Mit diesem bemerkenswertem Satz war ein Interview von Herrn Nikolaus Schües im Hamburger Abendblatt vor einigen Tagen überschrieben. Herr Schües verfügt mit seinem Lebenslauf und als geschäftsführender Gesellschafter der in Rostock ansässigen Reederei F. Laeisz GmbH über ein umfangreiches ökonomisches Wissen über die maritime Wirtschaft. Wenn er sich in der letzten Zeit häufiger äußert, muss ihn etwas drücken.
Und so lesen wir zur Schifffahrtskrise: “Das liegt daran, dass sie sich aus zwei Quellen speist: Zum einen ist das natürlich die Knappheit an Ladung, die jede Art von Frachter trifft und die einfach auf den schwachen Markt reagiert, zurzeit trifft es extrem die Massengutfrachter. Zum zweiten gibt es das System Containerschiffe, das eine Umstrukturierung auf immer größere Schiffe erlebt, während gleichzeitig die Nachfrage sinkt. Es werden noch immer wöchentlich größere Schiffe bestellt, obgleich der Bedarf dafür eigentlich fehlt. Im Grunde genommen ist das Irrsinn. Die Branche versucht das Feuer mit Benzin zu löschen. … Sie haben richtig gehört. Man muss die Krise ausbrennen lassen, und das wird noch einmal viele Jahre dauern. Es geht nicht anders. In den kommenden drei Jahren werden die Containerriesen ausgeliefert, die derzeit bestellt werden. Solange wird sich schon mal gar nichts ändern. Und dann wird es noch einmal möglicherweise drei Jahre dauern bis sich die Lage wieder normalisiert und sich die Kapazitäten dem Wachstum der Wirtschaft angleichen.” Damit Hamburg seine Bedeutung als Hafen halten kann, plädiert er weiterhin für die Elbvertiefung: “Die Fahrrinnenproblematik muss gelöst werden, weil wir nicht zulassen dürfen, dass Partikularinteressen über Gemeinschaftsinteressen obsiegen. Ich bin zuversichtlich: das Problem wird gelöst.” Und dann kommt: “Die Elbe ist unser Schicksal.” Starke Worte, aber warum muss für diesen ökonomischen Unsinn, der sich über einige Jahre ausbrennen wird, die Elbe vertieft werden?
- Wir erleben derzeit eine Entwicklung bei der Schifffahrt, wie wir sie ähnlich als Folge der Ölkrise Anfang der siebziger Jahre bei den Riesentankern oder nach der Weltfinanzkrise in 2009 bei den Containerschiffen erleben durften. Manch ein Leser wird sich dabei an die Geltinger Bucht erinnern. Was wird dem Ausbrennen der jetzigen Schifffahrtkrise mit dem Abgesang der Riesencontainerschiffe folgen?
- Können wir die von Ökonomen kürzlich entdeckte Digitalisierung mit ihren gravierenden Auswirkungen auf Schifffahrt und Hafen einfach ignorieren? Die Statements von Herrn Straubhaar “Die Globalisierung, wie wir sie früher gefeiert haben, mit Containern, Schiffen und Häfen, wird immer weniger relevant. Es kann ökonomisch nicht nachhaltig sein, Standardgüter zentral herzustellen und sie um die halbe Welt zu transportieren. Künftig wird wieder mehr vor Ort produziert, näher am Kunden. Wenn ich sehe, wozu 3D-Drucker fähig sind, wird sich da einiges tun.” oder von Herrn Henning Vöpel “Der Hafen in seiner heutigen Form ist nicht mehr der Wachstumstreiber. Man könnte dort ein Zentrum für 3-D-Druck aufbauen.” lassen aufmerken!
Mit diesen von Politik und maritimer Wirtschaft unbeantworteten Fragen erscheinen uns die auf kurze Sicht angelegten wirtschaftlichen Ziele der Reeder vielmehr als Partikularinteressen, denen das Gemeinschaftsinteresse untergeordnet werden soll.
Themenwechsel: Ebenfalls vor wenigen Tagen wurde die Ergebnisse des Monitorings des Jahres 2015 für die aussterbende Pflanze Schierlingswasserfenchel (Oenanthe conioides) veröffentlicht. Diese weltweit mittlerweile nur noch in Hamburg lebende Pflanze ist durch die Elbvertiefung vom Aussterben bedroht. Der Erhalt ihres Lebensraumes ist eines der vielen vor Gericht liegenden Streitthemen zwischen Planfeststellern und Naturschutzverbänden. Und wie ist es diesem “Blümchen” in 2015 ergangen? “Insgesamt war 2015 ein sehr gutes Jahr für Oenanthe conioides, wenn man die Anzahl der gefundenen Individuen im Sommer 2015 mit den Ergebnissen der zurück liegenden FFH-Monitoringdurchgänge vergleicht.” dürfen wir auf Seite 67 in der Zusammenfassung lesen. In der Tat, die Zahl der Pflanzen hat sich binnen zweier Jahre um 1.400 Individuen auf 4.272 erhöht.
Liest man allerdings die Details können wir der Begeisterung der Gutachter nicht folgen. Die Pflanze, die noch vor wenigen Jahren von der Stör bis nach Hamburg zu finden war, lebt eigentlich nur noch auf ganz engem Raum zwischen der Süderelbbrücke und der Bunthäuser Spitze. Überall gehen tragfähige Populationszahlen zurück – im Mühlenberger Loch, einem ehemaligen Hauptverbreitungsgebiet, sind seit dem Airbus-Ausbau alle Pflanze ausgestorben. Schauen wir uns den sehr schmalen Korridor seines Hauptlebensraum am Schweensand und Heuckenlock an, hoffen wir, dass niemals eine Ölkatastrophe von z.B. beim Rammen der Süderelbbrücke durch ein Binnenmotorschiff stattfinden und die hier noch lebenden 2.900 Pflanzen zerstören wird.
Auch den Optimismus der Gutachter z.B. für die in 2015 erfolgte Ansiedlungsmaßnahme am Moorburger Hafen können wir nicht teilen! So lange dort noch Schiffe, wie die abgebildete “MS5” aus Szczecin im Juni 2015, abgewrackt werden dürfen, glauben wir nicht an einen Erfolg dieser Maßnahme. Der aktuelle Überlebenskampf von Oenanthe Conioides wird durch die geplante Elbvertiefung noch verschärft werden.
So kehren wir zu den Worten von Herrn Schües in Sachen Elbvertiefung zurück: “Die Elbe ist unser Schicksal” umschreibt auch die Zukunft des Schierlingswasserfenchels.