Archiv für den Monat: September 2015

Preis wert?

Wie aus dem Hamburger Hafenblatt zu vernehmen ist, wurde der alljährlich in verschiedenen Kategorien begehrte „Deutsche Kreuzfahrtpreis“ während der “Cruise Europe Night” verliehen. Wichtiger Gewinner in der Kategorie „Restaurant“ wurde die „Europa2“ mit ihrem Restaurant „Tarragon“ als bestes Restaurant auf See. Aber auch die weiteren Preise waren nicht von Pappe.

In der Kategorie „Umweltfreundlichstes Kreuzfahrtschiff“ hat die AIDA-Power den ersten Platz eingenommen haben. Ausgezeichnet AIDA-HADAGwurde ihr Bemühen, im Hamburger Hafen am neuen Kreuzfahrtterminal CC2 in Hamburg-Altona ihren dreipoligen 220V-Schukostecker in die neue Landstromanlage einführen zu wollen. Frau Griphan, die den Preis vom Hamburger Umweltsenator Kerstan übergeben bekam, erklärte, dass man das Schiff bis zum Jahr 2023 mit einem passenden Adapter versehen werde.

In der Kategorie „schönste HADAG-Fähre“ konnte kein Preis vergeben werden, da während der in den Abendstunden stattfindenden Preisverleihung die HADAG-Fähre “Neuenfelde” bei der Anreise aus Cranz vor Neuenfelde im Esteschlick stecken geblieben war.
Als „Innovativster Unternehmer“ soll Werftchef Herr Bernard Meyer von der gleichnamigen Luxemburg SeefahrtsflaggeWerft ausgezeichnet worden sein. Gewürdigt wurde sein Engagement, den Werftsitz in noch tieferes europäisches steuersparendes Binnenland nach Luxemburg zu verlegen, bei erhöhtem Abgriff von deutschen Subventionen und Akzeptanz des Verzichtes auf Arbeitnehmermitbestimmung. Im luxemburgischen Wasserbillig an der Mosel soll weiterhin kein Werftstandort für den Bau von Kreuzfahrtriesen angesiedelt werden.

Hamburg erhielt den Preis in der Kategorie „Man kann sich ja mal versprechen – Bunte Blubberblasen“ für großartige, nicht realisierte Ankündigungen in Bezug auf innovative Stromversorgungskonzepte für Kreuzfahrtschiffe . Darüber hinaus wurde Hamburg zum „Hafen des Jahres“ gekürt, weil die Reedereien sich nun nicht umstellen müssen.

Wir können der Branche zu derartigen „Spitzenleistungen“ nicht gratulieren. Gleichzeitig möchten wir nicht wissen, was uns im nächsten Jahr an unternehmerischer Kreativität und gesellschaftlicher Innovation aus dieser Branche ereilen wird. Gute Nacht.

Das Schweigen der …

Wie bereits berichtet, hat das Hamburger RathausAhnenHafenblatt Donnerstagmorgen mit der Nachricht aufschrecken wollen, dass sich die Gerichtsentscheidung zur Elbvertiefung und damit die Umsetzung der Maßnahme mindestens bis Mitte 2016 verzögert. Bis zum späten Abend gibt es keine Reaktionen von öffentlicher Seite. Weder die HPA noch die Planungsbehörden des Bundes, der GWDS, haben im Laufe des Tages zu den Meldungen Stellung genommen. Auch die Jubelmaschinen, Hafenlautsprecher und oppositionellen Döntjeserzähler sind verstummt.

Woher kommt die Schweigsamkeit der sonst so Aktiven für die Elbvertiefung? Hat man wirklich eingesehen, im bisherigen dargelegten Planverfahren Fehler gemacht zu haben? Bei den bekannten Betonköpfen aus Politik und Wirtschaft ist das kaum vorstellbar.

Einen sportlichen Zeitplan hat man in den Behörden weiterhin im Kopf: die Erweiterung der Planfeststellungsunterlagen um die vom Leipziger Bundesverwaltungsgericht eingeforderten Unterlagen und die Interpretation des EuGH-Urteiles vom Juli 2014 soll bis zum 1. Quartal 2016 abgeschlossen sein. Eine Beteiligung der Verbände und Bürger und eine Befassung des Gerichtes soll bis zum Beginn des 2. Halbjahres 2016 möglich sein. An derartige Zeitvorgaben glaubte bislang öffentlich nur ein Hamburger Wirtschaftssenator – und der schweigt ebenfalls.

