In den letzten Tagen gab es so einiges zu lesen, warum die Kosten bei den staatlichen Großprojekten, wie beim Berliner BER-Airport, dem Stuttgart 21 oder einfach unserer Hamburger Elphi immer wieder aus dem Ruder laufen. Kostensteigerungen und Überschreitungen von geplanten Realisierungszeiten von zum Teil um mehrere 100% sind bittere Realität in Deutschland geworden. Eine Zusammenfassung der Studie der Hertie School of Governance finden Sie hier, die zur Elphi hier.
Unsere Elbvertiefung hätte ebenfalls wunderbar in die Analysen der letzten Tage gepasst. Insbesondere was die Kostenexplosion angeht, entwickelt diese sich zu einer “Never-ending-story”. Doch von Anfang an:
In den ersten Planungen in 2004 waren die Hamburger Kosten für die Elbvertiefung in der Machbarkeitsstudie (Seite 82 letzter Absatz) noch mit 80 Mio. Euro angegeben worden. Die Kosten sind seitdem kontinuierlich gestiegen (Details zu den Einzelplanung gibts hier):
- 102,5 Mio. Euro in 2006 auf
- 175,6 Mio. Euro in 2012 auf
- 199,0 Mio. Euro in 2013 und
- 204,0 Mio. Euro im Sommer 2014.
Zum Jahreswechsel 2014 wurde versteckt in einer Anlage zu den Senatsantworten auf eine große Anfrage eine weitere Kostensteigerung um 4,25 Mio. Euro auf nunmehr 208,25 Mio. Euro für die Elbvertiefung. Sind diese Kostensteigerung wirklich nur Inflationsausgleich, oder gelten die gleichen Symptome der Studien der letzten Tage?
Eine schriftliche kleine Anfrage in der Bürgerschaft hat nachgefragt. Während der Senat noch zum Jahresende sparsam erklärte: „Die Erhöhung des Ansatzes für Ausgleich und Ersatz, u.a. Ausgleichszahlungen an die Landwirtschaft und die Berücksichtigung einer fortgeschriebenen Inflationsrate durch Verzögerungen sowie die Fortschreibung des Risikobudgets haben zu Kostensteigerungen geführt.“, wird jetzt in den Antworten zur jetzigen Anfrage zurückgerudert: „Die letzte Kostensteigerung … ist ausschließlich verursacht durch die Inflationsanpassung…“ Und die beträgt immerhin 3%!
Ein Vergleich der einzelnen Kostenpositionen der aktuellen Senatsantworten mit seinen letzten detaillierten Angaben aus 2012 zeigt aber, dass zwischenzeitlich erhebliche Planänderungen und Erweiterungen vorgenommen worden sind.
Detailkosten 2015 2012
Summe 208,3 Mio. € 175,1 Mio. €
Ausbaubaggerungen Delegationsstrecke 102,6 Mio. € 106,8 Mio. €
Ertüchtigung Köhlbrand-Ostufer 41,9 Mio. € 26,1 Mio. €
Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen 18,9 Mio. € 11,5 Mio. €
Schaffung von Beregnungswasser-Stauraum 14,0 Mio. € 0,0 Mio. €
Wir erfahren, dass die Baggerarbeiten am Köhlbrand-Ostufer aus den Gesamtbaggerkosten herausgelöst wurden und mit den ehemaligen Kosten für die Vorsetze im Köhlbrand im Kostenblock „Ertüchtigung Köhlbrand- Ostufer“ zusammengefasst wurden. Kostensteigerung 15 Mio. Euro!
Erstmalig fließen die Kosten für die Einigung mit den Obstbauern über knapp 14 Mio. Euro zur Schaffung von Stauraum für Beregnungswasser in die Gesamtkosten mit ein. Ein richtiger Schritt, der zugleich neue Fragen aufwirft. Warum geschieht dieses nicht endlich auch mit all den anderen Kosten, die der Elbvertiefung direkt zu zuordnen sind? Kreetsand, die öffentlichen Stiftungen (Elbefonds, Lebensraum Elbe), den EU-Kohärenzmaßnahmen und den mit der Elbvertiefung verbundenen erhöhten Kosten der Unterhaltungsbaggerei?
Intransparente Kostenträgerumbuchungen und Projektweiterungen zeigen, dass man sich den wahren Kosten der Elbvertiefung langsam nähert, aber trotzdem noch weit entfernt ist. Rechnet man allein die o.a. Positionen hinzu, liegen die Kosten über 300 eigentlich eher bei 400 Mio. Euro.
Die Kosten der jährlichen Unterhaltungsbaggerei, die nur dafür aufgewendet werden, um den Hamburger Hafen im Kampf gegen die Verschlickung auf den Stand der letzten Elbvertiefung zu halten, sind dabei nicht berücksichtigt. Warum denn aber eigentlich nicht? Hamburg wendet jedes Jahr immerhin rund 60 Mio. Euro für diese Baggerei auf.
Wir haben einfach die Baggerkosten für sechs Jahre der Elbvertiefung zugeordnet. Ist das zuwenig, zuviel, oder etwa angemessen?
Was denken Sie? Vergessen Sie nicht, dass die Wasserstraße Elbe von allen Schiffen kostenfrei befahren werden darf. Ein Nutzungsentgelt, wie die HVV-Monatskarte, die Kita-Gebühr, eine Maut bzw. “Kfz”-Steuern wie im Straßenverkehr gibt es für die Schifffahrt nicht. Alles für lau. Wir kalkulieren daher die Kosten der Elbvertiefung für Hamburg auf 785 Mio. Euro. Das ist sehr nahe bei unserer Elphi…
Aber das sind ja nur die Hamburger Kosten für die Elbvertiefung. Diese machen nur rund ein Drittel der Gesamtvertiefungskosten aus. Die anderen zwei Drittel trägt der Bund. Der Bund gibt wie Hamburg einfach nur die direkten Baukosten an. Die vorgezogene Teilmaßnahme am Altenbrucher Bogen hat er für 64 Mio. Euro realisiert, aber dann in der Gesamtkostenbetrachtung einfach vergessen. Wir haben das nicht vergessen und errechnen: Bund und Hamburg wenden nur für den Hamburger Hafen 1,6 Milliarden Euro auf für die anstehende neunte Elbvertiefung auf.
Was soll man gegen diese Kostenverschleierung machen? Wir haben uns für das öffentliche “Aufzeigen” statt dem “Verschleiern” entschieden. Die Antworten auf die kleine Anfrage untermauern dieses Ziel. Machen Sie doch einfach dabei mit!