Nach der auf der vorangegangen Seite beschriebenen Freihafengründung und der Integration ins Deutsche Reich im Jahre 1888 setzte der Hamburger Senat in den Folgejahren die Reichsregierung erneut mit Hamburger Sonderwünschen zum Hafen unter Druck.
Die hamburgischen Hafeninteressen wurden dabei in nationalstaatliche Interessen umformuliert: Der Hamburger Hafen sei wichtig für die nationale Entwicklung des Reiches und bedürfe dessen großer Unterstützung. Das Reich dürfe aber trotz Unterstützung keinen Einfluss auf die Gestaltung des Hafens nehmen: es ging hierbei um die Verantwortung für die Wasserflächen auf Hamburger Gebiet.
Das Deutsche Reich versuchte nach dem 1. Weltkrieg aus § 97 der Weimarer Verfassung eine einheitliche Verkehrs-Infrastruktur für die deutschen Küsten, Flüsse und Kanäle zu schaffen. Dieses sollte durch die Zentralisierung der Verwaltung auf das Deutsche Reich geschehen. Auf den deutschen Wasserstraßen sollten u.a. gleiche Verkehrsregeln gelten.
Diese Zentralisierung gelang am 29.07.1921 durch den Abschluss eines Staatsvertrages betreffend den Übergang der Wasserstraßen von den Ländern auf das Reich.
In einem Zusatzvertrag[1] handelte Hamburg dem Deutschen Reich die ausschließliche Hoheit über die im Hamburger Staatsgebiet verlaufende Elbe, die sogenannte Delegationsstrecke, ab. Hamburg konnte damit eigenverantwortlich die Tiefe und den Verlauf der Elbe auf eigenem Gebiet festlegen und erhielt dafür noch erhebliche und regelmäßige Ausgleichszahlungen. Die “Alte Süderelbe” war für Hamburg unbedeutend und blieb bis 1963 Reichs- bzw. Bundeswasserstraße (s.u.).
Bis heute ist dieser Vertrag das rechtliche Fundament für die verkehrstechnische Gestaltung der Wasserflächen in den Hafenbecken. Auch die Finanzierung ist unverändert: Hamburg erhält vom Bund eine jährliche “Zuweisung für Seehäfen” in Höhe von 21.000.000 Euro [2]
Der Nachtrag aus 1921 ermöglicht es Hamburg, das Gebiet des Hamburger Hafens vom Anleger in Blankenese bis zu den Hafenbecken der Containerterminals rund einen Meter tiefer als die übrige Unterelbe zu halten. Die Containerschiffe können sich somit tideunabhängig im Hamburger Hafen bewegen. “Die heutigen Solltiefen gliedern sich in einen rd. 65 km langen „Sockelbereich“ zwischen km 648 (Lühesand) und km 713,2 (Otterndorf), dessen Fahrrinnentiefe NN -15,80 m bzw. NN -16,00 m beträgt, und zwei Rampenbereiche, stromauf des Sockels bis in den Köhlbrand bzw. die Norderelbe und stromab des Sockels bis Scharhörn (km 748). Im Hamburger Bereich beträgt die Tiefe NN -16,70 m bis km 632 (Anleger Blankenese) und steigt dann kontinuierlich bis zum Beginn des Sockels auf NN -15,80 m an. Die stromab liegende Rampenstrecke fällt gleichmäßig von NN -16,00 m auf NN -16,98 m bei Scharhörn ab.” [3]
Der Staatsvertrag über die Reichswasserstraßen samt des Hamburger Nachtrages wurde im Jahre 1951 in das “Gesetz über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundeswasserstraßen” in § 1 als Bestandteil eines Bundesgesetzes übernommen und ist unverändert gültig.
[1] Staatsvertrag betreffend den Übergang der Wasserstraßen von den Ländern auf das Reich mit Nachtrag, hier Anlage Zusatzvertrag mit Hamburg (WaStrÜbgVtrGNtrag).
[2] Hamburgische Bürgerschaft, Schriftliche kleine Anfrage “Der Zusatzvertrag mit Hamburg zum „Staatsvertrag betreffend den Übergang der Wasserstraßen von den Ländern auf das Reich“ aus dem Jahre 1921“, Drucksache 20/7163.
[3] Projektbüro Fahrrinnenanpassung, “Fahrrinnenanpassung Unter- und Außenelbe“, Seite 6, die den Text verdeutlichende Graphik auf S. 7 unten, Hamburg 2007
[4] Deutscher Bundestag, “Entwurf eines Gesetzes über den Übergang des zur Bundeswasserstraße Elbe gehörigen Nebenarms „Alte Süderelbe” auf die Freie
und Hansestadt Hamburg”, Drucksache IV/1593, hier die Anlagen Karte und Text des Staatsvertrages.