hilferuf posaunt: „Der Hamburger Hafen ist in Gefahr“. Ein ehemaliger Bürgerschaftsabgeordneter schlägt Alarm „Senat muss die Verklappung von Hafenschlick zwischen Neßsand und Blankenese stoppen“.

Was ist von diesen diffus anmutenden Meldungen zu halten? In jedem Falle, dass diese alle zusammenhängen. Seit Jahren werden wir mit einem Gemisch aus zu wenig Wasser aus der Oberelbe und noch nicht ausgeschöpften Verklappungsmengen vor Helgoland beruhigt, aber…

  • Mittel- und Oberelbe haben in den Sommermonaten der letzten hundert Jahre periodisch immer wenig Wasser geführt. Ausnahmen, die wir uns ALLE NICHT wünschen, waren die katastrophalen Jahrhundertfluten, die in kurzen Zeitabständen zu immensen Zerstörungen geführt haben. Komplexe Darstellungen von Meßergebnissen sind bei Undine zu finden – sicherlich aber nicht die Aussage, dass das „arme Hamburg“ von geringem Wasserabfluss in den letzten Jahren besonders hart getroffen wurde. Es ist nachlesbarer Unsinn, wenn die HPA etwas Derartiges in ihrer Bilanzpressekonferenz verbreitet.
  • Seit 2005 besteht das mit Schleswig-Holstein getroffene Übereinkommen, dass die Hamburg übertragene Tiefenhaltung der Bundeswasserstraße Elbe (die Delegationsstrecke) durch Schlickverklappung bei Helgoland erfolgen darf. Mittlerweile wurden seit 2005 über 8,5 Mio. m³ giftiger Hafenschlick bei der helgoländischen Tonne E3 verklappt. Ein Ende ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: das aus der E3-Verklappung abgeleitete Dialogforum Tideelbe ist zum Ergebnis gekommen, dass es kein Ergebnis gibt. Wie so etwas geht, können Sie im Abschlussbericht des Dialogforums lesen.

Müssen nun auch noch die Hafenbecken versanden, so dass die Queen Mary für die „Cruise Days“ umziehen und der Hansaport eine gerichtliche einstweilige Verfügung erwirken muss?

Der oppositionelle Bürgerschaftsabgeordnete hat mit seinen Feststellungen zur unsinnigen Kreislaufbaggerei vor Neßsand mit großer Sicherheit recht. Aber schlägt er keine Alternativen vor, die Hamburg für eine Schlickbeseitigung zur Verfügung stehen.

Die Verklappung bei Tonne E3 vor Helgoland ist keine Alternative – es wurde schon mehrfach, z.B zu DDR-Zeiten im Saale-Elster-Flussgebiet, zu sorglos mit dem Thema Umweltgifte umgegangen. Hamburg kann aus diesem Unrecht nicht für sich das Recht ableiten, sich wie die DDR zu verhalten und das Thema schwere Umweltgifte, ergänzt um seine eigenen hausgemachten Gifte, nun Helgoland und uns in der Nordsee auf den Hof zu kippen.

Das Thema Giftschlick ist in Hamburg alles andere als neu. Hamburg hat vor und seit der Wiedervereinigung sehr viel Zeit gehabt, sich des Umgangs mit dem Giftschlick im Hamburger Hafen zu widmen. Alle Zeit seit 1981 (unserer nachfolgenden ersten Quelle) und der Wiedervereinigung wurden verkleckert. Durch alle Senate wurde nichts, aber auch wirklich gar nichts bewegt. Es scheint in Sachen Schlickbehandlung und –prävention seit 1981 – das ist über 30 Jahre her – keinen innovativen Fortschritt gegeben zu haben. Wer es nicht glaubt, der kann im Folgenden einige parlamentarische Dokumente lesen und abschätzen, was sich seitdem über die vielen Jahre getan hat:

