Erinnern Sie die Versprechungen unseres designierten EU-Kommissionspräsidenten Herrn Jean-Claude Juncker anlässlich seiner bevorstehenden Wahl? Ein 300 Mrd. Euro schweres Investitionspaket in die europäische Infrastruktur sollte es werden – vor Weihnachten würden die Inhalte bereits festgelegt sein. Zwischenzeitlich durften wir lesen, was von den 300 Mrd. Euro übrig geblieben ist. Von Investitionshebeln wird mittlerweile gesprochen, d.h. mit 20 Mrd. Staatsknete werden Bürgschaften für private Investitionen i.H. von 300 Mrd. Euro ausgesprochen. Derartige Hebel und wie man mit diesen Hebeln vieles Unangenehme gut verschleiern kann, war uns bisher nur aus dem Kreis der viel geschmähten Investmentbanker bekannt geworden, oder?
Wie funktioniert so etwas? Will ein privater Investor eine Autobahn, z.B. eine Flussquerung, vielleicht unter der Elbe zwischen Glückstadt und Drochtersen bauen, macht er eine Kalkulation über 25 Jahre. In dieser seiner Kalkulation plant er einen Rückfluss seines investierten Geldes samt Gewinn für diesen Zeitraum von 25 Jahren. Die Rückflüsse will unser Investor z.B. über eine Beteiligung an den Mauteinnahmen des Bundes erzielen.
Entsprechen die gesammelten Rückflüsse aus den Mauteinnahmen nun der Kalkulation des Investors wäre alles in Ordnung. Sind sie aber geringer, weil die kostenpflichtige Fahrt über die Elbquerung zwischen Drochtersen und Glückstadt nicht angenommen wird und die Menschen lieber den kostenfreien Elbtunnel bei Hamburg nutzen, würde nun Herr Juncker mit seinen Bürgschaften einspringen. Er würde den Verlust samt entgangenem Gewinn ausgleichen. Alles ganz einfach! Und da ja vorab jedes Infra-Strukturprojekt auf Herz und Nieren überprüft wird, kann nicht viel passieren. Ehrensache!
Na und nun rennen die nationalen EU-Regierungen los und suchen Projekte im eigenen Lande, die bereits derart durchgeplant sind, dass man diese Projekte Herrn Juncker und seiner Kommission zur Berücksichtigung vorlegen kann. Das hätte in den Zeiten der Schuldenbremsen nämlich noch einen positiven Nebeneffekt: der eigene Haushalt würde durch diese Baumaßnahmen nicht belastet werden. Die Investitionen zahlt ja komplett der private Investor. Na gut, die im Beispiel angeführte Maut müssten schon die Bürger bezahlen. Und etwaige Ausfälle in 25 Jahren… – wissen Sie noch wer vor 25 Jahren Bundesverkehrsminister in Deutschland geschweige denn EU-Kommissionspräsident gewesen ist?
Nun versetzen wir uns in die Rolle des deutschen Bundesverkehrsministers, der sich in bewährter Manier insbesondere gute Gedanken zu Norddeutschland macht. Da würden uns zumindest aus Berliner Sicht ein paar sehr unangenehme Infrastruktur-Projekte einfallen. Beispielhaft führen wir neben der o.a. A20 die Elbvertiefung an:
Hier hat der Bundesverkehrsminister eine richtig fiese Leiche im Keller, die er und seine Vorgänger bereits mehrfach drehen mussten. In 2005 hatte man die Elbvertiefung mit 248 Mio. Euro geplant. Im Haushalt 2015 sind aber nicht einmal 20 Mio. Euro angesetzt. Wenn die Elbvertiefung nun in 2015 wirklich kommen würde, müsste der Minister die damaligen 248 Mio. Euro Baukosten mit Kostensätzen aus 2015 bewerten: nahezu 500 Mio. Euro wären das. Das wäre für eine Bundesregierung, die schwarze Nullen schätzt, ein Drama. Die Lösung für den Bundesverkehrsminister: der Juncker Hebel!
Die Elbvertiefung ist, wie die A20, durchgeplant. Die Vertiefung ist so etwas von durchgestylt, das gibt es gar nicht mehr. Allein über 2.500 Seiten Papier wurden für den Planfeststellungsbeschluss zusammengeschrieben. Also, ab nach Brüssel, mit der A20 gemeinsam vorschlagen! Können Sie sich jetzt auch ein lautes “Basta” vorstellen?
Liebe Leser, es ist Weihnachtsmärchenzeit.
Diese Art der Märchen wollen wir nicht stören, sondern genießen! Aber unsere Politik scheint das anders zu sehen. Das o.a. Hebel-Märchen um die Elbvertiefung und die A20 scheint Wirklichkeit zu werden. Am heutigen Tage haben zwei Politiker in einer Pressemitteilung dieses kundgetan. Ja, es sind “nur” Oppositionspolitiker. Aber haben Sie von einer Landes- oder Bundesregierung jemals etwas Wahres, also keine Märchen, gehört?
Wir denken an die die Diskussion zur Schiffsmaut vor wenigen Tagen. Die Reederei- und Hafenwirtschaft hatte dabei dem Bundesverkehrsministerium eine klare Position zur Schiffsmaut auf Weser und Elbe abgerungen: “In den Küstengewässern ist die Schifffahrt gebührenfrei. Dies entspricht auch unserer Haltung für die seewärtigen Zufahrten, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden“, teilte laut Abendblatt das Ministerium mit. Nun dürfen wir gespannt sein, wie dieses “Weihnachtsmärchen” aufgelöst wird. Schiffsmaut? Ja oder Nein? Oder gibt es noch absurdere staatliche Kostruktionen wie man einem privaten Investor von seiner Unternehmerlast, dem Gewinnstreben, befreien kann?
Einer, entweder die Opposition oder die Regierung, scheint zu tüddeln. Wir ahnen schon wer hier gewaltig tüddelt – Sie auch?