Archiv für den Monat: Oktober 2014

Olympia und Elbvertiefung

In Hamburg gibt es ein derzeit wenig geliebtes Hafenbecken: den Moldauhafen. Seine Existenz leitet sich aus dem Versailler Vertrag ab. Er wurde laut der Wikipedia in 1929 für 99 Jahre in Erbpacht an die Tschechoslowakei verpachtet. Der aus einem Staatsvertrag abgeleitete Pachtvertrag hat den zweiten Weltkrieg und den Zerfall der Tschechoslowakei überlebt. Der Hafen wird jedoch seit einigen Jahren nicht mehr genutzt und ist nahezu leer.

Nun dürfen wir auf “Port of Hamburg” lesen, dass  die “Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe auch für die tschechische Wirtschaft von großer Bedeutung” ist.

Elbquelle1
Wappen deutscher Städte, unmittelbar an der tschechischen Elbquelle

So denken wir an den Moldauhafen, dessen Existenz durch die Hamburgischen Pläne für die Olympischen Sommerspiele 2024 laut Lagekarte aus dem Abendblatt doch sehr bedroht zu sein scheint.

Nein, es geht ja auch gar nicht um die Binnenschifffahrt, für die der Moldauhafen benötigt wird. Wir lernen aus der Pressemitteilung viele Dinge über die erfolgreiche Beziehung zwischen Hamburg und Tschechien:

  • Der tschechische seeseitige Außenhandel macht über 600.000 TEU aus, von dem über 57% über den Hamburger Hafen umgeschlagen wird, also rund 342.000 TEU.
  • Sechs Absätze weiter dürfen wir lesen, dass in 2013 im Hamburger Hafen über 213.000 TEU für den tschechischen Markt umgeschlagen wurden. Dieses seien 60 Prozent des Gesamtaufkommens Tschechiens – das wären insgesamt 323.000 TEU.

Ja, was denn nun? 600.000 oder 323.000 TEU – und wieso nicht alle Container über Hamburg?

Ist ja auch alles egal. Den Tschechen scheint die Wichtigkeit für den Hamburger Hafen vom Vorstand von “Hafen Hamburg Marketing” mit Elbvertiefung und (wegen Olympia) ohne Moldauhafen hanseatisch eingetrichtert worden zu sein. So ist es doch aus Hamburger Sicht verständlich, dass man für die Elbvertiefung über 600.000 TEU umschlägt, aber für den Moldauhafen, der ja für die Olympischen Sommerspiele benötigt wird, nur noch 213.000 TEU hat. Passt.

Also sind die Olympischen Spiele 2024 nun auch unmittelbar von der Elbvertiefung abhängig. Gut, dass wir das jetzt auch wissen…

Schiffsabgase

Mit den schwarzen Abgaswolken bei der Abreise der “YangMing Utmost” aus dem Hamburger Hafen ist die Umweltfreundlichkeit der Fracht- und Passagierschifffahrt wieder zurück in den medialen Fokus gelangt, obwohl deren giftigen Abgase aus der Verbrennung von Treibstoffen, die die Bezeichnung Sondermüll verdienen, bereits seit Jahrzehnten  in der öffentlichen Diskussion stehen. Ein Stichwort hierfür ist SECA, Sulphur Emission Control Area, der 6. Anlage des UN-MARPOL-Abkommens. Die Stadt Hamburg zeigt auf ihren Internetseiten sehr plastisch auf, um welche dramatischen Mengen an Schiffsabgasen es geht.

In zwei kleinen schriftlichen Anfragen in der Bürgerschaft wird nun der Hamburger Senat Bügeleisennach den Bemühungen für eine umweltfreundlichere Schifffahrt in seinem Einflussbereich befragt: namentlich die HADAG-Fähren im Personenverkehr und die Hamburger Hafenschlepper. Beide Schiffstypen legen täglich eine Vielzahl von Seemeilen im Hamburger Hafen in direkter Nachbarschaft zu Wohngebieten in Altona, St. Pauli, Wilhelmsburg, Hafen-City, der Veddel oder Finkenwerder zurück. Ergänzend zu diesen Schiffstypen könnte man noch die Fahrzeuge der Wasserschutzpolizei, die Lotsenboote, Löschboote, FestmaSchleppercherboote u.v.a. aufführen. Alles nur Peanuts, was diese Schiffe an Abgasen produzieren?