Für ein Nachdenken, einer Hafenkooperation oder einfach nur dem Ausloten von Kompromißlinien auf Augenhöhe zwischen den Umweltverbänden, den betroffenen Unternehmen und Bürgern an der Unterelbe und der Hafenwirtschaft scheint wieder keine Zeit eingeplant zu sein.

Es scheint damit so, dass die Planungsbehörden und Politiker weiter an ihrer bisherigen Betonpolitik festhalten.  Sie können nur auf Druck von Gerichten reagieren – Konsens und Einvernehmen, Fundamente einer demokratischen Gesellschaft, erscheinen ihnen fremd. Vermutlich grübeln die Verantwortlichen der Elbvertiefung eher darüber nach, was die “blöden” Bremer in Sachen Weservertiefung bei dem anstehenden Gerichtsentscheid für eine Vorlage liefern werden. “Die von der Weser” stehen mit ihrer Vertiefung  als erstes zum Gerichtsentscheid in Leipzig an. Nein, lieber dahin gucken, als vor Ort das Gespräch mit Beteiligten zu suchen, scheint die Hamburger Devise zu sein.

Wir sind gar nicht so böse über eine weitere Verzögerung:  die Weltwirtschaft, insbesondere China. kriselt weiterhin und die seit 2006 gestellten und jährlich aktualisierten aberwitzigen Prognosen zu einer “fulminanten Umschlagsentwicklung” im Hamburger Hafen bleiben  auch im zwölften Jahr, also bis 2017, die “Fehlplanung a la Elbphilarmonie” schlechthin.

BadeninderElbeSo begrüßen wir jedenfalls, dass Hamburg endlich mal wieder Geld für Menschen, und dann noch in Not, ausgeben kann und nicht nur suspekte Subventionen in Olympia, seiner marode HSH-Nordbank, der aus dem Ruder gelaufenen Elphi, seiner Staatsreederei und, und, und … steckt. In diesem Sinne grüßen wir unsere neuen Menschen in unserer Stadt mit einem lauten “Refugees welcome”.

Elbvertiefung später

BVerwGLeipzig7Heute morgen berichtet das Abendblatt von weiteren Verzögerungen bei der Elbvertiefung. Ursächlich seien weitere Ergänzungen des Planfeststellungsbeschlusses vom April 2012, die aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom Oktober 2014 und dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom Juli 2015 resultieren.

Die Überarbeitung des Planfeststellungsbeschlusses würden zudem eine neue Bürgerbeteiligung erfordern. Mit den Vorlaufzeiten des Gerichtes wird mit einem Entscheid des Bundesverwaltungsgerichtes frühestens im 2. Halbjahr 2016 gerechnet.

In der Kommentierung dieser Nachricht im Hamburger Hafenblattes wird einfach alles verdreht. Es wird vom Kommentator sogar der Eindruck erweckt, dass die klagenden Verbände und die Einwender den guten ökologischen Zustand der Elbe verhindern würden.

  • In jedem Jahr werden mehrere Mio. m³ Elbschlick mit Kosten von mehr als 100 Mio. Euro nur für die Tiefenhaltung bewegt. Wie viele Millionen mehr (in m³ und Euro) sollen denn für eine weitere Elbvertiefung ausgegeben werden?
  • War es nicht das Bundesverwaltungsgericht, dass gerade das Fehlen von Gutachten zu den Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt an der Unterelbe moniert hatte?
  • Waren es nicht regelmäßig die Umweltverbände, die an den Senat adressierte Gesprächsangebote gerichtet hatten? Wer hat denn die Diskussion über “Elbvertiefung light” mit einem Federwisch weggebügelt? Wir erinnern beispielhaft an das Interview des Wirtschaftssenators auf Zeit-Online vom Juli 2015.
  • Wer hat denn seit Jahrzehnten keine Konzepte vorgelegt? Beispielhaft sei das sogenannte “Sedimentmanagementkonzept” angeführt, an dem der Senat nun über 30 Jahre erfolglos arbeitet.

