Am 19. und 20. Oktober 2015 fand die 9. Nationale maritime Konferenz in Bremerhaven satt. Zwei Tage tummelten sich dort rund 800 Vertreter von Häfen, Reedereien, Werften, Schiffsmaklern, Zuliefererunternehmen, Gewerkschaften, Hochschulen und Parteien, um über die Aussichten der sogenannten Maritimen Wirtschaft auszutauschen. Einberufen wurde diese Konferenz von der Bundeskanzlerin Frau Angela Merkel.
Die Bundesregierung veröffentlichte im Vorweg zu der Konferenz den Vierten “Bericht
der Bundesregierung über die Entwicklung und Zukunftsperspektiven der maritimen Wirtschaft in Deutschland“, von einigen Kritikern als inhaltslos bezeichnet. So ganz können wir diese Einschätzung nicht teilen, werden doch viele, vor allem finanzielle Zugeständnisse an die maritime Wirtschaft gemacht.
Bereits am Montag konnten wir lesen, dass Frau Angela Merkel in ihrer Eröffnungsrede weitreichende finanzielle Mittel zugesagt hat: eine gesetzliche Neuregelung, nach der Reeder ihren Anteil an der Lohnsteuer zu 100% nicht abführen müssen sowie eine Entlastung bei den Sozialversicherungsbeiträgen für die Arbeitgeber. Am Dienstag legten Bundeswirtschaftsminister Herr Sigmar Gabriel und Bundesverkehrsminister Herr Alexander Dobrindt noch mal nach.
“So sollen die Reeder um jährlich mehr als 100 Millionen Euro unter anderem bei den Sozialversicherungsbeiträgen entlastet werden, kündigte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) auf der 9. Nationalen Maritimen Konferenz in Bremerhaven am Dienstag an. 350 Millionen Euro sollen in die Schienenanbindung der Seehäfen, rund 55 Millionen von 2016 an in die Digitalisierung der Hafenlogistik fließen.” lesen wir im Hamburger Abendblatt.
Radio Bremen veröffentlichte am 20.10.2015 um 12:00 Uhr einen Bericht zur Maritimen Konferenz (Seite 1 und Seite 2), in dem ebenfalls die Äußerungen der Herren Gabriel und Dobrindt im Fokus stehen. Hier erfahren wir dann auch, dass zu den vorgenannten Subventionen noch ganze 8 Mio € für die Umstellung auf abgasarme Schiffsantriebe hinzu kommen sollen. Herr Sigmar Gabriel hat offenbar Ausführungen zum Thema innerdeutsche Hafenkonkurrenz und nationales Hafenkonzept gemacht. Die deutschen Häfen müssten zusammenarbeiten und noch in diesem Jahr soll das von Frau Angela Merkel angekündigte Hafenkonzept vorgelegt werden, welches die Zusammenarbeit regeln solle. Aber er betont dann offenbar anschließend, dass die Weser- und die Elbvertiefung auf jeden Fall kommen müssen. Auch Herr Alexander Dobrindt hat sich zu den Flussvertiefungen geäußert. Sobald das Bundesverwaltungsgericht “grünes Licht” gibt, werden die Maßnahmen umgesetzt. “Dann wird es am Geld auf keinen Fall scheitern. Mein Ministerium hat die nötigen finanziellen Mittel sowohl für die Elbe- als auch für die Weser-Vertiefung vorgesehen.“
Diese und weitere Subventionen werden von allen drei Politikern, Frau Angela Merkel, Herr Sigmar Gabriel und Herr Alexander Dobrindt, damit begründet, dass die maritime Wirtschaft im weitestgehenden Auslegungsbereich 54 Milliarden Euro Umsatz erbringe. Leider vergessen sie zu erwähnen, wieviel Steuervolumen dahinter steckt. Denn die Reedereien profitieren neben den vorgenannten Themen auch bei der Versteuerung ihrer Umsätze durch die sog. Tonnagesteuer und sind bei den sog. Schiffserlöspools von der Versicherungssteuer befreit.
Umweltfragen und damit Ihre und unsere Zukunft und das Recht auf eine gesunde Umwelt werden mal wieder mit Füßen getreten. Elbe- und Weservertiefung müssen kommen, egal welche Umweltschäden sie bringen. Der im Verhältnis zu anderen Bereichen minimale Betrag von 8 Millionen Euro für die Förderung von abgasarmen Schiffsanträgen mutet wie ein sehr kleines Feigenblatt an. Und dann wurden während der Konferenz auch noch Absichtserklärungen mit Frankreich unterschrieben, wie die Tiefsee gemeinsam nach Rohstoffen ausgebeutet werden kann. Auch wird nicht erklärt, wer die fehlenden Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen ausgleichen soll. Nun, wer schon, Sie und wir, die wir nicht als Reeder aktiv sind.
Herr Sigmar Gabriel wird bei Radio Bremen übrigens mit der Aussage zitiert “Es geht nicht um die Frage Hamburg, Bremerhaven oder Wilhelmshaven. Es geht um die Frage, Deutsche Bucht oder Rotterdam.“Uns gruselt bei solchen Aussagen. Sie vermitteln den Eindruck, dass bei uns alles erlaubt ist, wenn wir nur die Nachbarn schlagen können.
Ach ja, alle diese (Steuer-)Geschenke reichen der maritimen Wirtschaft nicht. Auf Seite 2 des Beitrags bei Radion Bremen wird der Vorstand der Bremerhavener Lloyd-Werft, Herr Carsten Haake, mit der nächsten Forderung zitiert, der Finanzierung von Schiffsneubauten: “Wir müssen darauf drängen, dass die Bundesregierung uns dort stärker unterstützt, weil die Banken selbst sich da sehr stark zurückhalten und auch die Landesregierungen nur überschaubare Mittel zur Verfügung stellen können.” Die HSH-Nordbank lässt grüßen!