Neue Außenbordmotoren für Motor- und Segelboote dürfen seit Jahren nur noch als abgas- und verbrauchsarme Viertakt-Motoren verkauft werden. Bei Kraftfahrzeugen jagt eine verschärfte EU-Abgasnorm die andere. Vernünftig, keine Frage nach einem St. Florian!

Im Vergleich zu den Abgasen und den Abgasmengen der o.a. Schiffe und der Seeschiffe, insbesondere der Containerschiffer, darf aber die Frage zu den zahlreichen Ausnahmen und Übergangsfristen für eine Schadstoffreduzierung gestellt werden. Mal sehen, ob der Senat für Hamburgs Wohngebiete wirklich alles getan hat… Auf den o.a. Internetseiten unserer Stadt findet man jedenfalls keinen Hinweis zur Anlage 6 des UN-MARPOL-Abkommens – diese beschäftigt sich mit den Schadstoffen in Schiffsabgasen.

Und was stellt der ZDS (Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe), bei dem unsere Stadt Hamburg über den UVHH, (Unternehmensverband Hafen Hamburg), vertreten ist, zum Thema SECA fest? Lesen Sie hierzu in der Zusammenfassung auf Seite 79 der vom ZDS beauftragten ISL-SECA-Studie nach: Na klar, es wird mehr Lkw-Verkehr geben. Als Leser unserer Seiten kennen Sie diese wirklich armselige Argumentation bereits und können diese mit einem “Krokodilstränen”-Taschentuch in der Hand gut einordnen.

Haushaltsfragen

Der Doppelhaushalt 2015/2016 ist aktuell in den Beratungen in der Bürgerschaft. So stellen sich bei den Beratungen zu hafenpolitischen Themen um Hapag-Lloyd und die HHLA haushaltsrelevante Fragen. Sind die FinanzdeputationPrognosen zu den Gewinnausschüttungen von Hapag-Lloyd und der HHLA wirklich solide kalkuliert? Warum sind – wenn der Senat an seine Hafenstrategie glaubt – für die nächsten Jahre Dividendenkürzungen bei der HHLA eingeplant?

Leser unserer Seite kennen die Antworten bereits. In Sachen HHLA wurden bereits auf der Bilanzpressekonferenz für das Geschäftsjahr 2013 düstere Wolken für Dividendenpolitik der HHLA angekündigt. In Sachen Hapag-Lloyd hat nicht zuletzt der Bund der Steuerzahler die Perspektivlosigkeit für eine Dividendenfähigkeit der milliardenschweren Hamburgischen Beteiligung aufgezeigt.

In der Bürgerschaft wird mit einer schriftlichen kleinen Anfrage insbesondere in der Frage 8 ff. nachgefragt, wie solvent die Haushaltsplanungen wirklich sind. Vermutlich kennen Sie ebenfalls bereits die Senatsantworten? Für den interessierten Leser hier der Link zur Senatsmitteilung mit Ergänzungen zum Haushaltsplanentwurf vom 30.09.2014, bei der auf Seite 86 die in der schriftlichen kleinen Anfrage benannten Zahlenpositionen zur Hapag-Lloyd und zur HHLA zu finden sind.