Wir würden uns freuen, wenn dieser Kommentator des Hafenblattes seine Kenntnisse zum Thema Elbvertiefung deutlich vertiefen würde.

Altes Land und Elbvertiefung

Das Alte Land ist für Hamburger nicht nur zur Obstblüte ein beliebtes Ziel für einen Wochenendausflug. Das größte zusammenhängende Obstanbaugebiet Europas lockt nicht zu letzt mit dem leckeren Obst, das dort an jeder Ecke direkt beim Obstbauern probiert und gekauft werden kann.

Beim Radfahren durchs KeineElbvertiefungAlte Land fallen uns immer wieder die vielen blau-gelben Tafeln “Keine Elbvertiefung” mit dem Logo des Regionalen Bündnisses an den Hofauffahrten auf. Warum gerade hier große Vorbehalte gegen die Elbvertiefung bestehen, erklärt der Vorsitzende der Fachgruppe Obstbau im Landvolk Niedersachsen, Herr Ulrich Buchterkirch in einem Interview “Das Alte Land und die Elbvertiefung” in der September-Ausgabe des Magazins Gartenbau-Profi.

Im hiesigen Obstbau unserer direkten niedersächsichen Nachbarn und unserer Hamburger Obstbauern der dritten Meile in Cranz, Neuenfelde und Francop geht es ebenfalls um Arbeitsplätze und wirtschaftliche Existenzen, die durch die Elbvertiefung gefährdet sind.

Viel zu häufig wird dieses in der Vertiefungsdiskussion in Hamburg unter den Tisch gekehrt. Mit einer Ausgleichszahlung von knapp 14 Mio. Euro glaubt man im Hamburger Rathaus, alles auf “hanseatische Art” gelöst zu haben… Wir nicht!

Bananenhafen?!

Die Pappelreihe am Bubendey-Ufer gegenüber vom “Alten Schweden” ist Ihnen sicherlich Bubendeywegvon Spaziergängen an der Elbe bekannt. Diese am Bubendeyweg liegende Pappelreihe soll für die Westerweiterung gefällt werden. Zudem soll der Bubendeyweg, der als Fusswegallee vom Anleger Bubendey-Ufer bis hin zum Parkhöft durch die Pappelreihe verläuft, für den öffentlichen Verkehr entwidmet werden. In den Planungsunterlagen, hier im Erläuterungsbericht der Vorhabensbeschreibung, Teil A.3, auf Seite 26 wird dementsprechend beantragt: “Der Weg am Bubendey-Ufer bis hin zum Parkhöft wird ebenfalls im Zuge der Baumaßnahme entwidmet und rückgebaut.”

Das Planfeststellungsverfahren ist aber noch nicht abgeschlossen. So wurden die letzten Planergänzungen des seit 2009 laufenden Verfahrens erst im Januar 2015 von den Antragstellern HPA und Eurogate vorgelegt. Am 22. Juni 2015 fand die erste Erörterung der ergänzten Unterlagen statt. Der Planfeststellungsbeschluss soll frühesten Ende des Jahres erfolgen! Und was da denn drin steht, kann ja noch keiner wissen, oder?

Doch, einer der Antragsteller für die Westerweiterung, namentlich die HPA scheint schon seit Monaten weitere Kenntnisse über den Fortgang des Verfahrens zu haben. Bereits am 27. Oktober 2014 wurde von der HPA die Entwidmung vom öffentlichen Verkehr des Bubendeyweges beantragt. Zu diesem Zeitpunkt waren die Planergänzungen noch nicht einmal veröffentlicht. Am 11. Februar 2015 wurde dann die Entwidmung vorgenommen – eine Woche vor Ablauf der Einwendungsfrist am 19.02.2015. Die Ausschnitte aus dem “Amtlichen Anzeiger” finden Sie hier. Warum musste die Entwidmung für diesen “vielbefahrenen Weg” vorzeitig vorgenommen werden? Hängen da etwa schon die Planungen für die Fällung der Pappeln dran?

