Der Senat hat heute die Waldfläche „Vollhöfner Weiden“ vom derzeitigen Status des Hafenerweiterungsgebiets mittels einer Verordnung in ein Hafennutzungsgebiet überführt – so in einer Senatspressemitteilung zu lesen. Mit dieser Überführung ist es nun möglich, den Wald abzuholzen und auf dessen Fläche den neuen “Logistikpark Altenwerder-West” zu errichten. Erst vor rund einem Jahr, im April 2015, waren die Planungen veröffentlicht worden, die den langschwelenden Konflikt zwischen den Naturschutzverbände und der Wirtschaftsbehörde um die A26-Planungen im Süderelberaum nochmals aufflammen ließen.
Lesen wir noch auf der NABU-Internetseite mit Datum 30.06.2015, dass eine Einigung in Aussicht stehen würde, ist es seitdem um diesen Konflikt sehr ruhig geworden. So ist es schon überraschend, dass der Senat heute ohne eine öffentliche und zufriedenstellende Einigung mit den Verbänden nun den Wald abholzen will. Was drängt so immens?
In einem Weltartikel zu besagtem Gebiet Altenwerder-West wird eine starke Nachfrage nach Logistikflächen angeführt und auf eine Schriftliche Kleine Anfrage in der Bürgerschaft zu Logistikimmobilien Bezug genommen. In dieser lesen wir in der Senatsantwort acht zur Nachfrage im Zeitraum von 2008 bis 2016: “Die Nachfrage nahm ab dem Jahr 2013 kontinuierlich zu und erreicht mittlerweile wieder ein sehr hohes Niveau mit gleichbleibender Tendenz. Dieser Umstand ist vor allem dem nach wie vor stark steigenden E-Commerce-Handel und neuen logistischen Konzepten im Bereich der Handels- und Frischelogistik geschuldet. Die Nachfrage im Hafen übersteigt regelmäßig das Angebot.” So richtig dringlich klingt das nicht, aber…
…in einem Bericht in der Immobilienzeitung mit dem Titel “Hamburg: Mehr spekulative Logistikflächen in Bau und Planung” erfahren wir mehr von der Situation. Wir dürfen etwas über die “spekulativen Entwicklungen” von Logistikflächen sowie von Nettoanfangsrenditen von bis zu 6% erfahren – “Landbanking” soll sich nicht lohnen. Das klingt alles sehr nach Blasenwirtschaft, wie wir sie aus den Zeiten der Weltfinanzkrise kennen: Die wie Pilze aus dem Boden schießenden sogenannten “Logistikparks” in Hamburg und Umgebung hinterlassen kein gutes Gefühl. Diese in Autobahnnähe auf die platte Wiese gebauten “Parks” geizen durch eingeschossige Bauten nicht mit der Ressource Boden. Im Gegenteil, während im Wohnungbau nahezu unerträglich “maßvoll nachverdichtet” und in die Höhe gebaut wird, wird bei Logistikimmobilien mit der “Fläche” geaast. Flächeneffizienz ist hier ein Fremdwort. Der Schlusssatz in der Immobilienzeitung erklärt, warum das so ist: “Aber Überlegungen – auch aus der Politik –, angesichts der Flächenknappheit und der Grundstückspreise, Logistikflächen mehrgeschossig zu bauen, seien verfrüht, betont Bohne: “Zweigeschossig zu bauen, lohnt sich in Hamburg selbst bei den gestiegenen Grundstückspreisen nicht. Das wird hier noch länger dauern als in Frankfurt oder München.”
Wie hoch ist die Monatsmiete für einen Quadratmeter Logistikfläche im Hafen? Diese Frage stellte im Mai 2012 in einer Großen Anfrage eine heutige Regierungspartei. In der Senatsantwort auf Seite 42 finden wir für das Jahr 2011 den Betrag von 3,30 Euro pro Quadratmeter und JAHR. Ja, Sie haben richtig gelesen, nicht pro Monat, sondern pro Jahr. Ein halbes Jahr später bemängelte die gleiche Partei: “Derartig niedrige Mieten liefern weder einen angemessenen Beitrag zur Hafenfinanzierung noch bieten sie einen Anreiz für mehr Flächeneffizienz im Hafen. Diese Subventionierung des Hafens kann sich Hamburg nicht mehr leisten” und beantragte in der Bürgerschaft, dass die HPA diesem ökonomischen Unsinn durch mehr Flächeneffizienz bzw. Mietsteigerungen scharf entgegensteuern sollte.
Nun regiert die ehemalige Oppositionspartei mit und von Flächeneffizienz scheint in der Umweltbehörde keine Rede mehr zu sein. Also kann auch der Wald an den Vollhöfner Weiden mit einer Fläche von rund 45 Hektar (450.000 Quadratmeter) abgeholzt werden. Das bringt nämlich sage und schreibe, bei einer kalkulatorisch auf 5 Euro/m² pro Jahr angehobenen Miete einen jährlichen Umsatz von 2.250.000 Mio. Euro. Gut, das Grundstück muss noch für mehrere Millionen Euro hergerichtet werden – aber irgendwann… irgendwann ist auch die Fällung dieses Waldes durch den Senat schön gerechnet!
Der NDR meldet am Nachmittag, dass Naturschützer die Hafenerweiterung stoppen wollen – notfalls gerichtlich. Wie der Stand um den o.a. Kompromiss mit den Verbänden beim Bau der A26 im Moorgürtel des Süderelberaumes ist, erfahren wir leider nicht.
Das Verhalten des Senates erinnert wieder an das laufende Verfahren zur Elbvertiefung: Betonkopfpolitik ohne “Wenn und Aber”.