Fusionsfortschritt Hapag-Lloyd

Der Bund der Steuerzahler hat aktuell sein deutschlandweites Schwarzbuch 2014 vorgestellt. Bei der Präsentation des aktuellen Schwarzbuches am 07.10.2014 wurde auf der Pressekonferenz neben den im Schwarzbuch angeführten vier Hamburger Themen laut NDR.de und Die freie Welt ein weiteres großes Verschwendungsthema angesprochen, das in der Pressemitteilung des Hamburger Steuerzahlerbundes deutliche Worte findet. So führt Lorenz Palte, Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler Hamburg e.V. aus:

“Exemplarisch möchten wir auf den städtischen Einstieg bei Hapag-Lloyd hinweisen. Hapag-Lloyd1Dieses Geschäft wurde den Bürgern vom aktuellen Senat und von dessen Vorgänger-Senat als sicheres Geschäft verkauft. Politische Mehrheiten wurden dadurch gesichert, indem behauptet wurde, die Finanzierungskosten würden durch die zu erwartenden Dividenden ausgeglichen. Aber: Pustekuchen! Bis heute ist kein einziger Euro an Dividende geflossen. Somit bleibt der Steuerzahler auf Finanzierungskosten in Höhe von 158 Millionen Euro sitzen [allein bis einschließlich September 2013]. Wir halten es grundsätzlich für bedenklich, wenn sich der Staat privatwirtschaftlich betätigt. Statt Hapag-Lloyd durch kostspielige städtische Eingriffe an den Standort zu binden, sollte sich der Senat lieber Gedanken um eine ausreichende Finanzierung des Hafens machen. Für den Wirtschaftsstandort Hamburg ist es existenziell, dass genügend finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden, damit der Hafen auch weiterhin im globalen Wettbewerb bestehen kann. So würde am Ende keine Reederei ein Interesse daran haben, einen Bogen um Hamburg zu machen”

Der Bewertung der Hamburger Politik von Herrn Palte können wir vollkommen zustimmen, obwohl wir es für legitim halten, dass ein Staat sich privatwirtschaftlich betätigt.

Und nun kommen wir zum eigentlichen Thema: wie sieht es aus mit dem Fusionsfortschritt zwischen Hapag-Lloyd und CSAV? Man hört seit einigen Wochen nichts mehr, obwohl doch alles Schlag auf Schlag gehen soll. Eine schriftliche kleine Anfrage in der Bürgerschaft fragt nun nach dem Fusionsfortschritt.

Hafenkooperation

In unserer Stadt Hamburg scheinen endlich die ersten Überlegungen einzusetzen, wie Hamburg ohne Elbvertiefung innerhalb einer norddeutschen Hafenkooperation einer der größten Häfen in der Nordrange bleiben kann. Das Abendblatt versucht  sich daran,  ein Versuch, der leider aber wieder auf die “gebetsmühlenartig vorgetragenen Dogmen” der

CTH Hamburg
CTH Hamburg

Elbvertiefungsplaner zurückfällt, aber immerhin!

Warum wird von allen in Hamburg politisch und wirtschaftlich Verantwortlichen eine derartige Kooperation immer mit einem vehementen Federstrich beiseite geschoben: “Was im schnellen Erklärdurchlauf ausgesprochen plausibel klingt, erweist sich im Alltag der Logistikwirtschaft als vollkommen unrealistisch – und jeder in der Branche weiß das.” … “Die Reeder und ihre Kunden entscheiden sich selbst für den jeweiligen Start- und Zielhafen. Die Politik kann Ladungsströme nicht lenken”.

Ach kann Sie nicht? Wer soll es denn dann sonst können?

Fangen wir mal bei den soeben zitierten Kunden mit einem fiktiven Beispiel an. Kunden könnten dabei ein in China sitzender Exporteur und ein z.B. in Polen oder Bayern sitzender Importeur sein. Nun stellen wir uns vor, dass die Kaufverhandlungen zwischen dem chinesischen Exporteur und dem polnischen bzw. bayerischen Importeur beendet sind. Man ist sich einig.

Als nächstes geht es um die Liefertermine und die Anlieferung der Ware. Diese Gespräche sollen nach Meinung der Elbvertiefungsbefürworter eine zentrale Bedeutung haben. Hier wird Marktmacht ausgespielt: Der Exporteur sagt: “Ich verschiffe die Ware nur über Rotterdam – kein anderer Hafen kommt in Frage”. Der Importeur sagt dagegen: “Nee, bei Rotterdam mache ich nicht mit – für mich ist Hamburg relevant. Der Vertrag wird bei Rotterdam storniert.”