...an einem Laternenpfahl im Hafen...
…an einem Laternenpfahl im Hafen…

Wir erinnern uns an die unbewiesenen Behauptungen der Antragsteller zu den angeblichen Verzögerungen bei den Lärmgutachten. Diese tauchten unmittelbar nach dem ersten Erörterungstermin zu den o.a. ergänzten Unterlagen, namentlich dem Lärmgutachten, aus dem Nichts auf. Aufklärung wurde seitens der Planfeststellungsbehörde, des Senates aber auch vom Antragsteller Eurogate nicht betrieben.

Zusammen mit der vorzeitigen Entwidmung des Bubendeywegs scheinen Zweifel an der grundsätzlichen Fairness, aber auch mittlerweile der Rechtsstaatlichkeit von Hamburger Hafenplanungen wieder neue Nahrung zu bekommen.

Hummel fürn Mors

Beim Thema “Landstromversorgung” von Schiffen Hummel1scheint unser Senat regelmäßig die Augen zu verdrehen. Diesen Eindruck kann man bekommen, wenn man die sparsamen Senatsantworten auf eine Schriftliche Kleine Anfrage liest.

Die angeführte Tabelle der Kreuzfahrtschiffe vermittelt beim ersten Lesen einen vollständig falschen Eindruck: hier werden lediglich die Kreuzfahrtschiffe angeführt, die Hamburg seit der Inbetriebnahme der LNG-Barge “Hummel” angelaufen haben und nicht die Schiffe, die von “Hummel” in der Hafen-City oder in Altona vom Landstromanschluss versorgt worden sind.

Wann die “Hummel” in Betrieb genommen worden ist, das weiß keiner so genau. Wir vertrauen der Wikipedia, die die Inbetriebnahme auf den 29.05.2015 datiert. Laut der Tabelle sind also vom 29.05.2015 bis zum 31.08.2015 rund 90 Kreuzfahrtschiffe nach Hamburg gekommen.  Von diesen 90 Anläufen wurde “die angebotene externe Energieversorgung … bislang bei zwölf Anläufen der AIDAsol wahrgenommen.

Och, das ist ja üppig! Das macht ja mal gerade 13% aller Anläufe aus, die mit Landstrom versorgt werden durften. Und das auch nur bei einem Schiff, der “AIDAsol”. Die hat laut hamburg.de aber unsere Stadt seit dem 29.05.2015 nur neunmal angelaufen: achtmal in Hummel2der Hafencity (Powerbarge Hummel) und einmal in Altona (Landstromanschluss). Ja, wie passen denn diese Zahlen zusammen?

Apropos Altona, was macht eigentlich die Landstromversorgung am CC2-Terminal, die doch im Sommer 2015 – rechtzeitig zur Kreuzfahrersaison – in Betrieb gehen sollte?
Ach wie ärgerlich, es hat sich alles verzögert: im tiefsten Altonaer Regionalteil des Abendblattes vergraben lesen wir von dem Dilemma des Prestigeprojektes. Nun wird man erst zur Beendigung der Kreuzfahrersaison fertig. Und dann dürfen wir auch noch lesen: “Die “AIDAsol” ist derzeit das einzige Kreuzfahrtschiff, dass eine Zusatzausrüstung zur Versorgung über die Altonaer Landstromanlage hat.”

Zurück zur kleinen Anfrage. Dass es nur die “AIDAsol”Schornstein voll drauf hat, und die vielen anderen Hamburg anlaufenden (Kreuzfahrt-)Schiffe allesamt Dreckschleudern sind, scheint unseren Senat nicht zu aktivem Handeln anzutreiben. Auf die Frage, ob der Senat die Absicht habe, “auf die Nichtnutzung der externen Energieversorgung durch eine höhere finanzielle Belastung der betroffenen Kreuzfahrtschiffe zu reagieren“, wird ganz lapidar geantwortet: “Nein. Kreuzfahrtschiffe erhalten einen Rabatt für die Nutzung von Hafenstrom.”

Brilliant – einfach Toll – das ist vorausschauende Umweltpolitik: Akzente setzen in Form eines richtigen Ansporns für Kreuzfahrer. Marktwirtschaft pur, mag man meinen. So einfach kann es doch sein, die Luft für die Hamburger Bevölkerung rein zu halten….

