Havarien? Nee, ganz normal!

Die schriftliche kleine Anfrage in der Bürgerschaft NYKOlympus2zu den Havarien der NYK Olympus am 3. und 4.7.2015 ist vom Senat beantwortet worden. Fasst man die Senatsanworten zusammen, war das alles professionell gehändelte Tagesnormalität. Also: Leute legt Euch wieder hin, Hamburg hat die dicken Pötte samt Havarien voll im Griff.

Zu den Senatsantworten
Am 03.07.2015 war eine automatisierte Abschaltung der Hauptmaschine Ursache für das Notankermanöver. Laut Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) sollen derartige Maschinenausfälle mit anschließender Notankerung häufiger vorkommen. Die Einstufung der Havarie durch die BSU als “einfachen” Seeunfall ist nach §1a Nummer 1b SUG sicherlich richtig. “Ein ganz normaler Vorgang”, der eben häufiger vorkommt. Aufgrund dieser scheinbaren Normalität brauchen die Hamburger und Bundesbehörden nicht mal mehr Informationen austauschen: “Hierzu wurden der zuständigen Behörde von den Bundesbehörden keine Informationen übermittelt” lesen wir in den Antworten immer wieder.

Ach ja, entgegen aller Erwartungen gibt es auch keine Notfallpläne für Havarien großer Schiffe an der Unterelbe. In Hamburg ordnet man als Senat einfach an: “Im Hamburger Hafen werden keine risikobehafteten Drehmanöver durchgeführt. Notfällen wird im Hamburger Hafen immer im Rahmen von Einzelfallentscheidungen begegnet“. Basta! Für normale Vorgänge braucht man zudem keinen Plan – situative Entscheidungen reichen.

Am 04.07.2015 war das keine Havarie, sondern ein ganz normales Stoppmanöver, das von der Revierzentrale Brunsbüttel angewiesen wurde. Warum diese Anweisung erteilt wurde? Kein Sterbenswörtchen wird drüber verloren – das ist im Hafen eben ganz normal, dass erteilte Auslaufgenehmigungen nach zwei Stunden revidiert werden.

Wir sind sprachlos, wie man mit diesem Thema in Hamburg und beim Bund umgeht. Aus der Beinah-Katastrophe der Atlantic Cartier am 1. Mai 2013 haben die Verantwortlichen nichts gelernt. Zur damaligen Risikolage samt Gefahrgut an Bord und deren Aufarbeitung verweisen wir erneut dringend auf den Artikel der Zeit.

Die NYK Olympus hatte, wie man der Anlage zur Anfrage entnehmen kann, genügend brennbares, explosives und giftiges Gefahrgut an Bord. Wir wissen:

  • Hamburg wird frühestens in 2017 über ein für derartige Notfälle geeignetes Feuerlöschboot verfügen. Das ist nicht erst seit dem 1. Mai 2013 bekannt.
  • Obwohl laut Senatsantwort die Havarie bereits um 20:53 Uhr bekannt gewesen sein soll, war nach einer halben Stunde am Havarieort vor Grünendeich kein Schlepper zu sehen. Die ersten Schlepper waren um 23:30 Uhr vor Ort.
  • Der einzige der vor Ort war, war die Waschpo. Wie man im Film erkennen kann, begann der Blaulichteinsatz erst 9:06 Minuten nach Filmstart (21:10:50 Uhr). Der Einsatz begann somit um 21:19:56 Uhr. 24 Minuten nach der ersten Kenntnisnahme durch die Waschpo gemäß Senatsantwort begann also erst der Einsatz.

Also, so normal kann das alles nicht gewesen zu sein. Die Polizei, die vor Ort war, hat vermutlich keine Infos und Weisungen bekommen. Und das, obwohl sie doch trotz Unterelbevertrag für die Sicherheit auf der gesamten Unterelbe zuständig ist. Viel hätten die Polizisten nicht regeln können, aber die riskante Durchfahrt der “Reinbek” zu stoppen wäre ein Job gewesen. Wer soll es denn sonst sein?
Von Normalität kann also überhaupt keine Rede sein. Trotzdem berichtet unser Täglicher Senatsbericht THB über einen lobenden Senat? Pfui, daibel mag man da sagen – zumal wenn dieser THB-Artikel google-offen ist. Insider der Szene kennen diese verwerfliche Art der Medienpolitik für Interessen Dritter…

Fazit:
Nicht, dass wir jetzt falsch verstanden werden: wir wünschen uns eine derartige Havarie nicht. Auch wollen wir diese nicht herbeireden.

Es wäre auch falsch, dass wir dieses Risiko erst nach der Havarie der NYK Olympus thematisieren. Nein, diese Situation ist seit über einem Jahrzehnt bekannt und gilt als eine der wesentlichen, offensiv kommunizierten Argumente der Menschen, die sich kritisch mit den Planungen zur aktuellen Elbvertiefung beschäftigen. Und das sind insbesondere auch Menschen, die sich z. B. als Beschäftigte der Maritimen Wirtschaft mit diesem Thema langjährig beruflich auseinandergesetzt haben.