Die Welt betitelte in der Wochenend-Ausgabe einen Artikel mit “Hamburgs große Lüge” und beschreibt die Entwicklung der Containerschifffahrt mit besonderen Blick auf Hamburg, deren eingeschränkten Befahrensmöglichkeiten auf der Elbe sowie den Grenzen des Hamburger Hafens.
Natürlich geht es um die ganz besonders großen Containerschiffe, wie z.B. die CSCL Globe. Der Autor stellt dar, vor welchen Schwierigkeiten diese Riesenschiffe stehen, wenn sie die Elbe befahren wollen. Nicht der Tiefgang sei das Problem, sondern die Breite der Schiffe. Mit Statements von Reedereien wird plausibel abgeleitet, dass die vom Senat geplante 9. Elbvertiefung keine Linderung bringen wird: “Die Elbvertiefung ist keine Antwort auf die Herausforderungen für den Hamburger Hafen”, sagt China-Shipping-Chef Harnack. Sie könne nur einen geringen Beitrag leisten. “Die Begegnungsproblematik auf einem Großteil der Flussstrecke, andere nautische Einschränkungen und die infrastrukturellen Schwachstellen bleiben.”
Infrastrukturelle Schwachstellen soll es im Prachthafen Hamburg geben, fragen wir uns? Na ja, schon, da wären die immensen Verkehrsprobleme, die zu engen Drehkreise am Parkhafen sowie Inneren Hafen und die fehlenden Begegnungstellen auf der Elbe. Nein, das ist nicht alles. Wir lernen hinzu: “Andere Schiffe, die gerade im Hafen entladen werden, leiden unter den Besuchern: Wenn eines der Riesenschiffe vorbeikommt, müssen die Containerbrücken hochgeklappt werden. Denn deren Ausleger ragen etwa im Waltershofer Hafen zu weit in das Hafenbecken hinein, die 19.000-TEU-Schiffe passen nicht zwischen ihnen hindurch. Für Reedereien, deren Schiffe in der Zeit schon an den Kaimauern liegen, heißt das: Zwei Stunden Arbeitszeit an ihrem Frachter gehen verloren. Wer das bezahlt, darüber diskutieren die Beteiligten gerade.”
Dazu kommt, dass nur zwei Terminals überhaupt diese Schiffsgrößen aufnehmen können, der Containerterminal Burchardkai (CTB) der HHLA und der Containerterminal Hamburg (CTH) der Eurogate. An das modernste Terminal Altenwerder (CTA) kommen die Riesen nicht, weil die Köhlbrandbrücke mangels Höhe die Durchfahrt versperrt.
Weiterhin erfahren wir in dem Artikel: “Schlepper mussten die “CSCL Globe” an die Kaimauer drücken, so heftig blies der Wind auf die Container an Bord: Die Schiffswand eines solchen Riesen wirkt dann wie ein großes Segel. Der Kapitän bestand auf Hilfeleistung. Ab Windstärke sechs aufwärts darf die Elbe mit Großschiffen ohnehin nur eingeschränkt befahren werden. Bei Sturm, Eis oder Nebel ist die Gefahr zu groß, dass die Stahlriesen aus der Fahrrinne herausgedrückt werden. Diese Einschränkungen gelten für Schiffe ab 330 Meter Länge – die neuen Riesen sind aber 400 Meter lang.”
In einem Beitrag auf Deutschlandradio Kultur am 13.01.2015 befasst sich die Autorin Astrid Handwerk unter dem Titel “Alles im Lot auf’m Boot?” umfassend mit dem Thema Großcontainerschifffahrt. Ausgehend vom Anlauf der “CSCL Globe” beleuchtet sie unterschiedliche Aspekte: Entwicklung der Frachtraten, Entwicklung der Containerschiffsgrößen, Auswirkungen auf die Hafeninfrastruktur bzw. den Abtransport der Container aus den Häfen, Arbeit auf einem Containerterminal, Arbeitsbedingungen der Seeleute, Konzetrationsprozesse durch Allianzen und deren Auswirkungen… Schon in diesem Beitrag wird in Zusammenhang mit dem großen Aufkommen an Containerbewegungen bei nur einem Schiffsanlauf eingegangen. Über die “Alexander von Humboldt” sagt sie, dass innerhalb von 36 Stunden 6.500 Container ent- und beladen werden müssen. Das führt zu einer extremen Belastung im Straßenverkehr, die LKW kommen kaum von den Terminals weg.
Viele Mitstreiter und wir reden und schreiben ebenfalls darüber, dass Hamburg diese Mega-Containerriesen nicht verträgt: Hamburg braucht ein alternatives Konzept für seinen Hafen. Die Elbe kann nicht unendlich verbreitert werden, Ebbe und Flut würden sich nur über ein Sperrwerk ausschalten lassen, der Wind wird sich nicht auf einen Zeitplan für Mega-Containerschiffe einstellen lassen, die Hafenbecken samt Suprastruktur können nicht unendlich vergrößert werden. Die Grenzen für Hamburg sind auch ohne die geplante 9. Elbvertiefung bereits jetzt erreicht. In der Unterschlagung dieser Grenzen durch die Akteure in Politik und Hafenwirtschaft liegt die große Lüge, die in Hamburg über die Möglichkeiten des Stadthafens verbreitet wird.