Haaaalt, da stimmt doch was nicht: der Landstrom funktioniert doch gar nicht. Und für das Produkt “Landstrom”, das es nicht gibt, soll ein ordentlicher Rabatt werben?

Na klar, wie wir unseren Senat und die HPA als knallharten Kaufmann gegenüber der “maritimen Wirtschaft” kennenlernen durften, wurde der “AIDAsol” bei ihrem letzten Besuch dieser “Rabatt für Nichts” sogar noch in bar ausgezahlt. Dafür kommt die “AIDAsol” jetzt bis zum nächsten Frühjahr, dem 14. Mai 2016, nicht mehr wieder…, entnehmen wir dem Abendblatt. Und bis dato wird AIDA Betreiber der Terminals sein…

Hummel, Hummel – alles für’n Mors… das scheint der neue Senatsgruß zu sein!

Schlickverdoppelung!

Man mag es nicht mehr glauben. Unscheinbar finden Helgoland1wir heute bei Hafen-Hamburg in den Neuigkeiten ein kurze Mitteilung der HPA  von 11:47 Uhr. Der Titel “Wegen trockenem Sommer: HPA bringt mehr Sedimente zur Tonne E3” lässt schon schlimmes ahnen.

Und so lesen wir, dass statt 1 Mio. m³ giftigen Hafenschlicks nun die doppelte Menge, d.h. bis zu 2 Mio. m³, bei Helgoland verklappt werden sollen. Das Land Schleswig-Holstein habe bereits sein Einverständnis erteilt. Holterdipolter, ratzfatz, so mal eben, ohne Regeln. Ist der Katastrophenfall eingetreten?

  • Die gültigen Baggerregeln, namentlich die GÜBAK (Gemeinsame Übergangsbestimmungen zum Umgang mit Baggergut in den Küstengewässern) schreiben den Behörden vor, dass für eine derartige Umlagerungsbaggerei repräsentative Beprobungen durchzuführen sind. Beprobungen sind nicht über Nacht zu nehmen, zu analysieren und auszuwerten. Das dauert mehrere Wochen. Wo sind die Parameter dieser Beprobung und die Ergebnisse veröffentlicht? Bei der HPA jedenfalls nicht.
  • Wird jetzt vielleicht sogar der nochmals giftigere Schlick aus den Hamburger Hafenbecken, der bislang über METHA behandelt wurde, vor Helgoland verklappt? Bislang war dieses im Einvernehmen mit Schleswig-Holstein ausgeschlossen – nur Schlick aus den Fahrwassern durfte nach Tonne E3 verbracht werden.
  • Wieso hat der grüne Umweltminister von Schleswig-Holstein, Herr Robert Habeck, erneut einer derartigen Verklappung anscheinend über Nacht zugestimmt? Für seine eigenen Landeshäfen nimmt er in Anspruch, dass Baggerungen mindestens drei Monate vorher zur Genehmigung angekündigt werden. Warum schweigt er sich weiterhin aus? Ist das die neue grüne Interpretation einer ökologisch nachhaltigen Politik?
  • Ach ja, in der HPA-Meldung wird wieder das Dialogforum Tideelbe angeführt, damit bei dieser unglaublichen Verklappungsaktion erneut die Worte “ökologisch nachhaltig” missbraucht werden können. Wie müssen sich die Mitglieder dieses Dialogforums  bloß vorgeführt fühlen, wenn Sie diese Nachricht durch die kalte Küche erreicht?

Zusammenfassend kann man feststellen, dass Hamburg den Katastrophenfall in Sachen Hafenschlick ausgerufen haben muss. Die vom Senat und HPA angeführte Ursache des trockenen Sommers ist dabei ein wirkliches Ammenmärchen – wer soll das denn noch glauben? Sollen die Wassertiefen im Hamburger Hafen nur noch bei Jahrhunderthochwassern an der Mittel- und Oberelbe zu halten sein? So ein Unsinn!

