Das Regionale Bündnis gegen die Elbvertiefung (ReBügEl) und die Gesellschaft für Natur- und Umweltschutz (GNU) informierten am 29.09.2015 in einer Pressemitteilung über die aktuelle Tiefgangstatistik der großen Containerschiffe auf der Unterelbe. Wie der Artikel im Stader Tageblatt in seiner Überschrift feststellt war in 2015 genügend “Wasser unter dem Kiel” der Containerschiffe.
Die Statistiker von der Unterelbe beobachten seit einigen Jahren jedes Containerschiff mit mehr als 8.000 TEU beim Befahren der Unterelbe. So werden seit Jahren hochprofessionell taggenau nicht nur die Tiefgänge der Schiffe beim Einlaufen und Auslaufen notiert, sondern u.a. auch die Schiffslängen und -breiten, die Aufenthaltsdauer und Liegeplatz in Hamburg sowie Vor- und Anschlußhäfen. Fachmännische Berechnungen ermitteln über Rumpfform, Maße und Tiefgang die geladenen Container – und damit die Kapazitätsreserven eines jeden Schiffes.
Passend zur neuen Baggersaison, die ja nun gestern vorzeitig in Hamburg eröffnet wurde, legen die Statistiker erstaunliche Auswertungen vor.
- Die Mehrheit der Containerschiffe über 8.000 TEU befährt auch in diesem Jahr die Elbe tidenunabhängig. Es sind einlaufend 78% und auslaufend 70%.
- Die durchschnittliche Tiefgangsreserve betrug für Schiffe über 13.000 TEU beim Einlaufen 2,73 m und beim Auslaufen 1,43 m. Nur 2 Promille der Schiffe haben den maximal möglichen Tiefgang, d.h. eine Tiefgangsreserve von 0 Metern, ausgenutzt.
- Die Ladungsreserven dieser Riesen für eine Fahrt nach Hamburg, d.h. freie Containerplätze, stieg dabei erheblich an und betrug fast 4.000 TEU je Schiff einlaufend und über 2.000 TEU auslaufend.
- Die Zahl der Schiffsankünfte ist gegenüber dem Vorjahr um 6 % gestiegen und die
Schiffsgrößen haben um 6,7 % zugenommen haben. Im Jahr 2014 wurde der Hamburger Hafen bis zum 12.9. von 256 Schiffen mit mehr als 13.000 TEU angelaufen; in diesem Jahr waren es bis zum 12.9.2015 bereits 356 Schiffe dieser Größenordnung.
Wenn weniger Ladung auf mehr und breitere Schiffe verteilt wird, liegt die Erklärung für diese Tiefgangsentwicklung plausibel auf der Hand. Nun könnten allergrößte Skeptiker noch anführen, dass die Reedereien mehr Ladung für ihre Schiffe und Hamburg hätten, sich aber wegen der fehlenden Elbvertiefung nicht trauen würden. Dieser Skepsis kann man dann mit einem fast “süffisanten Pfeffersacklächeln” und dem Verweis auf die Frachtratenentwicklung samt eines simplen Hinweis auf die ökonomischen Regeln von Angebot und Nachfrage, dem Marktgleichgewicht, begegnen. Die Ladung gibt es nicht!
Derartige valide Zahlen und Statistiken haben wir bislang weder vom Senat noch der Hafenwirtschaft oder den Reedereien vorgelegt bekommen. Im Gegenteil: hier werden uns Umschlags- und Potenzialprognosen vorgelegt, die bar jeglicher Realitität sind.
Und so schließen wir uns der Meinung des Sprechers des ReBügEl’s, Herrn Walter Rademacher an: „Diese Fakten widerlegen die gebetsmühlenartige Behauptung der Hafenwirtschaft und des Senats, die Elbvertiefung wäre ‚dringend notwendig‘ – tatsächlich fehlt nicht die Tiefe, sondern die Ladung.“
Nicht genug – die Absurditäten der Baggerei führen die Kollegen in der Pressemitteilung ebenfalls an. Die Folgen der letzten Elbvertiefung haben dazu geführt, dass jährlich mittlerweile über 18 Mio. m³ Schlick aus der Elbe gebaggert werden – vor wenigen Jahren ware es noch 4 Mio. m³. Für die Schlickbeseitigung müssen wir Bürger jährlich über 100 Mio. Euro ausgeben. Weniger Ladung, dafür mehr Schlick. Das soll ökonomisch sinnvoll sein? Aber es kommt noch besser:
In der Bürgerschaft wurden heute die Senatsantworten auf eine schriftliche kleine Anfrage zur Verklappung von Hamburger Hafenschlick in der Außenwirtschaftszone AWZ, d.h. außerhalb der Hoheitsgewässer der Bundesrepublik Deutschland veröffentlicht. Beim Lesen der Senatsantwort auf Frage 3 haben wir aufgemerkt: “Die HPA bereitet sich aktuell darauf vor, in der kommenden Umlagersaison circa 7 Millionen Kubikmeter Sediment (Laderaumvolumen) aus der Delegationsstrecke und den Hafenbecken umzulagern.”
Das wären 2,5 Mio. m³ mehr auf dem Hamburger Streckenabschnitt als im Jahr 2014, für die wir Hamburgerinnen und Hamburger im letzten Jahr 66 Mio. Euro ausgegeben haben. Bei einer linearen Hochrechnung der 7 Mio. m³ auf das Jahr 2015 würden dann über 100 Mio. Euro Baggerkosten nur für die Hamburgische Delegationsstrecke zwischen Tinsdal und dem Hafen anfallen? Das wäre ein Desaster…