Dass der Containerumschlag im Hamburger Hafen in 2015 deutlich auf unter 9 Mio. TEU eingebrochen ist, war bereits vor der gestrigen Jahrespressekonferenz vorhergesagt worden. Jetzt wurden die Zahlen offiziell von Hamburg-Hafen-Marketing (HHM) veröffentlicht: von 2014 auf 2015 reduzierte sich von 9,7 Mio. auf 8,82 Mio. TEU, d.h. der Hafen musste beim Containerumschlag ein Minus von 9,3% verzeichnen. Somit wurden im vergangenen Jahr weniger TEU umgeschlagen, als 2006. Das Ziel von 10 Mio. TEU ist in weite Ferne gerückt.
Was tun, um den Hamburger Hafen wieder in das Erfolgslicht zu rücken? Die Jubel-Experten von Hamburg Hafen Marketing, dem Hamburger Senat und der HPA haben erneut einen Weg gefunden. „Wer das Hafengeschäft kennt, der weiß, dass sich der Erfolg des Hamburger Hafens nicht ausschließlich in TEU bemisst.” wird der Hamburger Wirtschaftssenator, Herr Frank Horch, in der Pressemitteilung der HHM und in der WELT zitiert. “Sein Charakter als Universalhafen macht Hamburgs Hafen stark. Der Hamburger Hafen ist faktisch eines der größten und vielfältigsten Gewerbegebiete Deutschlands. Hafenumschlag, Logistik und Industrie sind darin eng miteinander verwoben und befruchten sich gegenseitig.” lesen wir weiter. Konkret werden als Erfolgsfelder in den Präsentationsfolien sowie in der Pressemitteilung herausgehoben:
- Gejubelt wird über den Anstieg des Massengutumschlags um 5,8% auf 45,5 Mio. Tonnen (Folien 4+5). Zurück zu führen sei dieser Erfolg vor allem auf Kohle und Getreide.
Unerwähnt bleibt, dass die Kohle insbesondere für das Kraftwerk Moorburg benötigt wird. Dieses wurde in 2015 in Betrieb genommen und für die Zukunft wird es diesen Anstieg sicherlich nicht mehr geben. - Bejubelt wird der Anstieg des Seehafenhinterlandverkehrs (Folien 19, 27). Herausgehoben wird hier in der Pressemitteilung, dass der Containertransport mit der Bahn (+2,8%) und mit Binnenschiffen (+27,5%) zugenommen hat.
Was wir nicht erfahren ist, dass per Binnenschiff lediglich 128.800 TEU von 5,6 Mio. TEU transportiert werden und die Steigerung lediglich 27.000 TEU entspricht. Und beinahe schon unverschämt finden wir die Erfolgsmeldung, dass der Hamburger Hafen auf Platz zwei der Binnenhäfen gelandet sein soll. - Bejubelt wird in diesem Zusammenhang auch, dass der Bahnverkehr mit 45,3% Anteil den LKW-Verkehr mit 42,4% erstmalig überholt habe. Allerdings gerechnet auf Tonnen (Folie 21).
Dass diese Entwicklung sich nicht bei dem Massen-Transportformat, nämlich die Container, abzeichnet, wird jedenfalls in der Pressemitteilung nicht erwähnt (LKW-Verkehr 56,7%, Bahnverkehr 4,1%, Binnenschifffahrt 2,3%) (Folie 20). - Der Hamburger Hafen feiert sich mit dem höchsten Anteil Bahntransporte (49%) im Vergleich der Häfen der Nordrange (Folie 22) und erweckt den Eindruck eines besonders “grünen Hafens” gegenüber den Mitbewerbern.
Unterschlagen wird bei dieser Darstellung jedoch, dass Rotterdam ca. 50% und Antwerpen ca. 41% des Hinterlandverkehrs mit dem Binnenschiff realisieren. Und wir hören selbstverständlich auch nichts darüber, dass der Bahnverkehr aus dem Hamburger Hafen zunehmend über die HHLA-eigene Metrans erfolgt und dem Güterverkehrssektor der Bahn das Wasser abgegraben wird. - Der Hamburger Hafen habe eine Loco-Quote (lokale Containerladung) von ca. 30% .
Wir erfahren allerdings nichts darüber, wie diese Quote in den anderen Häfen der Nordrange aussieht.
Und der deutlich rückläufige Containerumschlag? Da hören wir die bekannten Begründungen: der Umschlag mit China (Wirtschaftskrise) und Russland (Embargo, Wirtschaftskrise) machen sich bemerkbar. Hier habe man im Vergleich zu anderen Nordrange-Häfen eine hohe Transshipment-Quote (Umladung von Großcontainer- auf Feederschiffe und umgekehrt). Wenn dann weniger Ladung kommt, wirkt sich das auf Hamburg massiv aus. Neuerdings wird auch Polen als Ursache aufgeführt, und zwar die zunehmenden Direktanläufe durch die Reedereien. Hat Polen doch seine Häfen so ausgebaut, dass auch Großcontainerschiffe abgewickelt werden können – so eine Gemeinheit.
Im Hamburger Hafenblatt gibt es dann noch den obligatorischen Rankingvergleich mit Rotterdam und Antwerpen. Hamburg ist auf Platz 3 zurück gefallen… – das geht doch gar nicht. Tatsache ist, Rotterdam hat ebenfalls, wenn auch nicht so gravierend, im Containerumschlag verloren, nämlich 0,5%. Antwerpen hat zugelegt um 7,4%. Auch hier wird uns wieder nicht alles gesagt. Rotterdam hat eine Hafenkooperation mit Amsterdam und somit Verluste relativieren können. Antwerpen hat eine Hafenkooperation mit Zeebrugge. Die Jahresergebnisse zeigen jedoch, dass Zeebrugge ungefähr dieselbe Menge im Containerumschlag verloren hat, wie Antwerpen gewonnen.
Tatsächlich haben die deutschen Häfen der Nordrange auch über Gesamt an Containerfracht verloren. Und das liegt vor allem an der Abhängigkeit des Hamburger Hafens von China und Russland. Dieser rühmte sich bisher, der westlichste Ostseehafen zu sein. Dieses Konzept scheint nicht mehr aufzugehen.
Und was den Universalhafen angeht, haben wir ebenfalls Fragen. Wie passen die Schließungen des BUSS Hansa Terminals und des HHLA Überseezentrums zu einer Stärkung des Universalhafens? Beide Terminals haben vor allem Stück- und Schwergut abgewickelt.
Ach, Mist, wir dürfen ja Entwicklungen im Hamburger Hafen gar nicht kritisch kommentieren. Unisono wurden kritische Fragen und Berichte zurück gewiesen: “Ich warne dringend davor, Krisen herbeizureden. Das schadet unserem Hafen und spielt unseren Konkurrenten in die Hände.” wird Wirtschaftssenator Frank Horch zitiert. Auf der Jahrespressekonferenz wurde zwar für 2016 kein besseres Ergebnis für 2016 vorher gesagt: “Angesichts der Lage erwartet Hamburg für dieses Jahr eine Stagnation des Güterumschlags. “Wir prognostizieren bestenfalls ein Ergebnis in der Größenordnung von 2015”, sagte Mattern. Eine genauere Prognose sei angesichts der schwer einschätzbaren Außenhandelsentwicklung nicht drin.” Aber wenn diese Prognose wirklich eintritt, sind vermutlich wir und andere kritische Begleiter der Entwicklung des Hamburger Hafens Schuld.