Gestern durften wir auf Fokus-Online lesen, dass das Hafengeld im Hamburger Hafen um 0,9% steigen wird: “Nach einer Nullrunde 2016 steigen die Grundtarife für die Hafennutzung um 0,9 Prozent, so die Hafenbehörde HPA. Das sei ein Signal für Reedereien und Hafenwirtschaft. „Unser Ziel ist, Hamburg als Anlaufhafen weiterhin attraktiv zu halten“, sagte HPA-Finanzchef Tino Klemm. Für besonders große Schiffe gebe es weiterhin Preisnachlässe, wenn auch etwas reduziert, so lange die Entscheidung über die Elbvertiefung noch ausstehe.”
Im Jahr 2012 wurden die Hafengebühren erstmals deutlich gesenkt. In den Folgejahren wurden die Hafengebühren aufgrund gewährter Großschiffsrabatte ebenfalls nicht erhöht. Nun also erstmals eine Erhöhung um sage und schreibe nullkommaneun Prozent?
Themenwechsel: Auch der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) passt seine Preise an. Die Preiserhöhung für Fahrkarten beim Hamburger Verkehrsverbund (HVV) beträgt 1,4%. Wir lesen: “Die Anpassung fällt im Vergleich zu den Vorjahren relativ niedrig aus. Zum Vergleich: 2014 stiegen die Preise um 3,2 Prozent, 2015 um 2,6 Prozent, 2016 um 1,9 Prozent. Grund dafür sind der niedrige Dieselpreis und das nur geringe Ansteigen der Verbraucherpreise.” In der zugehörigen Senatsmitteilung ist allerdings detailliert zu lesen, warum trotz gesunkener Energiekosten und erheblich gestiegenen Einnahmen die Fahrpreise um genau 1,4% erhöht werden müssen: Am vom SPD-Senat in 2011 von 66% auf 72% angehobenen HVV-Kostendeckungsgrad wird gebetsmühlenartig festgehalten. Warum diese Erhöhung insbesondere bei den Monatskarten von Pendlern, Rentnern und Hilfebedürftigen vorgenommen wird, bleibt ein umwelt- und sozialpolitisches Geheimnis des rot-grünen Senats.
Der angeführten Senatsmitteilung zur Fahrpreiserhöhung ist am Ende in Bezug auf die HGV folgendes zu entnehmen: “Eine Nichtanhebung würde die Ergebnisse der Verkehrsunternehmen mit Hamburger Beteiligung ab dem Geschäftsjahr 2017 mit rd. 5,5 Mio. Euro netto zusätzlich belasten. Mit Ausnahme der AKN betrifft dies die Verkehrsunternehmen im Konzern der HGV Hamburger Gesellschaft für Vermögens und Beteiligungsmanagement mbH.” Ja, Sie haben richtig gelesen: es geht um 5,5 Mio. Euro, die bei einem Aussetzen der Fahrpreiserhöhung bei der hamburgischen Staatsholding HGV zusätzlich ergebniswirksam angekommen wären. Und laut dem aktuell veröffentlichten Geschäftsbericht für das Jahr 2015 weist die HGV einen Verlust von 192,8 Mio. Euro aus. Die Mopo berichtet in “Dank Hapag-Lloyd und Co. Hamburg macht Millionen-Verluste” von Sonderabschreibungen auf den Hapag-Lloyd-Aktienbesitz in Höhe von 140 Mio. Euro. Unerwähnt bleibt, dass der gesamte Zuschuss an die Hamburger Hochbahn (HHA) gerade 60,2 Mio. Euro in 2015 ausgemacht hat und die HHA einen Kostendeckungsgrad von nahezu 90% hat (siehe HGV-Geschäftsbericht, Pdf-Seite 17).
Bei diesem hohen Verlust von 140 Mio. Euro nur allein aus dem maritimen Engagement des Senates über die Hapag-Lloyd-Beteiligung war es einfach nicht mehr möglich, die Fahrpreiserhöhung für Pendler, Rentner und Hilfebedürftige, d.h. die o.a. 5,5 Mio. Euro HGV-Belastung, auszusetzen. Dafür muss man schon Verständnis haben.
Zurück zu den Hafengebühren. Die Einnahmen der HPA aus diesen mal gerade um 0,9% erhöhten Hafennutzungsentgelten (in 2015 machten diese Hafengebühren lediglich 51 Mio. Euro aus, siehe Pdf-Seite 6 des HPA-Geschäftsberichtes) reichen bei weitem nicht aus, die Kosten des Hafenbetriebes zu decken. Ein Zuschuss aus Steuergelder von jährlich 100 Mio. Euro ist nahezu selbstverständlich und wird ohne große Nachfragen gezahlt. Mit diesem Zuschuss wird der defizitäre Hafenbetrieb der HPA zum Wohl der großen, vielfach börsennotierten Reedereien am Leben gehalten. Erstaunlicherweise fragt dabei kein Senator, Politiker und Journalist nach dem Kostendeckungsgrad des Hafens. Einer derartige Relation, wie wir sie aus dem öffentlichen Nahverkehr kennen, ist beim Hafenbetrieb gänzlich unbekannt.
Wir entnehmen der HPA-Gewinn- und Verlustrechnung für 2015 einen Materialaufwand von 170 Mio. Euro, Personalaufwendungen von 112 Mio. Euro und 122 Mio. Euro für Abschreibungen, Zinsen und Sonstiges. Der gesamte Hafenbetrieb kostet also rund 405 Mio. Euro. Diesen Kosten stehen Einnahmen aus Hafengebühren von gerade einmal 51 Mio. Euro gegenüber. Der Kostendeckungsgrad des Hafens beträgt dann nicht einmal 13%, während die Hochbahn fast 90% schafft..
Die große freudige Akzeptanz in Politik und Wirtschaft über die Nullrunden bei den Hafengebühren in 2016 samt den Rabattschlachten der Vorjahre ist anrüchig. Das Pudern und Füttern von börsennotierten Reedereien mit besonders großen Schiffen von Seiten unseres Senates ist auffällig. Und so schauen wir in Sachen Hafengebühren doch einfach mal in das Hamburger Gebührengesetz (GebG). Dort ist in § 6 GebG Abs 1 zu lesen, dass “Bei der Ermittlung der durch Gebühren abzudeckenden Kosten sind die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Gesamtkosten der betreffenden Verwaltungseinheit anzusetzen.” Das klingt gut und vernünftig. Und in Absatz 3 lesen wir: “Bei der Festlegung der einzelnen Gebühr können in besonderen Fällen aus sozialen Gründen geringere Gebührensätze oder Gebührenbefreiung für bestimmte Gruppen von Gebührenpflichtigen vorgesehen werden.” Auch das klingt vernünftig!
Aber sind denn nun die börsennotierten Reedereien, z.B. Hapag-Lloyd, Maersk wirklich förderungswürdige Fälle, bei denen die HPA aus sozialen Gründen geringere Hafengebühren für Großschiffe berechnen darf? Ist die bislang ausgeblieben Elbvertiefung Ursache für die Sozialfälle “Großschiffe”? Daran haben wir doch erhebliche Zweifel…