  • Drucksache 9/3173, Senatsmitteilung „Unterbringung, Behandlung oder anderweitige Verwertung des bei Unterhaltungsbaggerungen im Hamburger Hafen angefallenen Mischbodens“ vom 24.02.1981
  • Drucksache 11/839, Senatsmitteilung „Sicherung der Unterhaltungsbaggerungen im Hamburger Hafen sowie der Baggerungen in Alster, Bille und Nebengewässern“ vom 14.06.1983
  • Drucksache 11/6825, Senatsmitteilung „Unterbringung des Baggergutes aus dem Hafen, Errichtung von Spülfeldern auf dem Moorburger Ellerholz, Öffnung der Alten Süderelbe“ vom 09.09.1986
  • Drucksache 13/6369, Senatsmitteilung „Unterbringung von Baggergut und Trockenaufhöhungen – das METHA-Projekt“ vom 10.07.1990
  • Drucksache 15/6738, Schriftliche kleine Anfrage „Spülfelder in Hamburg“ vom 07.01.1997.
  • Drucksache 16/950, Schriftliche kleine Anfrage „Herstellung von Schlick-Ziegeln“ vom 09.06.1998.
  • Drucksache 16/1405, Schrifliche kleine Anfrage „Noch immer keine Lösung für den Hafenschlick – obwohl die Koalitionsvereinbarung das für Juni 1998 zusagte“ vom 22.09.1998
  • Drucksache 16/3080, Senatsmitteilung Sicherung der Unterbringung des Baggergut aus Hafen und Elbe“ vom 28.09.1999

Seit dieser letzten Senatsmitteilung aus 1999 hat sich zum Thema Baggergut und Verschlickung beim Senat der Freien- und Hansestadt Hamburg nichts mehr getan, außer, dass die achte Elbvertiefung im gleichen Jahr zum Abschluss gebracht wurde und die aktuelle, vor Gericht strittige neunte Elbvertiefung in 2002 beim Bundesverkehrsminister beantragt wurde. Wir verweisen darauf, dass die von uns angeführten Drucksachen bei Weitem nicht vollständig sind. Unser Fundus umfasst noch eine Vielzahl von weiteren Senatsmitteilungen, Ausschussberatungen und parlamentarischen Anfragen.

HamburgMuseum
Graphik im Hamburg Museum

Fazit: Dass Sauerstoffloch ist parallel zu den angeführten Dokumenten immer wieder aufgetreten. Millionen von damals Deutsche Mark und heute Euro sind in die Vertiefung und Tiefenhaltung der Elbe versenkt worden. Hunderte  von Schiffe unter deutscher Flagge sind in der gleichen Zeit ausgeflaggt worden, Tausende von Arbeitnehmern haben auf den Schiffen und mit der Containerisierung ihre Arbeitsplätze verloren. Mehrere Häfen an der Unterelbe sind wegen Verschlickung geschlossen worden: der letzte Hafen war der von Friedrichskoog. Unzählige Fischer, Binsenbauern und Obst- und Viehbauern mussten aufgrund der Veränderung des Flusses ihre Berufe aufgeben. Ihnen fallen sicher noch weitere Änderungen entlang der immer wieder vertieften Elbe ein.

All die Jahre scheinen von der Politik, quer durch alle Farben, nicht wahrgenommen worden zu sein, dass der massive Eingriff durch Vertiefungen und Baggerungen an unserem Heimatfluss irgendetwas damit zu tun haben könnte. Wir haben Milliarden an Steuergeld für Vertiefung und Baggerung ausgegeben, ohne zu wissen bzw. wissen zu wollen, was wir damit anrichten.

Mit diesem Erinnern an über dreißig Jahre politisch erfolglosem Handeln, angesichts von „Queen Mary“, der Unterlassungsklage von Hansaport und mit dem anstehenden Gerichtsentscheid in Leipzig im Kopf, sollte bei allen Politikern in Hamburg, aber auch bei den Nachbarn in Schleswig-Holstein, Bremen und Niedersachsen ein Nachdenken einsetzen. Nur gemeinsam kann für alle vorgenannten Probleme von diesen norddeutschen Politikern eine Lösung erwirkt werden. Nehmen Sie sich doch einmal ein Herz und denken Sie gemeinsam nach…

…die „erinnernden“ Menschen im Land glauben Ihnen die Lösung Helgoland, Tonne E3 nicht. Sie glauben an einfachere Dinge wie eine norddeutsche Hafenkooperation!