Glauben Sie das? Wir nicht, Nein. Wir können uns dagegen vorstellen, dass beide Parteien sich auf bereits erprobte Logistikunternehmen konzentrieren. Das können Damco, Kühne&Nagel, Schenker, DHL, e.t.c. sein. Dieses wurde bestenfalls vorher in einem Ausschreibungsverfahren ausgewählt. Der bei unserem Beispielgeschäft Marktmächtigere bestimmt die Lieferung – entweder der Ex- oder der Importeur.

Die Logistikunternehmen sind entweder Tochterunternehmen einer Reederei wie bei der Maersktochter Damco, oder weltweit tätige Logistikkonzerne wie Kühne&Nagel, Teilhaber u.a. an Hapag-Lloyd, DHL mit Deutsche Post oder Deutsche Bahn mit Schenker. Und nun kann man überlegen, wen diese Logistikunternehmen denn mit der Verschiffung der Ware und mit welchem Zielhafen beauftragen würden…?

Und diese Ladungsströme soll man von Seiten der Politik nicht lenken können? Das beste Beispiel einer Möglichkeit der Ladungslenkung erhalten wir gerade durch die Diskussion der Straßenmaut. Und: Warum rühmen sich Bremerhaven/Bremen und Hamburg als Eisenbahnhäfen? Wieso fertigt Rotterdam soviel Hinterlandverkehr über Binnenschiffe ab?

Der Staat, also wir Alle, stellen für diese Logisitik die Infrastruktur bereit. Wir bezahlen die Straßen, Eisenbahnstrecken, Flughäfen und Häfen samt Bundeswasserstraßen. Wir sollen also nur zahlen dürfen, ohne etwas (mit-)bestimmen zu dürfen?  Eine sehr merkwürdige Auffassung, die die Hafenwirtschaft und Logistik hier vertreten. Eine Externalisierung, die mit Marktwirtschaft so überhaupt nichts zu tun hat. Sie wird uns aber als “Kraft des Marktes” verkauft – eine “Kraft”, die die Kosten auf uns Steuerzahler abwälzt. Pfui.

Umgekehrt: Weniger engagiert kümmert sich die Politik um die Ladungsströme für Schwergut. Hier ist es den Kunden nun wirklich nicht “schietegol”, wie die Produkte zu den Zielen kommen. Wir konnten lesen, dass, trotz eigentlich anderer Wünsche, die Unternehmen wegen der innerdeutschen längeren Transportwege und -zeiten sowie der damit verbundenen höheren Kosten “zähneknirschend” nach Antwerpen ausweichen mussten. Es interessiert aber trotz der volkswirtschaftlichen Bedeutung dieser Produktion in diesem Land keinen politisch Verantwortlichen!

Abschließend möchten wir an das Gutachten zu einer norddeutschen Hafenkooperation von Herrn Prof. Dr. Ordemann erinnern. Auf den Internetseiten des WWF werden weitere Informationen über eine mögliche Hafenkooperation bereitgestellt.

Schwarze Rauchschwaden

Am 04.10.2014 hat die “YangMing Utmost” gegen 18:00 Uhr den Hamburger Hafen vom CTT mit dicken schwarzen Rauchwolken verlassen. Die Hamburger Morgenpost und andere Zeitungen berichteten ausführlich über die Rauchschwaden.

In der Hamburger Bürgerschaft sind nun schlagartig drei schriftliche kleine Anfragen zu den Rauchwolken der “YangMing Utmost” gestellt worden:

  1. Schwerölwolke über Hamburg – welche akute Gesundheitsgefährdung
    bestand wirklich?
  2. Wurde die Umweltschweinerei der MS YangMing Utmost unterschätzt?
  3. Störungen der öffentlichen Sicherheit auf der Elbe durch das Schiff
    „Yang Ming Utmost“ am 4. Oktober 2014

Warum die Hamburger Wasserschutzpolizei die “YangMing Utmost” nicht mehr erreichen konnte, ist uns ein Rätsel. WaSchpoImmerhin hat Hamburg über den “Unterelbevertrag” die “wasserschutzpolizeilichen Aufgaben” der Länder Schleswig-Holstein und Niedersachsen für nahezu das gesamte Gebiet der Unterelbe von Hamburg bis kurz vor Elbe-1-Position übernommen. Und zu den (wasserschutz-)polizeilichen Aufgaben gehören zumindest in Niedersachsen doch auch die Ermittlung bei Umweltstraftaten bzw. die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten.

