Die Insolvenz der koreanischen Containerreederei Hanjin scheint große Auswirkungen auf Hamburg und seinen Hafen zu haben. Vor knapp einer Woche war in der Morgenpost zum Vermittlungsansinnen unseres Wirtschaftssenators Horch in Sachen der festsitzenden “Hanjin Europe” zu lesen: “Es gehe aber nicht darum, der insolventen Reederei Hanjin aus Südkorea Kosten zu erlassen, hieß es aus der Wirtschaftsbehörde. Aber Hamburg habe großes Interesse daran, die 200 Arbeitsplätze von Hanjin in Hamburg (HafenCity) zu retten – da sei man gern bereit zu helfen.”
Die freundlich anmutende Nachricht klingt aber heute schon etwas anders. Da lesen wir im Hamburger Abendblatt “Wird Hamburg sicherer Hafen für Pleite-Reederei?” und fragen uns, welche Motivation unsere Stadt haben könnte, als sicherer Hafen für einen Insolvenzkandidaten aufzutreten. Man ahnt nach dem Lesen des Manager-Magazins ja schon irgendwie, dass es dabei nicht um die o.a. 200 Arbeitsplätze gehen kann, sondern viel größere Dinge im Raum liegen.
Eine mögliche Antwort ist in einer aktuellen, gut recherchierten Analyse der NORD/LB (Norddeutsche Landesbank) zur Hanjin Insolvenz zu lesen. In “Hanjin auf Grund gelaufen” erfahren wir sehr viel über die Reederei, ihre Schiffe und eben die Verknüpfungen der Reederei nach Hamburg. So lesen wir auf Seite 4, dass die Insolvenz insbesondere den Chartermarkt belastet. Rund 77% der 59 von Hanjin gecharterten Schiffe seien von lediglich fünf Unternehmen verchartert worden. Unter diesen TOP 5 der Hanjin-Charter befinden sich allein zwei in Hamburg und Umgebung ansässige Unternehmen: Peter Döhle mit 19% und die NSB mit 12% Anteil. Ein weiteres Unternehmen, die ebenfalls in Hamburg ansässige Rickmers Reederei stellt immerhin noch knapp 4%. Würde man daumenmäßig mit einem durchschnittlichen Anschaffungswert pro Schiff von rund 100 Mio. Euro rechnen und berücksichtigen, dass mindestens ein Drittel der Hanjin-Charterflotte von den o.a. Hamburger Unternehmen verchartert wurden, ergäbe sich ein Betrag von knapp 2 Milliarden Euro, der durch die Hanjin-Insolvenz ausfallgefährdet sein könnte. Und welche Bank wird diese Schiffe wohl finanziert haben? Wir wissen es nicht – aber es ist sehr leicht vorstellbar, dass die HSH-Nordbank mit bedeutenden Anteilen an der Finanzierung dieses von Hanjin gecharterten Schiffsportfolios beteiligt ist.
Und so schließt sich der Kreis: 200 Arbeitsplätze um den Hafen interessieren unseren Senat nur wenig – die von der Schließung des BUSS Hansa-Terminal betroffenen 200 Mitarbeiter warten schließlich seit Sommer 2015 auf eine klare Aussage unseres Wirtschaftssenators. Die großen, von Hamburger Reedern in Hanjin-Schiffen versenkten Geldbeträge und deren nunmehr noch wackeligere Finanzierung durch die am Staatstropf hängende HSH-Nordbank sind die Musik, bei der sich unser Senat anscheinend zu bewegen gedenkt. Und da halten wir es auch nicht mehr für ausgeschlossen, dass der Senat zur Bewältigung der Hanjin-Krise im Hamburger Hafen über seine HPA auf einige zehntausend Euro an Liegegeldern verzichtet und Deals mit der im überwiegenden Hamburgischen Staatsbesitz befindlichen HHLA anbietet.
Folgt man den o.a. weiteren Ausführungen der NORD/LB wird die Hanjin-Insolvenz auch große Auswirkungen auf die von Hapag-Lloyd gegründete Allianz von Containerreedereien haben. Hanjin wäre nach Hapag-Lloyd der zweitgrößte Player in THE ALLIANCE gewesen. Dieser Partner wird nun ersatzlos entfallen und damit diese Allianz und das frisch fusionierte Hapag-Lloyd/UASC-Konglomerat erheblich schwächen.
Apropos Überschuldung von Hanjin: in der Presse, z.B. in der Welt, war nach der Insolvenzanmeldung zu lesen, dass Hanjin mit über 4,5 Milliarden Euro verschuldet sei. Lesen wir uns die auf der Fusionshauptversammlung von Hapag-Lloyd zum 26.8.2016 vorgelegte “Freiwillige Zusatzinformation im Hinblick auf den geplanten Zusammenschluss der Gesellschaft mit der United Arab Shipping Company S.A.G.“, hier Pdf-Seiten 12 ff., durch, stellen wir fest, dass zum 30.06.2016 von Hapag-Lloyd auf der Passivseite der Bilanz rund 6,6 Milliarden US-Dollar an Finanz- und Sonstigen Schulden ausgewiesen werden und von UASC knapp 4,7 Milliarden US-Dollar.
Ups, das macht, wenn wir die summierten Zahlen der gemeinsamen Bilanz von Hapag-Lloyd und UASC auf PDF-Seite 17 betrachten insgesamt eine Verschuldung von 10,8 Milliarden US-Dollar, oder mit dem angesetzten Bewertungskurs von 1,0893 Euro/US-Dollar den Betrag von knapp 10 Milliarden Euro.
Wieder nur Zahlenspielereien? Nein, Schulden sind grundsätzlich nichts Schlimmes. Aber wir benennen den Schuldenstand wenigstens. In der Senatsmitteilung an die Hamburger Bürgerschaft zur “Zusammenführung der Hapag-Lloyd AG und der United Arab Shipping Company S.A.G.” vom 30. August 2016 finden Sie zur Verschuldung der frisch fusionierten Reederei nicht einen einzigen Hinweis. Das ist doch nun wirklich bemerkenswert…