Wir freuen uns, Ihnen den Jahresrückblick 2015 von dem Hamburger Hafenblatt, Ihrem und unserem täglichen nahezu meinungsfreien Begleiter präsentieren zu dürfen. Das Titelbild ziert unser wortgewaltiger Wirtschaftssenator für seinen Satz des Jahres: “Ich kann nicht im Ansatz erkennen, dass der Hafen ein Strukturproblem hat.” Nein, das hat der Hafen nun wirklich nicht. Ganz wirklich nicht. Schreibt jedenfalls <MK>!
Sehr geehrter Herr Horch, machen Sie in 2016 weiter so, damit sich Ihre Hamburgerinnen und Hamburger weiterhin an Ihrer Politik erfreuen können. Und sprechen Sie besonders viel mit <MK> vom Hafenblatt, damit es für uns ganz besonders lustig wird!
Januar 2015
Zum 01.01.2015 tritt die neue EU-Schwefelrichtlinie in Kraft, nach dem der Schwefelgehalt im Schiffskraftstoff innerhalb der ECA-Zonen und in Häfen auf 0,10% reduziert werden müssen. Welche gesundheitlichen Folgen Schiffskraftstoffe haben, erfahren wir im Beitrag des NDR vom 26.01.2015. Allerdings handelt es sich bei den gefährdenden Stoffen nicht allein um Schwefel, wesentlich bedrohlicher ist der Feinstaubausstoß, der bisher wenig reguliert ist.
Und wie sieht per Jahresende die Bilanz aus, ist die Luft besser geworden? Nein, Hamburg verstößt nach wie vor gegen die Luftreinhaltebestimmungen der EU. Und für die Schifffahrt wird festgestellt, dass ein Verstoß gegen die EU-Schwefelrichtlinie günstiger kommt, als “sauberen” Kraftstoff zu bunkern.
Februar 2015
Bürgerschaftswahl in Hamburg: Mit Spannung verfolgen wir, ob weiterhin König Scholz allein regieren kann oder einen Koalitionspartner braucht. Innerhalb von kürzester Zeit gibt es einen Koalitionspartner samt Vertrag: Bündnis 90/Die Grünen. Letztere vergessen aber rasend schnell ihre grünen Wurzeln und winken die Elbvertiefung aber auch beispielsweise die Abholzung des Waldes an den Vollhöfner Weiden durch. Grüne Politik ist seit Februar 2015 in Hamburg ausverkauft.
März 2015
Im März ereignet sich eine von vielen Havarien im Hamburger Hafen: Die “Choapa Trader” kriegt beim Auslaufen vom CTH die Kurve nicht und fährt ins gegenüberliegende Elbufer. Kurzzeitig war das Elbfahrwasser blockiert. Reichlich Trouble im Hafen gibt es dann wieder im Mai durch das Sturmtief “Zoran”. Dann folgen u.a. im Juli zwei weitere Aufsehen erregende Havarien auf der Elbe. Das soll alles ganz normal sein. Havarierisiken durch große Containerschiffe gibts für die Verantwortlichen auf der Elbe einfach nicht.
April 2015
Herrn Emanuel Schiffer, Geschäftsführer der Eurogate-Gruppe, äußert sich anläßlich der Veröffentlichung der Eurogate-Geschäftszahlen für 2014 öffentlich über die Fahrprobleme der Mega-Containerschiffe auf der Unterelbe. Die geplante 9. Elbvertiefung wird keines der Probleme lösen. So würden sich zwischen Neuwerk und Hamburg weiterhin keine zwei Mega-Containerschiffe begegnen können, da selbst mit Vertiefung die Fahrrinne nicht breit genug sein würde. Auch müssten beim Festmachen eines Mega-Carriers im Waltershofer Hafen weiterhin alle Containerbrücken hochgeklappt und somit das Be- bzw. Entladen von Schiffen unterbrochen werden.
Mai 2015
Ende Mai gibt eine Schriftliche kleine Anfrage an die Bürgerschaft Auskunft über die aktuelle Kosteneinschätzung für die Umsetzung der geplanten 9. Elbvertiefung. Eine Steigerung des Hamburger Kostenanteils um mehr als 250% seit Planungsbeginn in 2004 ist das Ergebnis. In die offiziellen Kostenplanungen fließen nach wie vor Infrastruktur- und Ausgleichsmaßnahmen nicht ein. Sonst müsste der Senat zugeben, dass sich Hamburg mit einem weiteren Projekt von mehreren Milliarden verheben würde.
