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Grüner Schwefel

SchornsteinSeit dem 01.01.2010 soll die EU-Schwefelrichtlinie sicherstellen, das Schiffe an ihren Liegeplätzen in EU-Häfen, also auch in Hamburg, nur noch noch Treibstoffe mit einem Schwefelgehalt von 0,1% verbrennen dürfen. Ergänzt wurde diese für Liegezeiten in Häfen geltenden Regelungen um die ECA-Abgasregelungen vom 01.01.2015.

Einmal im Jahr muss auch Hamburg gemäß der o.a. EU-Schwefelrichtlinie über die Bundesregierung an die EU-Kommission einen Bericht über die durchgeführten Kontrollen im Hamburger Hafen abgeben. Die Berichte der Jahre 2012, 2013 und 2014 haben sich bislang dadurch ausgezeichnet, dass bei nicht einmal 5 % der den Hamburger Hafen angelaufenen Schiffe Kontrollen durchgeführt wurden. Diese wenigen Kontrollen wiesen dabei regelmäßig gute Erfolgsquoten aus. Bei Verstößen gegen die Schwefelgesetzgebung wurden den ertappten “Drecksschweinen” allerdings mit Ordnungswidrigkeiten lediglich ganz klitzekleine “Strafen” von nicht einmal durchschnittlich 2.000 Euro auferlegt. Diese erzeugen bei den Reedern in der Regel schmunzeln – insbesondere wenn diese locker einen fünfstelligen Eurobetrag an Bunkerkosten gespart hatten.

Nun haben wir seit Frühjahr 2014 einen “grünen” Umweltsenator im Amt, der jetzt für diese o.a. Schwefelkontrollen und den Bericht an die EU zuständig ist. Ob er wohl nach zweieinhalb Jahren Amtszeit, die er bislang ohne einen gültigen Luftreinhalteplan absolviert hat, dann aber wenigstens bei den Schwefelkontrollen etwas bewegt hat?

Nein, natürlich nicht. In seinem ersten Bericht für das Jahr 2015 ist die Kontrolldichte unverändert: sie liegt bei 4,4%. Auch die verhängten Bußgelder aus den eingeleiteten Ordnungswidrigkeitenverfahren (Owi) sind mit durchschnittlich 1.515 Euro weiterhin unterirdisch. Es hat sich in Hamburg im Vergleich zu den deutlich rabiater auftretenden dänischen Umweltbehörden nichts geändert.

So mutet es ganz putzig an, dass unsere Umweltbehörde die vielgeschmähte EU ganz hilflos tuend um Unterstützung bittet. Wir lesen in dem Bericht: “Im Übrigen bitte ich Sie um eine Rückmeldung, aus der sowohl ein Vergleich der Kontrolltätigkeiten als auch der erhobenen Bußgelder der einzelnen Bundesländer und der europäischen Nachbarländer hervorgeht. Hamburg ist bemüht, die gesetzlichen Anforderungen durchzusetzen, hält jedoch ein vergleichbares Vorgehen europäischer Hafenstädte für notwendig, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.

Das ist wahrlich couragierte und engagiert grüne Politik. Statt selber grüne Maßstäbe in Europa zu setzen, fragt man lieber beim ungeliebten Oberlehrer nach. Dabei könnte unsere grüne Umweltbehörde ganz leicht selber das Heft des Handelns in die Hand nehmen und einfach nur die gesetzlichen Möglichkeiten ausnutzen. Nach § 6 Abs. 3. des Gesetzes über die Verwendung von schwefelhaltigen Schiffskraftstoffen können Bußgelder von bis zu 50.000 Euro verhängt werden.

Die Antwort der EU-Kommission werden wir wohl nie erfahren. Die Antwort der EU-Kommission müsste sich für Hamburg, der der drittgrößte EU-Nordrange-Hafen ist und damit Maßstäbe in Europa setzt, gewaschen haben. So eine Frage könnte der Hafenmeister von z.B. Otterndorf stellen dürfen – macht der aber nicht, der ist deutlich schlauer.

Schwa(e)fel vom HWWI

Viele Pressemitteilung und Studien sind einfach nur ärgerlich: Schornstein1ihre Analysen gehen an den Bedürfnissen der Menschen völlig vorbei. Ein gutes Beispiel hierfür ist eine Pressemitteilung der HSH-Nordbank zu einer Studie des HWWI, die im Auftrag der HSH-Nordbank zum Thema “Neue Schwefelemissionsregulierungen in Emission Control Areas” aktuell am 23. April 2015 vorgelegt wurde.

In der zugehörigen Pressemitteilung lesen wir, dass es nur um die Treibstoff-Preisentwicklungen in der Schifffahrt geht. Mit erhobenen Zeigefinger wird auf etwaige Knappheiten bei der Versorgung mit schwefelarmen Kraftstoffen hingewiesen, die zu Preissteigerungen von bis zu 20% führen könnten. “Die Raffinerien könnten kurz- bis mittelfristig kaum auf das veränderte Nachfrageverhalten reagieren.” Das wird sogleich von der Verkehrsrundschau als Problem aufgenommen und unreflektiert publiziert.

Zuerst zu den “armen” Raffinerien: es kam ja wirklich mit dem Umstellungszwang auf schwefelarme Kraftstoffe überraschend. Noch überraschender, als wenn man merkt, dass morgen Weihnachten ist und da noch irgendetwas mit Geschenken war. Bei Weihnachten hat man genau ein Jahr Vorlaufzeit, um sich etwas einfallen zu lassen. Beim schwefelarmen Kraftstoff hatte die Mineralölwirtschaft dagegen nur acht Jahre. Ja, das ist für eine Industrie, die auf dem europäischen Markt binnen weniger Monate den ungeliebten Autokraftstoff E10 flächendeckend bereitstellen konnte, doch deutlich zu kurz.