Seehund2Wenn Sie es in über dreißig Jahre mit Milliarden von Euros nicht hinbekommen haben, Alternativen für die Vertiefungsfolgen und Schlickbehandlung zu entwickeln, wie sollen wir Ihnen dann glauben, dass hochgiftiger Schlick, den Sie aktuell wieder verklappen lassen, und deren Folgewirkungen Sie mal gerade acht Jahre mit grenzwertigen Ergebnissen gemonitort haben, für folgende Generationen völlig harmlos sein soll? Zumal, wenn Sie den Menschen die letzten zwei Jahre des Monitorings für 2013 und 2014 entgegen aller Vereinbarungen verschweigen…

Entscheidung am 01.07.2015

Laut einer Meldung des Abendblattes soll die Entscheidung des Gerichtshofes der AlexandervonHumboldtBaggerEuropäischen Union zur Klage des BUND gegen die Weservertiefung am 01.07.2015 verkündet werden. Allerdings zeigt sich mal wieder, wie ungenau im Abendblatt gearbeitet wird, die Überschrift lautet nämlich “Vorentscheidung zur Elbvertiefung fällt Anfang Juli – Wie das Abendblatt erfuhr, wird der Europäische Gerichtshof bereits am 1. Juli sein Urteil zur Elbvertiefung verkünden.” Selbstverständlich wird nicht über die Elbvertiefung, sondern über die Weservertiefung entschieden. Daraus können sich eventuell Rückschlüsse für das ausgesetzte Verfahren zur Elbvertiefung geben, aber mehr auch nicht!

Im Gerichtskalender ist zum Aktenzeichen C-461/13 der Termin mittlerweile auch eingestellt und somit bestätigt. Nach der Urteilsverkündigung des EuGH wird sich das Bundesverwaltungsgericht zunächst erneut mit der Weservertiefung befassen, um im Anschluss das Verfahren zur Elbvertiefung fortzuführen. Zeitangaben über das Vorliegen eines Urteils zu Elbvertiefung sind weiterhin reine Spekulation.

Keine Spekulation ist dagegen der Bericht der Elmshorner Nachrichten. Mit dem Titel: “Verschlickung der Krückau – Sielverbände schlagen Alarm” werden die Probleme an diesem nahe Kollmar in die Unterelbe mündenden Nebenflusses dargestellt. Wie wir lesen können, betrifft aber die Verschlickung nicht nur die dortigen Sielverbände in ihrer Verantwortung für die Krückauanwohner und den Elmshorner Bürgermeister, Herrn Volker Hatje, für seine Stadt, sondern auch die Elbsegler.

„Wir brauchen Zahlen, Daten, Fakten“, sagt Hatje. Der Blick in die Zukunft stimmt ihn nicht eben optimistisch: Mit der geplanten Elbvertiefung sagen verschiedene Gutachter deren Nebenflüssen eine Zunahme der Verschlickung voraus.” Das können wir mehr als bestätigen und verweisen auf den Erfahrungsbericht des Elbseglers, Herr Olaf Specht zu der Verschlickung kleiner Häfen an der Unterelbe.

Vielleicht wäre es an der Zeit, dass der Kreis Pinneberg sich mit dem Thema Elbvertiefung kurz vor Gerichtsentscheidung auch beschäftigt. Als betroffener Landkreis hatte dieser in 2010 nicht einmal eine Stellungnahme (ganz unten) abgegeben.

Sietas – Este – Schlick

Gleich zwei Mal bejubelte das Hamburger Abendblatt am 10.12.2014 die Sietas Werft in Neuenfelde, heute Pella Sietas Werft.PellaSietas1

In einem Artikel, aus der Rubrik Hafen und Schifffahrt, wird die überholte Hadag-Hafenfähre, die zukünftig Passagiere zum neuen Musical „Das Wunder von Bern“ bringen soll, als Aufhänger für den Bericht genommen. Der zweite Artikel in der Rubrik “Harburg” berichtet über die Veranstaltung des Arbeitskreises Cranz am 08.12.2014, bei der  Fridtjof Rohde, Wirtschaftschef der neuen Pella-Sietas-GmbH, die Aussichten der Traditionswerft erläutert. Beide Artikel berichten über die Geschichte der Werft, über Menschen, die dort gearbeitet haben und jetzt erneut dabei sind, und über die Pläne von Pella Sietas. Hier sollen zukünftig Spezialschiffe gebaut werden, die in der Arktis eingesetzt werden können: Hochseeschlepper, Eisbrecher, Versorger…

