Mit diesem Zwischentitel war im Newsletter “Elbvertiefung” der Zeit ein kurzer zusammenfassender Bericht über den am vergangenen Montag abgehaltenen 5. Hafenentwicklungsdialog der fünf norddeutschen Verkehrsminister zu lesen:
“In Wismar berieten Minister und Staatssekretäre der fünf norddeutschen Bundesländer über die bessere Anbindung der Häfen ans Hinterland und übten Kritik an der EU-Bürokratie: Zu viel werde im fernen Brüssel entschieden, selbst wenn es um vergleichsweise geringe Investitionen gehe. So sei es nicht auszuschließen, unkte Staatsrat Rolf Bösinger von der Hamburger Wirtschaftsbehörde, dass man künftig selbst für das Ausbaggern und den Abtransport des Hafenschlicks erst ein Go aus Brüssel abwarten müsse. Die Länder forderten nicht den Nexit, aber doch Reformen, um wieder mehr Entscheidungsfreiheit zu bekommen. Zu meckern hatte die Runde auch über den Plan des Bundesumweltministeriums, große Gebiete in Nord- und Ostsee unter strengen Schutz zu stellen: Das bedeute Einschränkungen für Schifffahrt, Windkraft und Fischerei! Dass in den kommenden 15 Jahren 17 Milliarden Euro in Schiene, Straße und Binnenwasserwege investiert werden sollen, fanden dagegen alle prima. Ein weiteres Thema des fünften Hafenentwicklungsdialogs war der “Emissionsschutz” in Schifffahrt und Hafenwirtschaft. Was die versammelte Lobbyisten-, sorry: Politikerrunde davon hielt, haben wir nicht mehr erfahren. Aber wir können es uns denken.” Klare Worte der Zeit- Journalisten!
Brexit – von nahezu allen deutschen Politikern wird der vom Volk entschieden EU-Austritt Großbrittaniens bedauert. Nach Lösungen wird gesucht, wie die Akzeptanz der EU-Bevölkerung gegenüber den Institutionen der EU verbessern werden kann. Unsere Bundeskanzlerin, Frau Angela Merkel wird in der Zeit mit “Die Bürger müssten konkret spüren, wie die EU ihr Leben persönlich verbessert.” zitiert.
Im gestrigen ZDF-frontal-21-Beitrag “Brüssel als Sündenbock” wird ausgehend von diesem Merkel-Zitat ab der 11. Minute das Verhalten von bundesdeutschen Politikern hinsichtlich der EU dokumentiert. Es ist schon erschreckend, mit welchen Phrasen Politiker nahezu aller Parteien gegen die EU wettern, welche politischen Koniferen zur EU nach Brüssel abgeschoben werden und wie mit u nserem europäischen Gedanken umgegangen wird. Wir ergänzen das und fragen, warum Deutschland im Vergleich zu den anderen EU-Mitgliedsländern einer der Spitzenreiter bei den EU-Vertragsverletzungsverfahren ist?
Zurück zum 5. Hafenentwicklungsdialog: Unsere hamburgischen Politker beherrschen das EU-Bashing ebenfalls perfekt. Der o.a. Zeit-Blogbeitrag schildert das offen – der NDR berichtet die gleichen Inhalte noch etwas detaillierter: “Nach Angaben von Mecklenburg-Vorpommerns Verkehrsminister Christian Pegel (SPD) müssen beispielsweise bereits Zuschüsse für Investitionen im einstelligen Millionenbereich von Brüssel genehmigt werden. Hintergrund sei, dass die öffentliche Unterstützung von Hafen-Investitionen bei der EU nicht mehr als Infrastrukturförderung gilt, sondern als Beihilfe für Unternehmen.”
Ja und nun kommt unser Hamburger Wirtschaftsstaatsrat, Herr Rolf Bösinger. “Er befürchtet eine noch weitergehende Einengung. So könnten künftig auch Unterhaltungsmaßnahmen wie die Ausbaggerung der Zufahrt zum Hamburger Hafen sowie der Abtransport des Schlicks der Genehmigung durch EU-Behörden unterliegen.”
Was für eine unglaublich freche Verdrehung der Tatsachen! Hamburgs Baggerkosten liegen nicht einmal ansatzweise in der Nähe eines “einstelligen Millionenbereiches”. Diese Kosten lagen nur für den Hamburg Hafen im Jahr 2015 bei offiziell 85 Millionen Euro. Der Bund musste für die Baggerung der Unterelbe zwischen Cuxhaven und Hamburg im gleichen Zeitraum nochmals über 47 Mio. Euro aufwenden. Die gesamte Elbbaggerei kostete also über 132 Mio. Euro – das soll alles keine Subvention sein und von Brüssel als “einstelliger Millionenbetrag” problemlos durch gewunken werden? Mal abgesehen von den Umweltsauereien im Baggergut, die noch nicht einmal die EU hinterfragt hat.
Natürlich geht so ein Durchwinken nicht! Derartige Beträge sind eben keine Peanuts, wie vielleicht Staatsrat Bösinger und der Hamburger Senat es meinen mögen. Aber warum werden die aufgrund der letzten Elbvertiefung vorhersehbar explodierten Baggerkosten nun von Herrn Bösinger in ein EU-Bashing überführt? Natürlich um das eigene Unvermögen in Sachen Beherrschbarkeit der Elbvertiefung zu verstecken: Die Baggerkosten sind aber eben dieses nicht mehr! Es zeigt sich ein nahtloser Anschluss an den o.a. ZDF-Fernsehbeitrag in frontal 21.
Ach ja, in der offiziellen Pressemitteilung des gastgebenden Ministeriums aus Mecklenburg-Vorpommern ist von diesem EU-Getöse des Staatsrats Bösinger natürlich kein Wort zu finden. Nach außen hin muss man sauber bleiben. Die öffentlichen EU-Ausfälle der Minister bzw. Staatsräte sind in dieser ihrer Peinlichkeit eben einfach nicht für Protokolle und Pressemitteilungen zitierfähig.