Wir glauben nicht, dass die passiv wirkende Vorgehensweise der Wasserschutzpolizei einen Zusammenhang mit den von Marktteilnehmern berichteten Manipulationen beim Treibstoffeinkauf und den befürchteten laschen Kontrollen der nationalen Polizeibehörden hat.

Es ist aber bemerkenswert, wenn die weltgrößte Reederei bei den europäischen Gremien regelmäßig auf Verstöße zu den ab 01.01.2012 geltenden EU-Bunker-Gesetze, die ab 01.01.2015 weiter verschärft werden, hinweist, mehr Kontrollen der nationalen Behörden einfordert und selber angibt, in 2012 lediglich einmal in den Gewässern der EU kontrolliert worden zu sein.

2M erhält “Go” von FMC

Die amerikanische Wettbewerbsbehörde FMC hat keine Einwendungen gegen die Maersk2Zusammenarbeit der beiden weltweit größten Containerreedereien Maersk und MSC in der 2M-Allianz. Der FMC-Pressemitteilung vom 09.10.2014 sind die Gründe zu entnehmen.

Das WSJ hatte kurz zuvor diese Meldung als noch unbestätigt veröffentlicht. Maersk hatte parallel eine Presseinformation herausgegeben.

Die heutige Presseinformation von MSC erläutert, dass noch Gespräche mit weiteren Wettbewerbsbehörden stattfinden werden. Die Zustimmung der amerikanischen FMC wäre jedoch die einzige Zustimmung gewesen, die das Potenzial für einen Abbruch oder eine Verzögerung bei der Umsetzung von 2M gehabt hätte. Optimistisch geht MSC von einem Start der Zusammenarbeit mit Maersk für Beginn des kommenden Jahres aus.

Das Abendblatt zeigt erste Perspektiven für Wilhelmshaven auf.

Schwergutumschlag

Heute sind im Abendblatt und in der Welt Artikel zum Thema Schwergutumschlag erschienen. Die Titel der Artikel “Marode Straßen — Hamburger Hafen verliert Aufträge” bzw. “Hafen verliert Aufträge” nehmen Bezug auf den desolaten Zustand der Straßen und Brücken innerhalb Hamburgs und Deutschlands und schließen an einen vor einem Monat veröffentlichten Welt-Beitrag zu Schwerguttransporten an.

Nein, wir wollen nicht auf die CO2-Bilanz derartiger Transportwege eingehen – das machen sicherlich schon Redakteure mit wenig Recherche-ZEIT. Uns kommt eine ganz andere, seit Jahren nicht beantwortete Frage in den Sinn:

Deutschland ist laut aller Statistiken Exportweltmeister. Diesen Titel können wir nicht über den Export von Rohstoffen, landwirtschaftlichen Produkten und Billigproduktionen erworben haben. Deutschland verfügt über nur sehr wenige begehrte Rohstoffe, ist kein Weltmarktexporteur von z.B. Rohkaffee oder Bananen und produziert auch keine Massentextilien, Billigelektronikartikel oder Plastikspielzeug. Dieses alles wird größtenteils importiert, aber nicht exportiert.

Der Exportüberschuss kommt von anderen Produktionen: neben der aktuell diskutierten, hier nicht weiter thematisierten, Rüstungsproduktion scheint die Branche des Schwermaschinen- und Anlagenbaus einen wichtigen Beitrag für unseren hochgepriesenen Propeller1Weltmeisterstatus zu leisten. Bei diesen Produkten handelt es sich nicht nur um Turbinen, Windenergieanlagen, Lokomotiven und Waggons, sondern um ganze Fabrikanlagen, Schiffspropeller, Transformatoren u.s.w. Es sind hochwertige und hochpreisige Güter, die unsere Patente, Know-How und Ausbildung enthalten und….