Worüber wir im Abendblatt allerdings gar nichts lesen, ist das wesentliche Problem, welches die Arbeit auf der Sietas Werft bedroht: “Das Problem ist jedoch die Verschlickung der Außen- und der Binneneste, sowie der Hafenbecken… (Fridtjof Rohde)  berichtete, dass die Docks auf der Werft gar nicht in Betrieb genommen werden können, weil die Binneneste PellaSietas2und die Hafenbecken verschlickt sind. Es haben sich inzwischen rund 300 000 qm Schlick unmittelbar vor der Werft abgelagert. Um Schiffe bauen und ausliefern zu können, wollte man mit den Wasserinjektionsverfahren die Zufahrt freispülen. Das wurde jedoch von Hamburg Port Authority (HPA) untersagt, weil die Befürchtung besteht, dass das 2011 bereits durch Sedimentablagerungen havarierte Estesperrwerk erneut Schaden nehmen könnte.” lesen wir in einer Pressemitteilung von Bündnis 90/Die Grünen, Kreisverband Harburg. Das Thema Schiffbarkeit der Este habe einen großen Raum im Gespräch mit Herrn Rohde eingenommen und er habe ehrlich geantwortet.

Este1
Schlick in der Este-Mündung? Wo denn?

Die Verschlickung der Binnen- und Außeneste ist im Dezember 2011 zum öffentlich bekannten Thema geworden, weil eines der inneren Tore beim Schließen angehoben und schwer beschädigt wurde. Zunächst war die Ursache unklar. Dann stellte sich heraus, dass sich eine sogenannte Schlicklinse gebildet und diese das Tor beim Schließen ausgehebelt hatte. Mit einem enormen zeitlichen und finanziellen Aufwand wurden die Tore des Este Sperrwerks ab 2012 ausgewechselt. In den Folgejahren wurden bis Frühjahr 2014 verschiedene weitere Maßnahmen von der HPA umgesetzt, um das Sperrwerk dauerhafter zu sichern. U.a. wurde ein spezielle Spülanlage eingebaut, die die Wassertiefe um die Sperrwerkstore ausreichend tief hält, damit nicht wieder eine Havarie durch Verschlickung droht.

Ebenso ist bekannt, dass es immer wieder Probleme mit dem Fährverkehr Blankenese-Cranz gibt, weil wegen zu geringer Wassertiefe Cranz und teilweise auch Neuenfelde von der Fähre nicht erreicht werden können.

Mehrere Schriftliche Kleine Anfragen versuchten dem Thema Verschlickung und Sicherstellung des Fährverkehrs auf den Grund zu gehen. Die Antworten sind teilweise abenteuerlich.

Am 09.07.2012 nimmt eine schriftliche kleine Anfrage mit der Überschrift „Sediment-Saga an der Estemündung und kein Ende“ Bezug auf das Nichtschließen der Fluttore des Sperrwerks am 25.06.2012. Diverse Fragen werden zur Verschlickung gestellt. Dabei werden zunächst in der Einleitung der Fragestellung sehr ausführlich die Veränderungen in der Elbe in Zusammenhang mit bisherigen Elbvertiefungen und der Airbus-Erweiterung beschrieben. Wir erfahren im Weiteren:

  • Das mittlere Thw ist innerhalb von 10 Jahren um 5 cm angestiegen, das mittlere Tnw um 3 cm gefallen. Das entspricht einer Tidenhubveränderung von 8 cm innerhalb von 10 Jahren.
  • Die mittlere Flutdauer hat sich innerhalb dieser 10 Jahre um 3 Minuten verkürzt (2001=05:11 Stunden), entsprechend die Ebbedauer um 3 Minuten verlängert (2011=07:14 Stunden).
  • Des weiteren gibt es eine Tabelle mit den Baggermengen in der Außeneste im Zeitraum Januar 2000 bis Januar 2009

In Ergänzung zu dieser kleinen Anfrage wird am 27.07.2012 eine weitere schriftliche kleine Anfrage gestellt, die sich im Schwerpunkt mit der Schiffbarkeit (Fährbetrieb) der Außeneste befasst. Hier erfahren wir unter anderem:

  • Die Solltiefe der Fahrrinne liegt bei Kartennull -2,50 Meter und die Sollbreite bei ca. 50 Meter. Beides ist im Sommer nicht gegeben. „Um die Solltiefe herzustellen, müssten circa 170.000 m3 Sedimente entnommen werden.“

Im Dezember 2012 befasst sich eine weitere Schriftliche Kleine Anfrage mit dem Thema „Este-Sperrwerk“ und fragt nach Maßnahmen und Kosten der Instandsetzung des Sperrwerks sowie zur Sedimentation im Bereich. Aus den Antworten geht hervor:

