“Wird die Elbinsel Hahnöfersand Naturschutzgebiet?” fragt heute das Hamburger Abendblatt. Die außerhalb des Hamburgischen Staatsgebietes liegende Insel gehört staatsrechtlich zu Niedersachsen zum Landkreis Stade, Eigentümer der Insel ist jedoch die Freie und Hansestadt Hamburg. Warum das so ist und was die Insel mit Hamburg, dem Hafen und Elbvertiefungen zu tun hat, können Sie über die Internetseite des auf Hahnöfersand ansässigen Museums zur bekannten Justizvollzugsanstalt erahnen.
“Anfangs diente die Insel eigentlich nur als Lagerstätte für den aus dem Hamburger Hafen gebaggerten Sand. Deshalb ist noch heute die Insel etwa acht Meter höher als das Niveau des Alten Landes.” Weitere Hinweise finden wir in dem Klassiker von Dr. Johannes Saß. In seinem Taschenbuch “Die Elbe von Hamburg bis Cuxhaven” ist in der Ausgabe von 1931 auf Seite 28 über Hahnöfersand zu lesen: “Die Insel ist durch einen schmalen Elbarm, die Binnenelbe vom Hauptstrom getrennt. Nach der Eindeichung hat man fast die ganze Insel durch Baggersand aufgehöht… Auf der etwa 200 ha großen Insel befindet sich das Hamburgische Jugendgefängnis.” Woher der Baggersand zur Aufhöhung der Insel kam, ist auf Seite 59 zu finden: “In den letzten Jahren vor dem Kriege, als das Fahrwasser die letzte große Regulierung erfuhr, wurden der Elbe jährlich etwa 10 Millionen cbm Boden entnommen. Dieselbe Mege ist auch 1930 aus der Elbe herausgeschafft worden. Allein aus der Gegend der Sandbänke vor Blankenese sind schon an die 60 Mio. cbm Sand herausgebaggert worden. Das Baggergut findet Verwendung zur Aufhöhung niedriger Landstrecken am Ufer und von nicht eingedeichten Inseln. So sind das Finkenwärder Vorland, die Inseln Hahnöfersand, … aufgehöht worden.” In der Ausgabe von 1951 wird es auf Seite 50 noch etwas präziser: “Da sie 230 ha groß ist, konnte man sie nutzbar machen. Der Hamburger Senat kaufte sie 1902 von Preußen, deichte sie ein und höhte sie durch Aufspülung von 9 Millionen cbm Baggersand auf.”
Insel ist Hahnöfersand seit 1970 nicht mehr. Im Rahmen des damaligen Deichbau-Programms wurde die zum Borsteler Hafen führende Borsteler Nebenelbe durch eine feste Landverbindung des westlichen und östlichen Kaps der Insel von der Hahnöfer Nebenelbe abgedeicht.
Der nächste Umbau von Hahnöfersand erfolgte mit der Zuschüttung des Mühlenberger Lochs im Rahmen der Airbuserweiterung. Als Ausgleichsmaßnahme des immensen Verlustes an Watt- und Lebensraumflächen wurden große Teile der Insel, d.h. der West- und der Ostteil bis 2005 abgetragen: “Durch Rückverlegung der Deichlinie und Bodenabtrag wurden ca. 104 ha Süßwasserwatte und Flachwasserzonen geschaffen, die einen Großteil des Ausgleichs für den Verlust von ca. 1/5 der Gesamtfläche des Mühlenberger Lochs darstellen.” berichtet der Senat in einer Senatsmitteilung auf Seite 5. Wenige Absätze weiter: “Für die Zuschüttung einer Teilfläche des Mühlenberger Lochs wurde eine Sandmenge von ca. 11 Mio. m³ benötigt. Diese sollte im Wesentlichen durch die Abgrabungen auf Hahnöfer Sand … gedeckt werden.” So richtig funktioniert hat es mit dem Ausgleich der Lebensraumverluste im Mühlo bisher nicht. Weder in 2006 noch die im Jahre 2008 bzw. in 2010 erfolgte Erhebung zum Niedersächsisches Naturschutzgebiet haben die Verluste aufwiegen können.
Rund die Hälfte der ehemaligen Insel wird seitdem überflutet, lediglich der Mittelteil mit den Gefängnisbauten besteht noch. Die dort ansässige Justizvollzugsanstalt wurde in 1926 von dem berühmten Hamburger Oberbaudirektor Fritz Schumacher geschaffen: liest man über die Bauten der Jugendstrafanstalt, ist zu erahnen, welch positiver Hamburger Geist dort Architekt gewesen sein muss. Und dieser Schumacherbau ist aufgrund unterlassener Sanierungen nunmehr stark baufällig. Hamburg zeigt auch hier, dass es mit seinem Erbe einfach nicht umgehen kann.