Kreetsand, das ist dieses wunderbare Projekt mitten in dem 2010 geschaffenen 31. Hamburger Naturschutzgebiet Auenlandschaft Norderelbe.
Dort soll ja eine eierlegende Wollmilchsau entstehen: Sowohl eine Flora-Fauna-Habitat-Ausgleichsmaßnahme für den Schierlings-Wasserfenchel im Rahmen der geplanten Elbvertiefung, als auch eine Maßnahme zur Reduzierung des Tidal-Pumping-Effektes durch Schaffung von 1 Mio. m³ Tidevolumen. Glaubt man den Planungen ist Kreetsand für Hamburg und die anstehende Elbvertiefung ein existentielles Projekt: die Kreetsand zugesprochene hafenschlickmindernde Wirkung soll einerseits die Baggerkosten deutlich reduzieren und andererseits die EU-Kommission, aber auch das Bundesverwaltungsgericht, von den Chancen auf neuen Lebensraum für den vom Aussterben bedrohten Schierlings-Wasserfenchel überzeugen.
Mit dieser von den Bauauftraggebern HPA und Senat dem Kreetsand zugesprochenen Funktionalität hätten wir für das über 63 Mio. Euro teure Projekt eine gewisse Dringlichkeit und damit Geschwindigkeit erwartet. Seit 2012 wird mitten in einem Naturschutzgebiet gebuddelt – die geplante Fertigstellung zur IBA 2013 gelang nicht. Wir fragten uns, ob sich seit unserem letzten Besuch im Jahre Winter 2014 zum Herbstbeginn 2015 etwas getan hat?
Wir radelten am 27.09.2015 vom Norden über die Peute zum Kreetsand. Wir glauben nicht, was wir sehen. Hinter dem bekannten Containerdorf sehen wir statt der erwarteten Senke für die Aufnahme des Tidevolumens schier endlose über 20 Meter hohe, teilweise dicht bewachsene Sandberge. Wird hier Sand aus anderen Hamburger Bauprojekten sorgfältig auf separaten Haufen aufgeschüttet und zwischengelagert? Aus der Ferne ist es nicht zu erkennen.
Neu sind für uns die nach Chemieanlagen aussehenden blauen Behälter und Container. Das ist nicht nur eine Tankstelle für die gelben Baufahrzeuge, die hier weiterhin zur Genüge stehen. Immer sind wieder gelbe Schilder des Tiefbauers Bunte zu sehen, bekannt von den defekten Spundwänden am Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven.
Im südlichen Teil der Fläche sieht es dann etwas mehr nach Senke aus – einen Unterschied zu unseren Bildern aus dem Winter 2014 können wir bei einem Bildervergleich aber nicht erkennen. Hier scheint die Zeit still zu stehen. Lediglich im äußersten Süden vom Kreetsand können wir eine mit der Elbe verbundenen Wasserfläche erkennen, die Ähnlichkeit mit den Planungen haben könnte. Zwei Bagger liegen auf dem Wasser.
Auf dem Weg zur IBA-Deichbude werfen wir dann auch einen Blick auf die Mündung des Kreetsand-Gewässers in die Elbe. In altbewährter HPA-Manier finden wir den Mündungsbereich mit den bekannten CUS-Schlackesteinen von der Hamburger Kupferhütte Aurubis zugepflastert. Das, was an der Alster wegen Auswaschung von giftigen Schlacke-Substanzen schon lange nicht mehr erlaubt wird, ist an der Tideelbe weiterhin als billiger Baustoff hochwillkommen. Den Wasserbauern bei HPA oder aber auch der WSD scheint es dabei egal, ob es sich um ein potentielles Habitat für den Schierlings-Wasserfenchel handelt, um eine strombautechnische Uferbefestigung am Lühe- oder Pagensand oder eine einfache Buhne.
Fazit: Die Wanderdünen auf Sylt scheinen gegenüber den Baufortschritten am Kreetsand deutlich schneller zu sein. So richtig ernst scheint dieses Projekt in Hamburg keiner zu nehmen. Wir vermuten daher, dass der Kreetsand nach dem erfolglosen Versuch anlässlich der IBA 2013 fertiggestellt zu sein, nun in neun Jahren für “Olympia 2024” erneut als Vorzeigepilotprojekt präsentiert werden wird. Unvollendet – versteht sich!