Letztes Jahr konnte Hamburg für das Jahr 2015 einen neuen Baggerrekord für die Tiefenhaltung von Elbe und Hafen vermelden: über 10 Mio. m³ Sedimente wurden allein nur aus dem kleinen Teil der Hamburger Elbe (Delegationsstrecke) rausgeholt.
Wer geglaubt hätte, dass dieser Spitzenwert nicht mehr zu toppen sei, muss enttäuscht werden. Es geht noch mehr, sogar noch deutlich mehr! Beim Lesen der Senatsantworten auf eine Schriftliche Kleine Anfrage zu den Baggermengen wird uns ganz plümerant: der Rekordwert von 10 Mio. m³ aus 2015 wurde in 2016 locker um über 15% übersprungen.
Die Gesamtmenge von mindestens 11,5 Mio. m³ Sediment kann dabei nicht seriös benannt werden: der Senat führt die fragenden Abgeordneten und die interessierten Bürger wieder mittels Fußnoten an der Nase rum. In den mit Sternchen markierten Anmerkungen wird darauf aufmerksam gemacht, dass die Volumensangaben Profilmaß einerseits und Laderaumvolumen andererseits nicht vergleichbar sind. Statt einen Umrechnungsfaktor zur Normierung der verwendeten Einheiten anzuführen, säuselt unser Senat etwas von Interesse der Vergleichbarkeit mit älteren Daten. Das ist schon frech.
Zurück zu den Zahlen. Hamburg hat das neue E3-Verklappungsabkommen mit Schleswig-Holstein vom April 2016 reichlich genutzt. Ganze 3,69 Mio. m³ von dem bis zum Jahr 2021 genehmigten Gesamtvolumen von 10 Mio. m³ wurden vor Helgoland verklappt. In einem Jahr wurde also bereits deutlich über ein Drittel des auf sechs Jahre angelegten Volumens ausgeschöpft. Es wird in diesem Tempo weitergehen. Das legt jedenfalls die Senatsantwort auf Frage 5 zu den Planmengen für das Jahr 2017 nahe: diese werden mit 1,5 Mio. Tonnen Trockensubstanz, d.h. 3 Mio. m³ Laderaumvolumen beziffert. Und so ahnen Sie es auch schon: im Jahr 2018 werden die 10 Mio. m³ verbraucht sein und Hamburg wird erneut mit Schleswig-Holstein über eine weitere Ausweitung des Verklappungsvolumens verhandeln müssen. Und in dieser Betrachtung sind noch nicht einmal die Folgen aus der Elbvertiefung für das Hamburger Gebiet (Begegnungsstrecke oberhalb der Lühekurve) enthalten: die entsprechenden Planungsunterlagen gehen auf Seite II ff. (Pdf-Seite 5 ff) von einer Baggermengensteigerung von 50% aus.
Das alles soll nachhaltig, alternativlos und ungefährlich sein? So ist es den Begründungen des von dem grünen Umweltminister Schleswig-Holsteins Herrn Dr. Robert Habeck ausgestellten wasserrechtlichen und naturschutzrechtlichen Genehmigungen für die Sedimente aus den Hamburger “Landeshafengewässer” bzw. der Einvernehmenserklärung nach dem Bundeswasserstraßengesetz zu entnehmen. “Strenge Auflagen sollen sicherstellen, dass die Umweltanforderungen erfüllt werden” ließ der grüne Umweltminister von Schleswig-Holstein in der Pressemitteilung seines Hauses zum Fortgang der E3-Verklappung im April 2016 verlauten.
Wir finden in den o.a. zwei Genehmigungen samt Einvernehmenserklärung keine strengeren Auflagen gegenüber den vorhergehenden Erklärungen von Schleswig-Holstein aus den Jahren 2008, 2009 und 2013. Im Gegenteil:
- Es wird keine Veröffentlichung der jährlichen Monitoringberichte mehr geben. Die Passagen hierzu aus den vorherigen Abkommen sind ersatzlos entfallen. Auch eine parlamentarische Kontrollmöglichkeit durch einen Jahresbericht ist nicht vorgesehen. Das erklärt, warum die eigentlich öffentlichen Monitoringberichte für 2014 und 2015 weiterhin ausstehen.
- Die Installation einer Nachfolgeorganisation für das Dialogforum Tideelbe durch Hamburg wird in den neuen Genehmigungen bzw. Einvernehmen erwartet, ist aber seit über einem Jahr sanktionslos überfällig. Hamburg scheint über eine sogenannte “Ästuarpartnerschaft” schallend zu lachen!
- Das noch in 2013 geforderte Hamburger Gesamtkonzept Sedimentmanagement wurde noch nicht mal in Ansätzen erarbeitet. Neue Berichte soll es für die Nachfolger des Dialogforums geben – da es das aber nicht gibt…
Stattdessen werden Überschreitungen des oberen Richtwertes aus der GÜBAK, den in Deutschland maßgeblichen Baggerbestimmungen, in den “Entscheidungsgründen”zum Einvernehmen eingeräumt.
- “Der Bewertung der Schadstoffbelastunqen der Baggerbereiche aus der Stromelbe liegen laut Antragsunterlage … die mittleren Schadstoffkonzentrationen aus den Jahren 2005-2009 und 2014/15 zugrunde. Danach sind die Schadstoffkonzentrationen der Baggerbereiche der Stromelbe insbesondere bei einigen organischen Schadstoffen erhöht und liegen hier z. T. deutlich über den oberen Richtwerten der GÜBAK. Das Sediment ist damit – wie auch die Sedimente aus den Landeshafengewässern – in Fall 3 der GÜBAK einzuordnen. Die Süderelbe weist dabei z. T. mehr als 50 % höhere Konzentrationen vieler Schadstoffe, insbesondere der chlororganischen Verbindungen, sowie höhere Feinkornanteile auf als die Sedimente der übrigen Baggerbereiche der Stromelbe … .“
- “Die Nährstoffgehalte des Baggerguts aus den Teilbereichen der Stromelbe überschreiten den Richtwert der GÜBAK um das Zwei- bis Dreifache, wobei auch hier die Sedimente aus der Süderelbe die höchsten Überschreitungen aufweisen … .“
Wir registrieren, dass die Überschreitung des Oberen Richtwertes der GÜBAK bei Schadstoffen eigentlich “schietegal” ist – es wird trotzdem verklappt. Aus der Feder von Herrn Habeck lesen wir in den Entscheidungsgründen als Schlusssatz: “Unter Abwägung aller zu berücksichtigenden Interessen wird daher dem Antrag mit den in diesem Einvernehmen aufgenommenen Maßgaben stattgegeben; Weitere, unter dem Gesichtspunkt des wasserrechtlichen Bewirtschaftungsermessens zu berücksichtigende Aspekte stehen dem Einvernehmen ebenfalls nicht entgegen.” Bei den Grünen nennt man das wohl eine couragierte, realistische Entscheidung…