HSH-Rausch

HSH-NordbankDie Hamburgische Bürgerschaft hat in Sachen HSH-Nordbank dem Senat gestern Abend einen Blankoscheck von 16,2 Milliarden Euro ausgestellt. Zum Vergleich: der Hamburger Staatshaushalt des Jahres 2015 beträgt rund 12 Mrd. Euro.

Das Abendblatt und die Welt berichten, wie diese bemerkenswerte Entscheidung des Parlamentes zu Stande gekommen ist. Der Entscheidungsvorlage des Senates samt Ergänzung ist nichts Verständliches zu entnehmen, warum diese Entscheidung “alternativlos” sein sollte. Sie erklärt auch nicht, warum die Regierungsmehrheit der Bürgerschaft freiwillig und ohne Not auf sämtliche Kontrollrechte und Präzisierungen verzichtet hat bzw. was gegen eine sofortige Abwicklung der Bank spricht!

Eine Antwort leitet sich aus dem heutigen Geheule des Verbandes deutscher Reeder (VDR)  ab. Der VDR berichetete erneut über einen erneuten Rückgang der sogenannten deutschen Handelsflotte. Sogenannt, weil nur noch ein verschwindend kleiner Bruchteil dieser vom VDR als “deutsch” bezeichneten Flotte unter deutscher Flagge mit europäischen bzw. deutschen Arbeitnehmern segelt. Im Abendblatt lesen wir dann ergänzend über die VDR- Pressemitteilung: “Sanierung der HSH Nordbank kann Lage weiter verschärfen. Die bevorstehende Sanierung der HSH Nordbank kann die Lage weiter verschärfen. Die Bank gibt 8,2 Milliarden Euro an notleidenden Schiffskrediten ab, davon zwei Milliarden Euro in den freien Markt. “Wenn nun viele Schiffe auf den Markt geworfen werden, dann werden die Preise weiter sinken”, sagte Hartmann. “Es ist zu befürchten, dass Hedgefonds in großer Zahl Schiffe zu günstigen Preisen kaufen.” Der Verband bemühe sich gemeinsam mit der Politik, Möglichkeiten zu finden, die HSH-Schiffe in Deutschland zu behalten. “Es ist schwierig, solche Modelle zu entwickeln”, sagte Hartmann. “Aber es ist im nationalen Interesse”. Jedes Schiff, das ins Ausland verkauft werde, schwäche den maritimen Standort Deutschland und koste Arbeitsplätze und Knowhow.

Na klar – für das nationale Interesse braucht man milliardenschwere Blankoschecks! Es ist unglaublich, mit welcher Chuzpe diese Reeder ihre Interessen bei unserem willfährigen Senat durchsetzen können. Wie ist das alles nur möglich?

Wir erinnern an Heide Simonis, die die Geschichte der HSH-Nordbank mit einem „Wir waren besoffen vom Erfolg“ umschrieben hat. In der Tat herrschte in dem Jahr 2003, dem Gründungsjahr der HSH Nordbank, in der Politik eine Goldrauschstimmung. Hamburg mit Schleswig-Holstein wollten es dem Rest der Welt mit dem Hamburger Hafen zeigen. Container, Schifffahrt und Hafen waren die Zauberworte.

Parallel zur HSH Nordbank-Gründung, die der „größte Schiffsfinanzierer der Welt“ werden sollte, wurden im Jahr 2004 langfristige Wachstumsraten im Containerumschlag von jährlich 6,7 Prozent auf bis zu 27,8 Millionen TEU im Jahr 2025 ermittelt (Seite 69 ff.). Mit Blick auf dieses anscheinend nie endende Wachstum wurden Mitte des vergangenen Jahrzehnts verschiedenste Planvorhaben angeschoben, unter anderem die neunte Elbvertiefung (deren Umsetzung derzeit gerichtlich überprüft wird).

Parallel wurde die Erweiterung von Terminalkapazitäten, Logistikflächen und Verkehrsanbindungen eingeleitet.

  • Anfang 2005 legte der Senat ein detailliertes fünfjähriges Hafen-Sonderinvestitionsprogramm mit einem Volumen von einer halben Milliarde Euro auf: Alle Terminalkapazitäten, die 2004 rund sieben Millionen TEU bewältigen konnten, sollten bis Ende 2009 konkret auf zwölf Millionen und in den Folgejahren bis 18 Millionen TEU erweitert werden können.
  • Zum 1. Oktober 2005 wurde die Hafenverwaltung durch Gründung der „Hamburg Port Authority“ (HPA) in Form einer rechtsfähigen Anstalt öffentlichen Rechts konzentriert – zuvor waren die verschiedenen Aufgaben zwischen dem „Amt für Strom- und Hafenbau“ sowie Wirtschafts-, Finanz- und Umweltbehörde aufgeteilt gewesen. Die bis dato in den Etatplanungen des Landeshaushalts transparente Darlegung der Hafenkosten wurde schrittweise in die verschleiernde HPA-Bilanz überführt.
  • Mit der Teil-Privatisierung der „Hamburger Hafen und Logistik AG“ (HHLA) Ende 2007 und dem Konzept „Hafen finanziert Hafen“ in 2008 wurden der HPA gewissermaßen unter Umgehung des Haushaltsrechts die Verkaufserlöse aus den HHLA-Aktien, die so genannte HHLA-Milliarde, zur Finanzierung der Infrastruktur im Hafen bereitgestellt.

Zusammengefasst: Zwischen 2004 und 2007 wurde also im Rausch, quasi „besoffen“ der Hamburger Hafen mit Milliarden von Euros vollständig umgekrempelt. Aus diesem Rausch scheint man auch jetzt nach über zehn erfolglosen Jahren nicht aufzuwachen.
Obwohl die Schifffahrt am Boden liegt und keine Perspektiven für deren Gesundung sichtbar sind, werden Blankoschecks in Milliardenhöhe ausgestellt. Vergessen wir nicht, dass Hamburg mit der Staatsreederei Hapag-Lloyd, der angeschlagenen HHLA und der hochdefizitären HPA mit weiteren Milliarde im Hafen investiert ist. Es wird höchste Zeit, dass diese “berauschten Strategen” zum Entzug geschickt werden.