Juni 2015
Im Verfahren um die Westerweiterung des CTH findet am 22.06. die öffentliche Anhörung der Einwenderinnen und Einwender statt. Erneut ist erlebbar, wie schmerzfrei in Hamburg Hafenprojekte geplant und durchgesetzt werden. Einwendungsgründe werden von sogenannten Gutachtern vom Tisch gewischt (unsere Messverfahren sind bewährt und bestätigen Ihre Annahmen nicht). Ein Herr Gunther Bonz verbreitet Unwahrheiten (An- bzw. Ablegen mit Landstromanschluss dauert jeweils 6 – 8 Stunden und ist daher unrentabel).
Diese Arroganz erfahren wir dann auch im Dezember erneut, als wir die nachgebesserten Unterlagen zum Gerichtsverfahren um die Elbvertiefung lesen.
Juli 2015
Der erste Juli wird von den Vertiefungsgegnern an Weser und Elbe mit Spannung erwartet: Der Europäische Gerichtshof verkündet sein Urteil zur geplanten Weservertiefung, mit besonderem Blick auf die Auslegung der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Auch wenn es die Planer nicht wahr haben wollen, das Gericht entscheidet, dass die WRRL bezüglich des Verschlechterungsverbots eng auszulegen ist. Nun bleibt abzuwarten, wie die Verfahren zur Elb- und Weservertiefung von dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden werden.
August 2015
„Vereinigung eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg“ (VEEK e.V.) heißt eine von vielen Unternehmerorganisationen in Hamburg. Der VEEK rückte im August in unser Blickfeld, weil vier ihrer Mitglieder vom Bundeskartellamt zu Bußgeldern verurteilt wurden. Insgesamt sieben Speditionen sowie die FCDS (Fachgruppe Containerverkehre der deutschen Seehäfen e.V.) müssen 4,56 Mio. Euro wegen illegaler Preisabsprachen zahlen.
September 2015
Seit August heult die Hafenwirtschaft um die Hafensirene Herrn Gunther Bonz über die Medien, dass die HPA nichts gegen die zunehmende Verschlickung im Hamburger Hafen unternehme. Anfang September wird bekannt, dass Hamburg mit Schleswig-Holstein die Verdoppelung der Schlickverklappung bei der Tonne E3 vor Helgoland vereinbart hat. Anfang Oktober erhält die HPA eine Ausnahmegenehmigung der grünen Umweltbehörde und beginnt einen Monat früher als üblich die Verklappung von Sedimenten aus Hafenbecken vor Neßsand. Die Schelte an der HPA hört nicht auf und wir schreiben das “Unterelbemärchen” fort.
Oktober 2015
Viele Taschentücher waren angesichts des Weinens der Schifffahrtsbranche auf der 9. Nationalen Maritimen Konferenz erforderlich. Die einladende Bundesregierung hatte ein großes Subventionsfüllhorn für die Reeder dabei: deutsche Schiffe zahlen keine Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge mehr und die europäischen Besatzungen dürfen ordentlich reduziert werden. Warum diese “maritimen Bäckersleute” ohne irgendeine Gegenleistung an die Gesellschaft vom Staat überhaupt noch mit Stuten gefüttert werden, versteht keiner. Aber die maritimen Taschentücherträger wollen noch viel viel mehr Geld.November 2015
Hapag Lloyd geht an die Börse und Hamburg versenkt rund eine halbe Milliarde Euro Steuergelder! Mitte Oktober beginnt die Zeichnungsfrist für die Aktien. Der Börsengang wird verschoben, ein neuer Börsenprospekt erstellt und der Zeichnungspreis auf 20 bis 22 nochmals abgesenkt. Am 04.11. folgt die erste Börsennotierung um die 20 Euro – Hamburg hatte im Mai 2015 sein Aktienpaket mit 41,22 Euro pro Aktie bewertet. Es ist rührend was das Hamburger Hafenblatt daraus für eine Weihnachtsgeschichte macht.
Dezember 2015
Im Dezember gibts das letzte Milliardenloch für eine Hamburger Hafenperle. Die EU zieht die Notbremse und zwingt die Eigentümer der HSH-Nordbank, Hamburg und Schleswig-Holstein zu einem zeitnahen Verkauf oder sofortige Abwicklung. Widerstandslos wird von den Parlamenten in Hamburg und Schleswig-Holstein ein Blankoscheck von 16,2 Milliarden Euro durchgewunken. Spätestens 2018 muss die HSH-Nordbank “sauber” und der Scheck eingelöst. Wie gut, dass Hamburgs Bürgerinnen und Bürger zuvor im Olympia-Referendum deutlich verantwortungsvoller über Steuergelder entschieden haben. Unser Finanzsenator Herr Tschentscher ist ein Pfundskerl: am letzten Tag des Jahres erklärt er uns noch einen Sachverhalt, der eine pure Selbstverständlichkeit ist! Damit er nicht umfällt (siehe Oktober), klatschen wir großen Beifall.
Liebe Leser, wir wünschen Ihnen für das kommende Jahr 2016 alles Gute, viel Glück und vor allen Dingen Gesundheit!