Umschlag Nordrange

Zur sogenannten Nordrange gehören die für den Containerumschlag relevanten Häfen an der Nordseeküste von Kontinental-Europa. Diese Häfen sind Rotterdam, Antwerpen, Zeebrugge, Amsterdam, Bremerhaven, Wilhelmshaven und Hamburg. Alle diese sieben Häfen haben zusammen in 2021 rund 44 Mio. TEU umgeschlagen.

Immer wieder werden im Zusammenhang mit der Elbvertiefung diese Nordrange-Häfen als große Konkurrenz für den Hamburger Hafen angeführt. Gebetsmühlenartig wird in den Vertiefungsplänen angeführt, dass insbesondere die belgischen, aber vor allem die niederländischen Häfen (Rotterdam-Maasvlakte2) „gefährliche“ Mitbewerber seien.

Diese Häfen hätten nämlich etwas, was Hamburg fehlt: einen tiefen Wasserzugang. Da Hamburg seine Elbe nicht vertieft hat, würde es somit von den Megaboxern nicht mehr angelaufen werden. Daher würden über 100.000 von dem ausbleibenden Containerumschlag betroffene deutsche Arbeitsplätze entfallen und “einen gigantischen Lkw-Konvoi von und nach Rotterdam und Antwerpen in Bewegung” setzen. [1]

Ist diese Umschlagsentwicklung wirklich in Hamburg beobachtbar? Wir haben die Umschlagszahlen der Nordrange-Häfen seit Beginn des Verfahrens zur Elbvertiefung im Jahr 2002 bis 2021 zur Entwicklung des Containerumschlages der Nordrange-Häfen zusammengetragen und Marktanteile ermittelt.

Unsere aktuelle Interpretation der Marktanteilszahlen vom August 2022 finden Sie –> hier.

Unsere alte Analyse  aus dem Dezember 2013 wollen nicht verschweigen und stellen sie weiterhin nachfolgend zur Verfügung.

  • Hamburg [3] hatte in 2002 einen Marktanteil von 26,0 %, der sich auf zunächst über 27 % steigerte. Im Anschluss an die Finanzkrise folgte in 2009 ein massiver Einbruch auf 22,5 %, der bis 2014 teilweise wieder aufgefangen werden konnte (25,0 %). Chinakrise und Rußlandembargo ließen den Anteil in 2015 auf 23% zurückfallen.
  • Bremerhaven [4] verlor zunächst Marktanteile (von 14,5 % in 2002 auf 12,9 % in 2005). Seit 2006 weitet Bremerhaven seinen Anteil wieder aus und erreicht nach dem Spitzenjahr 2012 wieder den Wert von 2002.
  • Rotterdam [5] startete in 2002 mit einem Marktanteil von 31,4 % und fiel bis zur Finanzkrise in 2008 auf unter 30 %. Seit der Finanzkrise ist der Marktanteil bis heute mit 31,9% leicht über den Ausgangswert von 2002 gestiegen.
    Amsterdam [6] hat sich erfolgreich auf u.a. Massengut und Ölumschlag spezialisiert und in Kooperation mit Rotterdam seinen Containerumschlag umgeleitet.
  • Antwerpen [7] verzeichnet die größte Umschlagskontinuität. In 2014 hat es mit einem Marktanteil von 23,0 % den gleichen Wert wie in 2002. In Kooperation mit Zeebrugge wurden in 2015 rund 25% des dortigen Umschlags übernommen.
  • Zeebrugge [8] gewann in der Finanzkrise auf über 7,5 % Marktanteil und konnte sich mit  5,3 % gut behaupten. In der Kooperation mit Antwerpen wurde Umschlag abgegeben und andere Umschlagsbereiche übernommen.

Hamburg hat somit wirklich Marktanteile verloren, aber…

…schaut man sich aber die Summation aller deutschen, niederländischen und belgischen Marktanteile an, gibt es zwischen den Staaten nur sehr geringe Verschiebungen. Es ist erkennbar, dass die deutschen Häfen, insbesondere der Hamburger Hafen, sehr sensibel auf Wirtschaftskrisen zu reagieren.

  • Die deutschen Häfen haben zwischen 2002 und 2014 einen stabilen Marktanteil von um die 40 %. Bedingt durch die Krisen in den Jahren 2009 bis 2011 und 2015 rutschte dieser auf einen Marktanteil von unter 40 %.
  • Rotterdam als der niederländische Hafen hat einen über die Jahre nahezu unveränderten Marktanteil von über 31 %.
  • Einen Ausbau des Marktanteils haben lediglich die belgischen Häfen geschafft. Dieser stieg im Betrachtungszeitraum von 27,7 % auf 28,3 %.

Fazit 2013:
Bei der genaueren Betrachtung der Entwicklung der Marktanteile im Containerumschlag der europäischen Northrange-Staaten Belgien, Deutschland und den Niederlanden gab es lediglich kleine, krisenbedingte Veränderungen. Bezogen auf den Gesamtumschlag von 38.312.000 TEU in der Northrange machen die geringen Marktanteilsverluste der deutschen Häfen in Höhe von 1,5 % rund 600.000 TEU aus.

Fragen Sie sich jetzt auch, warum das so ist? Die Antworten zeigen wir Ihnen auf den Folgeseiten beginnend bei –> Containerreedereien auf.


[1] Uwe Polkaehn, Vorsitzender des DGB Bezirks Nord in Pressemitteilung 096/2012 “Baustopp an der Elbe: Richter sollen Hauptsache-Verfahren beschleunigen” vom 20.10.2012
[2] Hamburgische Bürgerschaft, Großen Anfrage „Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA)“, Drucksache 20/9876, Anlage 2, Seite 16.
[3] Hamburger Umschlagszahlen werden vom Statistikamt Nord versteckt veröffentlicht. Sie können Sie aber auch hier finden. Pressemitteilung”Hamburger Hafen erreicht 2014 das beste Umschlagergebnis seiner Geschichte” von Hafen Hamburg Marketing vom 09.02.2015 und “Hafen Hamburg im Jahr 2015” vom 10.02.2016
[4] bremenports (Herausgeber), “Hafen in Zahlen 2015“, Seite 18, Bremen 2015 sowie diverse Vorgängerberichte. Umschlag für 2015 aus Pressemitteilung von Eurogate vom 25.01.2016.
[5] Port of Rotterdam (Herausgeber), “Der Hafen in Zahlen, Ein Reichtum an Informationen“, Seite 13, Rotterdam 2015 sowie diverse Vorgängerberichte und Geschäftsberichte. Umschlag 2015 aus  “Empfang und Versand von Containern/TEU über See
[6] Port of Amsterdam (Herausgeber), “Facts Figures“, Amsterdam 2015 sowie Vorgängerberichte mit Tabelle “Maritime transport of containers in Port of Amsterdam“. Zahlen für 2015 geschätzt und als konstant angenommen.
[7] Port of Antwerp (Herausgeber), “Yearbook of statistic 2014“,  Antwerpen 2015 sowie Vorgängerberichte. Pressemitteilung “Double record for port of Antwerp in 2015” vom 18.01.2016.
[8] Port of Zeebrugge (Herausgeber), “Annual report 2014“, Zeebrugge 2015 sowie Vorgängerberichte. Zahlen für 2015 aus “Evolution container traffic” Graphik “Container traffic (in TEU)” abgelesen.