Die Hanjin-Insolvenz hat weltweit für große Aufruhr in der maritimen Logistikszene gesorgt. Bis zum Fall Hanjin galt die Annahme, mit “too big to fail” sei alles ausreichend geschützt. Wie die Bankenkrise mit der Lehmann-Pleite gezeigt hat, ist das ein Irrglaube. Süd-Koreas Regierung hat die Reißleine gezogen und einer der weltweit größten Reedereien aus interessanten Gründen die Systemrelevanz versagt.
All das ist nach einem Monat Schnee von gestern. Nicht ganz, es gibt weitere Reedereiriesen, die massive Probleme mit ihrem Geschäftsmodell haben. Ein Mitglied der von Hapag-Lloyd geführten G6-Allianz, die japanische NYK-Line, hat in einem auf den 7.10.2016 datierenden Aktionärsbrief mit dem Titel “Notice of Impairment Loss and Provision for Losses Related to Contracts” erhebliche außerordentliche Abschreibungen und Wertberichtigungen in Höhe von nahezu 1 Milliarde US-$ angekündigt.
Der überwiegende Anteil der Korrekturen wird in der NYK-Containersparte vorgenommen. Wenn wir die Ausführungen richtig verstehen, werden die bilanziellen Wertansätze der eigenen Schiffe sowie die in Charterverträge vereinbarten Raten auf den Prüfstand gestellt. Wenn dann schon eine Milliarde US-$ in Aussicht gestellt wird, müssen die Alarmglocken läuten. Insbesondere bei den vielfach in Hamburg ansässigen Vercharterern.
Der wohlinformierte Branchendienst Alphaliner berichtet in seinem aktuellen Newsletter von weiteren erschreckenden Zahlen. Bei den größten 20 Containerreedereien werden Wertkorrekturen in Höhe von 32 Milliarden US-$ als möglich erachtet: wie wir der Graphik entnehmen können, werden allein bei Hapag-Lloyd gut 3 Milliarden US-$ angeführt – dagegen wäre die NYK-Line ein kleiner Fisch.
Die daraus resultierenden Auswirkungen auf die von der Stadt Hamburg gehaltene Beteiligung an Hapag-Lloyd wird vermutlich wieder keinen interessieren – es muss wieder erst eine Bombe platzen. Wir gehen fest davon aus, dass diese platzen wird und im Jahresabschluss unserer Staatsbeteiligungsholding HGV werden wir dann mindestens weitere 140 Mio. Euro Wertberichtigungsbedarf finden können.
Und das alles nur, weil die weltweit 20 größten Reedereien mit dem Bau von Riesen-Containerschiffen unglaubliche Transport-Überkapazitäten geschaffen haben, die sie jetzt nicht mehr am Markt platzieren können. Die Tiefgangsstatistik auf der Unterelbe belegt es: die Containerriesen haben nur wenig Ladung an Bord – sie werden nicht benötigt.
Für diesen gesamten wirtschaftlichen Unsinn soll die Elbe vertieft werden. Die für die Vertiefung gemachten Umschlagsprognosen für den Hamburger Hafen werden auch für das Jahr 2016 Luftschlösser bleiben. Eine Perspektive, dass sich das jemals ändern wird, ist nicht erkennbar.
Apropos Prognosen: Düsseldorf soll auch einen neuen Containerhafen bekommen. Wie in Hamburg sind die Prognosen für den Umschlagszuwachs wieder richtig sportlich gerechnet. Das wundert aber auch nicht, sie stammen aus der Feder des Hauses, das in Hamburg für die Hafen- und Vertiefungsplanungen genutzt wird. Die engagierte Bürgerinitiative in Düsseldorf mit dem Namen Hafenalarm hat an diesen Prognosen und Auswirkungen ebenfalls Zweifel! Lesen Sie einfach mal die “10 Fragen und 10 Antworten zum Containerterminal”. Es ist der gleiche gequirlte Unsinn der den Düsseldorfern präsentiert wird, wie uns an der Niederelbe von Cuxhaven bis nach Hamburg.