Das Unterelbemärchen ist am gestrigen Nachmittag fertig geschrieben worden. Das seit Spätsommer 2015 gedichtete Unterelbemärchen, der „Schlick-Geschichte vom tumben Schleswig-Holstein und dem armen kleinen Hamburg“, ist mit dem Einvernehmen des grünen Umweltministers von Schleswig-Holstein, Herrn Robert Habeck, zur Verbringung von giftigem Baggergut aus dem Hamburger Hafen, jetzt auch aus dem gesamten Hafengebiet, in das Schlickfallgebiet bei der Tonne E3 vor Helgoland vollendet.
Die Vereinbarung zwischen der Hamburger HPA und dem schleswig-holsteinischen Umweltministerium (MELUR) samt Bedingungen ist erneut nicht veröffentlicht worden. Die Pressemitteilung des Senates (zwischenzeitlich gelöscht, siehe PS am Ende des Beitrages) ist nahzu inhaltsleer. Eine Bewertung zusammen mit dem Pendent aus dem Kieler Umweltministerium und der Eckpunktevereinbarung aus dem Februar 2016 lässt folgende Kommentierung zu:
- Die Genehmigung umfasst 10 Mio. m³ giftiges Baggergut in den kommenden fünf Jahren. Bislang wurden in den vergangenen 11 Jahren 11 Mio. m³ (2005 bis 2007 rund 4,5 Mio. m³, von 2008 bis heute 6,5 Mio. m³) Schlick vor Helgoland verklappt, der nur aus der Stromelbe stammen durfte. Jetzt wird es also mit 2 Mio. m³ pro Jahr eine doppelt so große Menge sein.
- “Strenge Umweltauflagen sollen sicherstellen, dass nachteilige Auswirkungen auf das schleswig-holsteinische Küstengewässer der Nordsee und die angrenzenden Küstenregionen vermieden oder minimiert werden.” Welche Auflagen das sein sollen, bleibt offen. In der Regel wird dieser Begriff immer dann verwendet, wenn es keine verbindlichen Regelungen gibt.
- “
Wie bisher wird ein intensives und abgestimmtes Umweltmonitoring die Verbringung überwachen, die Ergebnisse werden veröffentlicht
.” Die Monitoring-Berichte der letzten Jahre sind äußerst schleppend veröffentlicht worden. Die Monitoring-Berichte für die letzten beiden Jahre stehen sogar noch aus.
Wir halten es da mit unseren Mitstreitern von “Rettet die Elbe”, die mit Ihrer heutigen Pressemitteilung auf die von den Landespolitikern in Hamburg und Schleswig-Holstein falsch dargelegten Zusammenhänge zum Dialogforum Tideelbe (FOSUST) hinweisen.
Es bleiben dann noch die Zahlungen von Hamburg an Schleswig-Holstein. Abgerechnet werden 2,50 Euro pro Kubikmeter Schlick (Laderaumvolumen). Bei geplanten Verklappungen von 10 Mio. m³ in den nächsten fünf Jahren geht es immerhin um 25 Mio. Euro, die Hamburg eigentlich an die immer noch nicht von Schleswig-Holstein gegründete Stiftung Nationalpark überweisen soll. Da gibt es aber für die Landesregierung aus der Eckpunktevereinbarung ein Hintertürchen, das nun geschickt mit einem anderen gleichfalls schräg anmutenden landespolitischen Thema verquickt wird:
Eckpunkt 10 lautet: “Hamburg unterstützt die schleswig-holsteinischen Bemühungen
- um die ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltig Ausgestaltung der Krabbenfischerei im Wattenmeer und
- um die Stärkung der Nationalparkregion durch eine nachhaltige touristische Inwertsetzung des Weltnaturerbes Wattenmeer.
Diese Beträge, die auf Anforderung des MELUR direkt in entsprechende Projekte fließen, werden in den betreffenden Jahren von den Zahlungen an die Stiftung abgezogen. Der Abzug darf innerhalb des Zulassungszeitraumes von fünf Jahren den Betrag von 6 Mio. Euro nicht überschreiten.”
Regelmäßige Leser unserer Seite werden sich angesichts der Worte “Krabbenfischerei” und “touristische Inwertsetzung” sofort an Friedrichskoog erinnern. Letztes Jahr wurde der Hafen von Friedrichskoog mit der Brechstange von der Landesregierung geschlossen. Die jährlichen Baggerkosten für den von extremer, ursächlich auf die letzte Elbvertiefung zurückzuführende, Verschlickung betroffenen Hafen in Höhe von rund 350.000 Euro p.a. wollte die Landesregierung nicht mehr tragen.
Der geschlossene Kutterhafen, zugleich Herzstück des Tourismus an der südwestlichen Küste, hat ein großes wirtschaftliches Loch hinterlassen. Nun sucht die Landesregierung verzweifelt nach Konzepten, um die von der Hafenschließung zurückgeworfene Region wirtschaftlich wieder auf Vordermann zu bringen. Das kostet Geld. Und da ist es doch schön, dass die Landesregierung aus den Hamburger Ablass-Zahlungen für die Giftschlickverklappung vor Helgoland gleich 6 Mio. Euro für die vermeintliche Linderung der Folgen der Hafenschließung abzweigen kann. Klasse – auf diese Idee des grünen Umweltminister ist nicht mal unser Wirtschaftssenator Herr Frank Horch gekommen.
Schleswig-Holstein hätte auch “Nein” zur Elbvertiefung, zur Hafenschließung und zur Verklappung des Hafenschlicks sagen können. Mit 6 Mio. Euro hätte man den Hafen von Friedrichskoog jedenfalls mindestens für 15 Jahre ausbaggern können…
Das Unterelbemärchen ist nun zu Ende erzählt. Und wenn Sie nicht gestorben sind, dann reiben Sie sich jetzt verwundert die Augen.
PS: Die zwischenzeitlich gelöschte Pressemitteilung des Hamburger Senates wurde durch eine neue Pressemitteilung der Wirtschaftsbehörde ersetzt. Hier wird der Umweltsenator zu den mit Schleswig-Holstein vereinbarten bekannten Ablasszahlungen zitiert. Neu ist aber der Satz: “Auch wird ein gesetzliches Ersatzgeld für den Naturschutz in Höhe von ca. 500.000 € pro Jahr fällig.” Was mit diesem gesetzlichen Ersatzgeld gemeint ist, erschließt sich jedoch nicht.