Es ist an der Zeit, dass der Senat die Karten offen auf den Tisch legt. Der sogenannte morphologische Nachlauf, d.h. die Folgen der letzten Elbvertiefung aus 1999 scheinen mit ihren Sedimentationsfolgen jetzt richtig zur Wirkung zu kommen. Die Anwohner der Unterelbe, z.B. der Hafen von Friedrichskoog, haben die Folgen schon früher zu spüren bekommen – nun sind diese auch endlich beim Verursacher in Hamburg angekommen.

Befremdliche Baggerallianzen

Es ist auffällig, wie die Schlicksituation im Hafen immer wieder thematisiert wird. Bagger Barent ZanenIm Nachgang zum “Unterelbemärchen” ist gestern eine weitere Schriftliche Kleine Anfrage zu der “Verbringung von Sedimenten” samt Senatsantworten veröffentlicht worden. Themen sind wieder die Verklappung bei Tonne E3 vor Helgoland und die Gespräche mit Schleswig-Holstein und Niedersachsen zu einem gemeinsamen Sedimentmanagement.

Ein ehemaliger Bürgerschaftsabgeordneter, der bestimmt kein Freund von rot-grüner Politik ist, arbeitet ebenfalls an dem Schlick-Thema weiter. In seiner gestrigen Pressemitteilung berichtet er von einer Akteneinsicht bei der HPA und zitiert mit überraschtem Unterton, bei Auslassung wesentlicher Inhalte, aus der zwischen BSU und HPA vereinbarten Übergangsregelung zum Handlungskonzept Umlagerung von Baggergut aus dem Hamburger Hafen in der Stromelbe. Dass die seit Jahren durchgeführte Kreislaufbaggerei unsinnig ist, kann nur für Politiker, die bislang die Augen bei der Elbvertiefung samt deren Auswirkungen auf die Unterhaltungsbaggerei fest verschlossen haben, eine neue Erkenntnis sein. Warum entspricht das Fazit der Pressemitteilung nahezu wortwörtlich den Senatsantworten der o.a. Kleinen Anfrage?

Dass die Verschlickung etwas mit den vorangegangenen Elbvertiefungen zu tun haben könnte, darauf kommt erneut keiner. Welche Auswirkung auf die Verschlickung mag die geplante neunte Elbvertiefung haben? Wir schauen einfach in die Planungsunterlagen.

  • Unter H.1c (Gutachten zur ausbaubedingten Änderung der morphodynamischen Prozesse) ist das 119 Seiten umfassende Werk aus August 2006 zu finden. Es beginnt mit einer fünfseitigen Zusammenfassung, bei der wir nachfolgend nur den Hamburger Abschnitt zwischen Blankenese und Wedel betrachten werden. Das ist das Gebiet vor Nesssand, wo die kritisierte Verklappung des Hafenschlicks aus der unsinnigen Kreislaufbaggerei in den kühleren Monaten des Jahres stattfindet.
  • Es ist zugleich der Elbabschnitt der vielgepriesenen”Begegnungsbox”, die da neu entstehen soll:  “Für diese Begegnungsstrecke ist die Fahrrinnenbreite im Mittel mit 385 m ausgelegt. Die Begegnungsstrecke liegt innerhalb des Abschnitts, in dem sich tideabhängig verkehrende Massengut- und Containerschiffe mit Maximaltiefgang zwangsläufig begegnen müssen,…“lesen wir in der Broschüre zur Elbvertiefung auf Seite 11 unten.

Das ist doch komisch: die Elbe soll genau an dieser Stelle vertieft und stark verbreitert werden, wo derzeit der gesamte Hafenschlick verklappt wird?

In dem Gutachten der BAW finden wir weitere bemerkenswerte Ausführungen zur Schlickentwicklung. Dort ist auf Seite IV der Zusammenfassung zu lesen,  dass “die wesentlichen Zunahmen in der Begegnungsstrecke zu erwarten sind. In dieser Strecke wird auch eine nennenswerte Zunahme der Baggerflächen erwartet.

Das ist aber noch nicht alles: auf Seite II ist zu lesen: “Die Unterhaltungsbaggermengen werden in der Begegnungsstrecke oberhalb der Lühekurve um mehr als 50 % (bezogen auf die Baggerabschnitte Wedel und Wedeler Au) zunehmen.” Leser unserer Seite wissen, dass sich an dem Abschnitt zwischen der Lühekurve und Wedel-Schulau, genau vor dem Hamburger Yachthafen, die sogenannte “Sedimentfalle” befindet, die die von der Mündung durchs Tidal-Pumping einströmenden Sedimente vor dem Eintreiben in den Hamburger Hafen abfangen soll. Die “Entleerung” der Sedimentfalle wird ebenfalls von der HPA bezahlt.