…die auf jeden Fall nicht im Standardcontainer befördert werden können!

Wie passt das zusammen? Einerseits wird uns erklärt, dass wir gut ausgebildete Fachkräfte für die Entwicklung und Produktion neuer Technologien benötigen und wir für die Herstellung von Billigprodukten als Hochlohn-Land grundsätzlich ausscheiden. Unsere Häfen sollen wir brauchen, damit wir unseren Exportüberschuss auch in Zukunft verdienen können.

Andererseits scheinen unsere Häfen aber nur noch Container zu können – kurz, wir können nur noch “Billigkram” importieren, aber exportieren? Das was für unser Einkommen lebenswichtig sein soll, die o.a. Produktion von Gütern des Schwermaschinen- und Anlagenbaus scheinen wir immer komplizierter über die Straßen auf die Schiffe in deutschen Häfen zu bekommen, damit es an die Besteller ausgeliefert werden kann.

Schiffe, die Schwergut transportieren, benötigen für den Anlauf der deutschen Häfen keine Vertiefungen. Eine Elbvertiefung würde in keinster Weise zur Verbesserung der Probleme der in den Artikeln betroffenen Branchen beim Export ihrer Produkte beitragen. Vielmehr scheinen die Branchen an unserer “maroden Infrastruktur” zu leiden – die, wenn man das Bild der Köhlbrandbrücke im Abendblatt  betrachtet, insbesondere von dem Lkw-Verkehr mit Containern belastet wird. Ist diese Infrastruktur-Politik und Hafenstrategie wirklich auf die Bedürfnisse unseres Landes und unserer Menschen zugeschnitten?

Ach ja, wie kommen denn diese schweren Produkte überhaupt aufs Schiff? Hafenkräne1Da gab es eine schriftliche kleine Anfrage im Dezember 2013 zu den Hamburger Hafenkränen. Sie ahnen es schon – das interessiert in Hamburg keinen Regierenden, die doch aber immer von Exportweltmeisterschaft reden.
Die beiden in der Anfrage benannten HHLA-Kräne sehen aber imposant aus und erscheinen, im Gegensatz zu den neuen Containerbrücken am Burchardkai, wie Fossilien aus dem letzten Jahrhundert.

Regierungserklärung

Heute Nachmittag hat der Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Herr Rathaus1Olaf Scholz, vor der Bürgerschaft eine Regierungserklärung zum Aussetzungsentscheid des Bundesverwaltungsgerichtes abgegeben. In den Zeitungen sind neben den Berichten auch die Antworten der Oppositionsfraktionen zu finden. So in der Hamburger Morgenpost, der Tageszeitung TAZ und im Abendblatt.

Der Erste Bürgermeister scheint seine kompromisslose Politik in Sachen Elbvertiefung und damit die Politik seiner Vorgänger nahezu nahtlos fortzusetzen:

  • Die Leistungen der Planer und Verantwortlichen werden hervorgehoben, obwohl diese doch Entscheidendes “vergessen” haben. Warum sind denn die angeblich “sechs” Mängel mit nur “100 Seiten” in den 6.600 Planungsseiten nicht gleich vorab beseitigt worden?
  • Das Gericht wird von ihm da zitiert, wo es passt – was am Entscheid unbequem ist, wird weggelassen. Wir erinnern aus der Rede des Richters noch weitere 130 von der Elbvertiefung bedrohte Pflanzenarten, die nicht mit einem Wort im Planfeststellungsverfahren angeführt worden sind.
  • Europa ist nach seiner Meinung ganz gut, aber bei selbstdefinierten Schicksalsfragen mit Umwelttüdelüd entscheiden wir das in Hamburgs Rathaus doch lieber selber. Das gewählte Beispiel aus Frankreich und der Satz “Vielleicht müssen wir hin und wieder gemeinsam in Europa und mit der Bundesregierung überlegen, wie wir europäische Vorgaben jeweils national implementieren.” lässt tief in ein sehr gering ausgeprägtes europäisches Bewusstsein unseres Bürgermeisters blicken.
  • Flüsse sind zum Transportieren dar. Und vor Jahren auch für “Trübes” sagt Herr Scholz… Wer hat denn aber dafür Sorge getragen, dass unsere Unterelbe in den vergangenen Jahren nicht zum stinkenden Abwasserkanal verkommen ist? Etwa der Hamburger Senat? Nein, das mussten immer andere machen: z.B. bei der Cholera-Epidemie die Berliner Reichsregierung mittels Zwangsmaßnahmen oder ab den Jahren um 1970 eine Bürgerbewegung vor dem Hamburger AKW-Brokdorf.