20% Preissteigerung für die Schifffahrt? Was ist dieser Wert gegen mehrere zehntausende Menschen, die in Europa jährlich vorzeitig durch die giftigen Abgase der Schifffahrt sterben. Nicht ein Wort ist in der Pressemitteilung oder der Studie zu diesem Thema zu finden, obwohl dieses Thema in der EU und Wirtschaft wohl bekannt ist!

So will man, von den HWWI-/HSH-Autoren in den Irrsinn argumentiert, fast zurufen: die schwefel- und feinstaubärmeren Abgase von Lastwagen sind für uns Menschen “gesünder“, als die Abgase von räuchernden Seeschiffen. Kein Abgas kann gesund sein!

Es ist auch falsch, “dass die Emissionen vor allem auf See anfallen und deswegen direkte Auswirkungen auf die Bevölkerung und Umwelt vergleichsweise kaum wahrgenommen werden.” Die weltweiten aber auch deutschen Untersuchungen zu den Abgasfahnen der Schiffe sind umfassend und öffentlich publiziert – die Menschen wissen und “riechen” es. Nur die deutschen Politiker fegen die Ergebnisse unter den Teppich.

Müssen auch das führende deutsche Wirtschaftsforschungsinstitut samt größtem deutschen Schiffsfinanzierer am Staatstropf die Unterseite dieses Teppichs bemühen? Nein, ihre Aufgabe wäre es endlich mal wirtschaftlich zu argumentieren: die Wirtschaft dient ausschließlich dem Menschen.

Die beiden schreiben aber so, als ob die Menschen für die Wirtschaft da seien.

Ausge”Hummel”t?

Dass der “Green Port” Hamburg mehr oder weniger eine hohle Phrase ist, scheint jetzt auch bei immer mehr Bürgerschaftsmitgliedern anzukommen. Wir berichteten u.a. im Beitrag “Dicke Luft im Greenport” und in Zusammenhang mit dem sogenannten Schwefelgesetz immer wieder über die Luftbelastungen durch Kreuzfahrtschiffe im Stadtzentrum.

Auch wenn im Koalitionsvertrag an mehreren Stellen der Ausbau der Landstrom- bzw. PowerBarge-Stromversorgung der Kreuz- und Containerschifffahrt im Rahmen des Luftreinhalteprogramms der Hamburger Luft erwähnt wird, glaubt anscheinend kaum einer an ein ernsthaftes Programm des Hamburger Senats.

Umweltfreundliche Stromversorgung an den Kreuzfahrtterminals HafenCity (CC2) und Steinwerder (CCR) – Wie geht Hamburg zukünftig mit dem weltweit ersten schwimmenden Gaskraftwerk der LNG Hybrid Barge um?” so lautet der Betreff  einer aktuellen Schriftlichen kleinen Anfrage in der Bürgerschaft. Im Zentrum steht die LNG Hybrid Barge “Hummel”, die zukünftig Schiffe der italienischen Reederei “AIDA” am Terminal Hafencity mit Strom versorgen soll. Die LNG Barge gibt es bereits, aber sie hat anscheinend noch immer keine Betriebserlaubnis. Die Inbetriebnahme war für Mai 2015 geplant. Neben den Fragen zur Betriebserlaubnis, geht es um die Liegeplätze für die Barge und welche Kosten sich daraus für den Betreiber Becker Marine Systems (BMS) ergeben. Und die letzte Frage dreht sich darum, ob die HPA die Barge betreiben könnte. Das ist interessant, muss doch die HPA die Infrastruktur für die Möglichkeit des Betriebs der LNG Barge schaffen, gleichzeitig ist nicht sicher, ob über Gebühren von dem Betreiber diese wieder amortisiert werden.

Im Mittelteil erfragt der Abgeordnete Landstrom Altona 1plötzlich und unvermittelt den Stand und die Kosten für die Landstromanlage im Kreuzfahrtterminal Altona, welche uns ja ebenfalls immer als große Leistung für die Verbesserung der Luftqualität verkauft wird. Auch die Inbetriebnahme dieser Anlage ist für Mai 2015 geplant.

In Frage 16 wird Kreuzfahrtterminalnach den Stromplanungen für das neuen Kreuzfahrtterminal CC3 auf Steinwerder gefragt. Ob es nicht möglich sei, auch CC3 durch die LNG Barge versorgen zu lassen. Die Frage ist überraschend, da im Rahmen des CC3-Richtfestes vom Hamburger Abendblatt berichtet wurde, dass die günstige Kostenentwicklung beim Bau des Terminals möglicherweise auf die fehlende Stromversorgung zurück zu führen sei.

Wir freuen uns über das Interesse dieses Politikers zur “umweltfreundlichen Stromversorgung” von Kreuzfahrtschiffen. Nachdem seine Partei mit dem sinnvoll erscheindenden Änderungsantrag zum Schwefelgesetz noch im Februar 2015 von der Bürgerschaft (auch von der Fraktion, die den frischgebackenen Umweltsenator stellt) abgebürstet worden ist, hoffen wir, dass das Engagement fortgeführt wird. Wir sind gespannt, welche Überraschungen uns in den Senatsantworten in Kürze zur LNG Hybrid Barge “Hummel” mitgeteilt werden und welche umfangreichen Widrigkeiten doch einer Landstromversorgung in Steinwerder entgegen gestanden haben.