Nun wird aus der gesamten Diskussion ein Schuh! Durch die Begegnungsbox beraubt sich Hamburg seiner einzigen Verklappungsstelle. Die Sedimentfalle fällt der Vertiefung zum Opfer – in dem Bereich wird sogar eine sehr stark steigende Sedimentation prognostiziert. Mit der geplanten Elbvertiefung wird der Hamburger Hafen also noch mehr dem “Tidal-Pumping” ausgesetzt – die Baggerkosten für den Hamburger Elbteil, d.h. Hafenbecken und Hamburger Elbstrecke, werden explodieren, wenn…

…nicht schnell eine Vereinbarung mit Schleswig-Holstein und Niedersachsen für die Entsorgung dieser nochmals steigenden Schlickmengen gefunden wird.

Es geht also nicht um “nachhaltige” Lösungen. Nein, es scheint die blanke Panik vor dem Baggernotstand zu sein, wenn die neunte Elbvertiefung realisiert werden sollte. Wir gehen davon aus, das Hamburg mit den Nachbarländern und dem Bund derzeit versucht größere Möglichkeiten der Verklappung von Hafenschlick in der Nordsee zu finden.

Ach ja, zurück zu der “Auslassung wesentlicher Inhalte” des o.a. Abgeordneten. Wir haben im Januar 2015 die Akteneinsicht in die o.a. Übergangsregelung zum Handlungskonzept Umlagerung von Baggergut aus dem Hamburger Hafen in der Stromelbe vom 16.03.2012 vorgenommen. Wir zitieren aus dem Kapitel 1-Einführung und Veranlassung:

  • “Es gilt die als wichtige Wasserbewirtschaftungsfrage genannte Verbesserung des Sauerstoffhaushaltes der Tideelbe zu berücksichtigen. Die für eine umfassende Überarbeitung erforderlichen Entwicklungen sind zum großen Teil noch nicht abgeschlossen; deshalb erfolgt hiermit auf Grundlage des Handlungskonzepts von 1998 eine Übergangsregelung.”
  • Seit dem Jahr 1999 (Anmerkung: Fertigstellung der letzten Elbvertiefung) sind die im hamburgischen Bereich zu baggernden Sedimentmengen erheblich gestiegen; sie betragen heute mehrere Millionen Kubikmeter pro Jahr. Der größte Anteil davon wird im Gewässer umgelagert.

Mit Berücksichtigung dieser einleitenden Zitate und der von uns “fett” dargestellten Jahreszahlen sollten die Politiker, die seit der letzten Elbvertiefung Ihre Augen fest zugedrückt haben und jetzt den überraschten Aufschrei üben, uns auf die Frage antworten, warum Sie dieses alles nicht gewusst haben wollen…!

 

(Bürger-) Meisterstücke

Es ist vierzehn Tage her, dass die Jubelmaschine Hamburg-Hafen-Marketing die bei der Bekanntgabe der aktuellen Umschlagszahlen bekannte Container10positive Dur-Tonalität in ein lethargisches Moll überführte. Angesichts des verhaltenen Containerumschlages stand nun seit langer Zeit wieder das bisherige Schmuddelkind des Hafenumschlags, die Massengüter, im Fokus und musste den rückläufigen Containerumschlag kaschieren. HHM war es angesichts der schlechten Containerzahlen nicht zu peinlich, den Kohleumschlag der CO2-Schleuder in Moorburg mit freundlichen Worten zu erwähnen.

Selbst der als “profan” angesehene Stückgutumschlag fand sogar ungewöhnliche Beachtung. Es ist wirklich selten, dass die “prächtigen” Container” an die letzte Stelle der Berichterstattung der Hafenverantwortlichen rutschen. Etwas verhalten wurden die Ursachen benannt. Sinngemäß: für das eingebrochene China- und Russlandgeschäft kann doch von den “Hafenverantwortlichen” wirklich keiner etwas… Und die Elbvertiefung, ja die fehlt einfach – da fing die Jubelmaschine wieder an, die Lautstärke zu erhöhen und auf Dur umzustellen.

