Das gestrige Urteil des EuGH zum Aktenzeichen C-461/13 wurde rege in den Medien und der Öffentlichkeit diskutiert. Wir konnten in den Medien und der Politik unmittelbar nach der Bekanntgabe des Urteils eine Art von Schockstarre beobachten.
In den Nachmittagsstunden wurde in den Redaktionen nach Erläuterungen gesucht. Das Abendblatt hat sich in besonderer Weise hervorgetan: es wurde ein Experte zitiert, der mutigen Lesern des trockenen Urteilstextes die Worte im Munde umdrehte. Der NDR sendete heute morgen ein Interview mit diesem Experten, Herrn Prof. Dr. Michael Reinhardt. Wir sind eine verwaltungsjuristische Laienspielschar: wir finden die Aussagen des Experten im Text des Urteiles partout nicht wieder.
Aber was sagen nun die Verbände und der Senat der Stadt Hamburg?
Hamburger Senat: In der Welt finden wir Worte von unserem Wirtschaftssenator, Herrn Frank Horch. “Ich bin heute sehr zuversichtlich, dass wir das Projekt umsetzen können. Das übergeordnete öffentliche Interesse an der Erweiterung der Fahrrinne steht weiterhin außer Zweifel. Denn Hamburg ist Deutschlands wichtigster Seehafen.” Das klingt wie die ewige Gebetsmühle aus dem Hamburger Rathaus. Unser neuer, grüner Umweltsenator Herr Jens Kerstan wird gestern noch vom Abendblatt auf die Frage, wann die Entscheidung in Leipzig getroffen wird mit den Worten zitiert: “Die Hoffnung ist, dass das in diesem Jahr noch passiert.” Für einen grünen Senator klingt das befremdlich. Heute morgen klingt das anders: “Die Planungen der Stadt müssen überarbeitet werden.” hören wir auf NDR-Info. Klingt zunächst plausibel – aber “grün” und einvernehmlich klingt das alles nicht wirklich. Der Senat samt Bürgermeister wirken überrumpelt. Ein Statement vom Ersten Bürgermeister Herrn Olaf Scholz steht weiterhin aus.
Verbände: Das in Sachen Elbvertiefung klagende Bündnis der drei Verbände BUND, NABU und WWF mit dem Namen Lebendige Tideelbe hatte heute zu einer Pressekonferenz unter dem Titel “Zukunft der Elbe nach dem Urteil des EuGH” in die Patriotische Gesellschaft eingeladen. Einen weiteren Bericht gibt es dazu auf NDR 90,3. Mit Recht kann man eine gewisse Genugtuung verspüren. Mit dem Urteil wurden für die nationale Politik, Gesellschaft und Wirtschaft anscheinend völlig neue Welten aufgeschlossen: der Schutz der Gewässer ist kein Gedöns. Im Gegenteil, wir müssen deren “Gesundheit” aus eigenem menschlichem Interesse ernst nehmen. Wir müssen sie im Grundsatz sogar über die bislang sakrosankten wirtschaftlichen Interessen stellen. Das klingt sehr “grün”. Herr Kerstan wurde aber um 13:00 Uhr nicht in der Patriotischen Gesellschaft gesehen, schade.
Wir teilen die Einschätzung der Verbände. Nicht nur für die Weser- und Elbvertiefung wird dieses Urteil Auswirkungen haben. Auch für die Hamburger Klassiker, das Hafenprojekt Westerweiterung, das Kühlwasser vom Kraftwerk Moorburg, die Zuschüttung von Hafenbecken am Spree- und Travehafen, die Olympiaplanungen e.t.c. werden mehr Umweltbewusstsein in den Planungen erfordern. Dafür danken wir den klagenden Verbänden.
Ein Aber gibt es aber auch. Es werden jetzt verschärft Verhandlungen zwischen der Stadt Hamburg und den Verbänden stattfinden (müssen). Die sind grundsätzlich gut, und die begrüßen wir.Hinterzimmerpolitik schätzen aber wir nicht. Wir verachten sie.
Bitte nehmt Euer engagiertes Volk mit. Versteht es richtig: einen Masterplan Ems, einen Windpark Nordergründe oder einen Flughafen Blankensee wollen wir einfach nicht. Gute Ergebnisse schätzen wir deutlich anders ein. Wir wollen weiterhin auch die Helgoländer Düne betreten oder unsere Elbe erleben dürfen.
Wir wollen die Betroffenen und Sachkundigen im Boot wissen. Mit Geld und Stiftungen lässt sich dieses nachweislich nicht lösen. Geheimniskrämerei wie im aktuellen Falle der A26 samt der sich anschließenden Planung um die Vollhöfner Weiden in Altenwerder West sind dabei gänzlich unaktzeptabel – ein absolutes NO GO!
Wir wünschen Euch und Ihnen bei dieser schweren, aber lösbaren Aufgabe ein “Gutes Gelingen”!