Die HHLA hat vor wenigen Tagen bekannt gegeben, dass ihre Bahntochtergesellschaft METRANS ein neues Containerterminal in der nordtschechischen Elbstadt Usti nad Labem (Aussig) in Betrieb genommen hat. Das Terminal liegt an der parallel zur Elbe verlaufenden Bahnstrecke zwischen Dresden und Prag und ist damit trimodal, d.h. es kann Container von Bahn, Lkw aber auch Binnenschiffen umschlagen. Nach eigenen Angaben hat das neue Terminal bis zu sechs tägliche Zuganbindungen an den Hamburger Hafen und soll Zeitvorteile für Ladung für die Regionen Nordböhmen und Südostsachsen erbringen. Hamburg scheint mit dem neuen Terminal “sein Hinterland” besser an seinen Hafen anbinden zu wollen. Das will aber nicht nur Hamburg…!
Kurz vor Weihnachten 2014 fand unbeobachtet von den Medien in Belgrad ein hochkarätiger politischer Gipfel zwischen den Regierungschefs von 16 Ländern Ost- und Südosteuropas mit dem chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang statt. Auf diesem Gipfel ging es vorrangig um chinesische Investitionen in die südosteuropäische Infrastruktur für die Eisenbahnverbindungen von Griechenland bis hin in die tschechische Republik. Kernstück ist dabei der Ausbau der Schienenverbindung zwischen dem serbischen Belgrad und dem ungarischen Budapest bis 2017. Über diese Verbindung soll der griechische Hafen Piräus, der in großen Teilen von der chinesischen Staatsreederei COSCO gepachtet worden ist, an die europäischen Eisenbahnnetze angeschlossen werden.
Erinnern Sie noch in Sachen Stuttgart21 die von Seiten der EU angeführte Magistrale Paris-Bratislava/Budapest, die bis 2019 fertiggestellt sein soll? An genau diese Magistrale soll Piräus mit dem chinesischen Milliardeninvestment auf dem Balkan angeschlossen werden. Alles mit dem Wohlwollen der EU!
Das Alles wirkt sehr konstruiert und weit hergeholt könnte man meinen…
So gehen wir auf die Internetseiten der HHLA-Tochter Metrans und betrachten die im Kopf der Internetseite und und unten abgebildete Karte mit dem Logistiknetz der Metrans . Wir erkennen, dass viele der dicken grünen Pfeile genau diese Orte (Wien, Budapest, Bratislava) an der EU-Magistrale bedienen und Metrans hier sogar in allen drei Ländern über eigene Terminals und Verbindungen verfügt.
Ein weiterer Blick auf die Karte zeigt, dass Piräus nicht wesentlich entfernter von diesen Orten liegt, als Hamburg. Die zurückzulegende Eisenbahnstrecke ist nahezu gleich lang. So erscheint es vorstellbar, dass die COSCO-Containerschiffe in naher Zukunft vermehrt Piräus anlaufen, ihre für Osteuropa bestimmte Ladung bereits dort auf die Bahn umschlagen und nicht mehr auf den langen Weg nach Hamburg mitnehmen werden. Der Transportweg und die -zeit für Ladung von und nach Osteuropa würde sich um die Seestrecke durch das westliche Mittelmeer über den Englischen Kanal in die Elbe deutlich verkürzen können.
Damit es richtig verstanden wird: COSCO wird weiterhin Hamburg anlaufen müssen. China pflegt ja nicht nur Handelsbeziehungen zu Südosteuropa, sondern auch zu Skandinavien, Nordosteuropa und Norddeutschland. Diese Ladung wird weiterhin über den Hamburger Hafen umgeschlagen werden.
Wie hoch die Anteile von COSCO am gesamten Hamburger Umschlag sind, wissen wir nicht. Aber wir gehen davon aus, dass Piräus und die neuen Eisenbahnstrecken einen Einfluss auf die chinesischen Umschlagsmengen in unserem Hafen haben werden: rund ein Drittel der in Hamburg umgeschlagenen Container stammen aus dem Seeverkehr mit China. Die Angaben der Planer der Elbvertiefung zu den über Hamburg umgeschlagenen Ladungsanteilen für die Hinterlandregion Südosteuropa wird mit rund einem Drittel
angegeben. Interessanterweise wird auch im neuen Fahrplan der Allianz Ocean Three, der in Kürze in Kraft treten soll, als neuer Anlaufpunkt der Hafen von Piräus angeboten. Alles zusammen scheinen sich für Hamburg erhebliche Umschlagseinbußen in den nächsten Jahren zu ergeben.
Diese potentiellen Ladungsverschiebungen haben allesamt nichts mit der bislang ausgebliebenen Elbvertiefung zu tun. Die Elbe könnte noch so viel ausgebaggert werden: der zeitliche Vorteil von Piräus im Chinaverkehr wird für das bislang ausschließlich von Hamburg beanspruchte Hinterlandgebiet “Südosteuropa” uneinholbar sein. Es scheint, dass die eh schon kurzen Beine der von Hamburg anläßlich der Elbvertiefungsplanung angestellten Umschlagsprognosen noch mal ein Stück “kürzer” werden!