Wenn auf “Schönwetter gemacht” wird, soll über einen Sachverhalt mit heuchlerischer Harmonieverpackung ein bestimmter Eindruck erweckt werden. So werden wir den Eindruck nicht los, dass die Medien seit der Bürgerschaftswahl versuchen, den Knackpunkt Elbvertiefung in den Koalitionsverhandlungen durch die Verbreitung von besonders positiv erscheinenden Nachrichten um den Hafen und die Schifffahrt zu entschärfen.
Der Abendblatt-Artikel “Reeder: “Die Schifffahrtskrise geht zu Ende” scheint hierfür ein Musterbeispiel zu sein. Da darf am 25.02. ein vermeintlich krisenerprobter Experte zur Auftragslage von Panmax-Schiffen referieren, über die der Branchendienst Alphaliner 14 Tage zuvor berichtet hatte. Garniert mit lauter netten Artikeln über “erfolgreiche” HSH-Nordbank Aktivitäten, der Verschrottung von kleinen Feedern und parkenden Tankernkapazitäten zur Ölpreismanipulation folgt das wahrlich fundierte Statement “Die Schifffahrtskrise geht zu Ende“.
Unterschlagen wird uns vom Experten und dem Redakteur die unterirdisch anmutende Entwicklung der maßgeblichen Transportraten für Container und Massengüter wie Erzen, Erdöl, Nahrungsmitteln und Kohle. Insbesondere die Preise dieser Massengüter, die die Grundlage für die Produktion von Gütern wie Stahl, Treibstoffen, Nahrungsmitteln und auch Energie sind, haben nach nahezu unumstrittener wirtschaftswissenschaftlicher Auffassung einen engen Zusammenhang zu den Transportraten für diese Güter in der Schifffahrt. Brummt die Wirtschaft, werden Rohstoffe in Form von Massengütern auf den Märkten nachgefragt. Die Preise für die Rohstoffe steigen – ebenso die Preise für die Transportkapazitäten von Schiffen, mit denen die Rohstoffe von den Abbauländern in die Produktionsländer transportiert werden sollen.
Diese Entwicklung der Frachtraten wird sehr genau gemessen. Man misst diese über Indizes, ganz genauso wie man das bei den Aktienpreisen über den deutschen Index DAX oder die internationalen Indizes Dow-Jones für die USA oder den Nikkei in Japan misst.
Die Transport-Börsen stellen dabei Indizes verschiedenster Art auf. Als die Wesentlichen gelten dabei der Baltic-Dry-Index für Massengüter (BDIY) und der Shanghai Containerized Freight Index (SCFI) für den Transport von Containern von China auf den Liniendiensten der großen Containerreedereien.
Wenn die Schifffahrtskrise nach Meinung des o.a. Expertens nun zu Ende gehen würde, sollte man meinen, dass zumindest der Baltic-Dry-Index für Massengüter, der als Frühindikator für wirtschaftliche Änderungen gilt, einen Aufwärtstrend erkennen lassen würde. Und wenn dieser Index keine Aussage zulässt, dann doch zumindest der SCFI für den Containerverkehr.
Der BDIY befindet sich derzeit auf seinem historischen Tiefstand! Der SCFI ist nicht sehr weit entfernt. Wie kann man da von “Die Schifffahrtskrise geht zu Ende“ berichten? Einzige Erklärung: der vom Abendblatt interviewte Mann muss einfach genial sein – er hat es im Blut, im Gefühl, im…? Wir wissen leider nicht, über was er verfügt.
Wir von Hamburg für die Elbe halten es lieber mit Volker Pispers, der für Kaffeesatzleser, Wirtschaftsauguren, Investmentbanker und Analysten seit vielen Jahren wenig Sympathie aufbringt. Im Sinne von Volker Pispers ist der o.a. Experte, der im Abendblatt mit absurden Prognosen aufwartet, ein “Schön-Wetter-Macher” oder einfach nur ein “Anal-lyst”.