  • Die Instandsetzungskosten für das Sperrwerk belaufen auf 4,6 Mio. Euro.
  • Es gibt angeblich keine Hinweise auf eine außergewöhnliche Sedimentation im Bereich der Außeneste und des Sperrwerks.
  • Es gibt angeblich keinen Zusammenhang zwischen der Insolvenz der Sietas Werft und der geringen Baggerei im Bereich der Binnen- und Außeneste.
  • Die Frage, ob es eine vertragliche Regelung gibt, die der HPA die Verantwortung für die Wassertiefenhaltung im Bereich der Sietas Werft und der Außeneste überträgt, wird lediglich mit einem Verweis auf die Drucksache 10/430 aus 1982 beantwortet.
Schlick vor Pella Sietas? Wo denn?
Schlick vor Pella Sietas? Wo denn?

Die Drucksache 10/430 wird in einem Artikel im Hamburger Abendblatt  vom 01.12.2012, erläutert: „Zunächst wäre da die Drucksache 10/430 aus dem Jahr 1982. In ihr ist festgelegt, dass HPA im Auftrag der Hamburger Wirtschaftsbehörde die Außeneste ausbaggert. “Die Stadt Hamburg hat vertraglich mit dem Bund vereinbart, dass sie im Bereich der Außeneste und vor der Werft die für Sietas notwendigen Wassertiefen erhält”, sagt Norbert Prick von der Öffentlichkeitsabteilung der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU), die die oberste Wasserbehörde in Hamburg ist. Eigentlich ist nämlich der Bund über das Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) Hamburg für die Este und Außeneste inklusive Kleinschifffahrt und Fährbetrieb verantwortlich.“ Ausnahme ist das Sperrwerk, dafür ist die HPA auf jeden Fall zuständig. Und wir ergänzen die Drucksache 9/3649, in der die Senats-Überlegungen zu Sietas mit dem angkündigten Vertrag mit der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes dargelegt sind.

In diesem Juni 2014 wird erneut über eine Schriftlicher Kleiner Anfrage nach der Einschränkung des Fährverkehrs nach Cranz bzw. Neuenfelde vor dem Sperrwerk wegen der fehlenden Wassertiefe gefragt. Laut der Senats-Antworten gibt es keine Probleme.

  • „Die HADAG hat bislang keine Fahrten wegen ungenügender Wassertiefe in der Außeneste eingestellt. Bei Niedrigwasser verkehrt die Fähre verlässlich zwischen Blankenese und Finkenwerder, von wo mit der Stadtbuslinie 150 eine Weiterfahrt nach Neuenfelde und Cranz möglich ist. Eine Einstellung des Liniendienstes ist bislang nur aus anderen besonderen Gründen in ganz wenigen Fällen erfolgt (zum Beispiel im Jahr 2013 während des Sturmtiefs Xaver).“
  • Im Übrigen wird der zusätzliche Fahrtweg, der sich bei einer Störung der Erreichbarkeit von Cranz bzw. Neuenfelde ergibt, verharmlost und als zumutbar dargestellt.
  • Wir erfahren auch, dass im Zeitraum November 2013 bis Januar 2014 durch die HPA Wassertiefenhaltungsmaßnahmen im Bereich der Außeneste und des Sperrwerks durchgeführt wurden. Das Wasser- und Schifffahrtsamt Bund hingegen hat über längere Zeit keine Maßnahmen in der Binneneste vorgenommen.

Wir fassen zusammen: Das Thema Verschlickung der Este und des Hafenbereichs der Pella Sietas Werft werden von den zuständigen Hamburger und Bundesbehörden nicht ernst genommen. Den Bewohnern von Cranz sind Umwege für den Arbeitsweg aufgrund der Verschlickung ohne weiteres zumutbar. Ob die Pella Sietas Werft tatsächlich die Arbeit aufnehmen und Spezialschiffe bauen kann, scheint dem Senat völlig egal zu sein, auch wenn dadurch Arbeitsplätze geschaffen würden. Und welche Bedeutung die Este-Verschlickung für den Hochwasserschutz der Bewohnerinnen und Bewohner von Cranz hat, haben wir hier gar nicht betrachtet.

Der jetzige Senat scheint Neuenfelde und Cranz weiterhin nicht als Stadtteile Hamburg wahrgenommen zu haben, obwohl diese das bereits seit 1937 sind. Was muss den passieren, dass diese Nachricht aus 1937 auch im Hamburger Rathaus ankommt?