In den Medien huldigt man diesen Wirtschaftsproblemen in China und Russland mit Nachsicht. Keiner fragt nach, warum Hamburg im Gegensatz zu den Hauptkonkurrenten in Rotterdam, Bremen und Antwerpen derart “hart” getroffen wurde. Wie konnten derartige Einbußen eintreten, wenn doch seit dem Jahr 2002 in Prognose über Prognose utopische Umschlagszahlen für das Jahr 2015 über 2020 und bis in das Jahr 2030 punktgenau ermittelt hatte? Jene Prognosen, mit denen Hamburg seit 2002 die anstehende Elbvertiefung begründet, seitdem diverse Milliarden für die Tiefenhaltung und eine fragwürdige Infrastruktur verbuddelt und die Umwelt sowie die Gesundheit der Menschen an der Unterelbe vergessen lässt.

War die Weltfinanz- oder -wirtschaftskrise ab dem Jahr 2008 nicht ein für Hamburg ausreichendes Lehrgeld? Nein, die politisch Verantwortlichen und Planer haben alle Lehren bei Seite gewischt. Alles musste weiter auf eine Karte gesetzt werden: das Chinageschäft und nochmals das Chinageschäft.

Jeder vernünftige und ehrbare Hafen-Kaufmann handelt nach dem Vorsichtsprinzip. Er versucht sich zu diversifizieren und sein Geschäft breit aufzustellen. Nicht nur Container aus und für China, sondern auch aus anderen Regionen der Welt. Und vor allen Dingen andere Formen des Hafenumschlages.

So scheinen es jedenfalls die anderen großen Häfen der Nordrange gemacht zu haben. Kein anderer Nordrangehafen hat sich wie Hamburg auf den Umschlag von Containern aus dem asiatischen Raum fokussiert: in 2014 waren es über 53 %. In Bremerhaven waren es etwas über 17%. Dort fühlt man sich auch für anderes Umschlagsgut, namentlich  Autos, zuständig. Ähnlich hat man sich in Rotterdam und Antwerpen den LNG-Umschlag (Flüssiggas) als weiteres Standbein gesucht. Was hat Hamburg für seine Kompetenz im Stückgut- und Massengutumschlag getan? Als hinterwäldlerische Schmuddelkinder gelten die beiden – mit denen spielt man als moderner Senat einfach nicht mehr!

Eine schriftliche kleine Anfrage in der Bürgerschaft bestätigt mit den Senatsanworten das Fehlen einer für Hamburg sinnvollen Hafenstrategie. Hier scheint man nur Container, und die auch möglichst nur mit China, zu können. Dafür braucht man ja von Seiten der Politik und Wirtschaft nur die Elbvertiefung – koste es, was es wolle. Ach ja: eine Bank und eine Reederei braucht man auch. Letztere kannibalisiert den Hamburger Hafenumschlag auch noch durch Direktanläufe in Danzig – ein strategisches Meisterstück!

Sehr traurig macht das – jahrzehntelanges Know-how im Hamburger Hafen wird bzw. wurde mit dieser Politik verspielt. Dass nur noch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig diesen Irrsinn über einen Stopp der Elbvertiefung aufhalten kann, macht uns sehr stutzig.

Nachtrag:
Wir haben anhand der statistischen Umschlagsveröffentlichungen der Häfen Hamburg, Rotterdam, Bremen/Bremerhaven, Zeebrügge und Antwerpen, jeweils die Containerumschläge der Jahre 2012 bis 2014 nach Kontinenten (Im- und Export, Leercontainer) ausgewertet. Des weiteren haben wir die Umschlagsaktivitäten dieser Häfen über die Jahre betrachtet.
Auffällig ist die schlechte statistische Dokumentation des Hamburger Hafens und dessen  seit Jahren einseitige Ausrichtung nahezu ausschließlich auf das Containergeschäft. Ältere Berichte der Häfen senden wir Ihnen gerne auf Anforderung zu.