Konnten Sie in der Rede von Herrn Scholz irgendein Wort zu einer norddeutschen Hafenkooperation lesen? Gab es ein Wort zu den Anliegen der norddeutschen Nachbarn in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Bremen oder Mecklenburg-Vorpommern? Worte zu …, …, …? Nein, es war wieder nur die berühmte hanseatische Arroganz zu lesen, schade.

Erbe der Freiheit?

Im Abendblatt ist heute ein Interview mit dem Präsidenten des AGA Norddeutscher Unternehmensverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung e.V., Herrn Hans Fabian Kruse, über die vermeindlichen Auswirkungen des Aussetzungsentscheides des Bundesverwaltungsgerichtes auf den Hamburger Hafen zu lesen.

Die üblichen Phrasen und Drohgebärden des Präsidenten eines Unternehmensverbandes zu bewerten ist müßig. Nach den ersten “erschrockenen” Berichterstattungen scheint mit diesem Interview eine neue Richtung eingeschlagen zu werden. Man besinnt sich auf die vermeindlich “wahren Schuldigen” und malt Untergangsszenarien aus. Zwei Äußerungen des Herrn Präsidenten Fabian stechen uns dabei besonders ins Auge:

  • Wir fordern eine Zurückschneidung des Verbandsklagerechts. Dieses war gut gedacht, hat aber zu einer Perversion des Systems geführt. Umweltverbände sollen auch künftig an den Planungen für Infrastrukturvorhaben beteiligt werden, sie sollen Mehrheitsentscheidungen der Parlamente aber nicht mehr bis in alle Ewigkeit blockieren können.” sagt Herr Kruse. Auffällig ist, dass in dem gestern veröffentlichten CDU-Strategiepapier eine ähnliche Formulierung zu finden ist: “Zum Schluss … sollten das Projekt und die Alternativen im Parlament zur Abstimmung gestellt werden und statt als Verwaltungsakt als Gesetz festgelegt werden, das nur noch einer Normenkontrolle durch die Gerichtsbarkeit unterworfen werden kann.”
  • An unserem Hamburger Rathaus ist in lateinischer SpRathausAhnenrache in goldenen Buchstaben über dem Eingang der Hamburger Leitsatz “Die Freiheit, die die Alten erwarben, möge die Nachwelt würdig erhalten.” zu lesen. Herr Fabian scheint in seinen Antworten auf diesen Satz Bezug zu nehmen: “Wir müssen den Erhalt unserer Infrastruktur endlich als Erbe begreifen. Frühere Generationen haben die Infrastruktur hervorragend ausgebaut.

Beide Punkte und die Wortwahl qualifizieren Herrn Fabians Äußerungen als strammen Lobby-Vertreter. Die Ansprüche des AGA-Präsidenten an einem qualifizierten demokratischen Willensbildungsprozess in Hamburg und Norddeutschland scheinen dabei nicht besonders groß zu sein. Den in unserem Hamburger Rathaus in goldenen Buchstaben eingemeißelten Freiheitsbegriff unserer Ahnen dann auch noch alleinig auf wirtschaftliche Vorteile zu beziehen, lässt für die Diskussionen der folgenden Wochen und Monate Schlimmstes befürchten.

Hafen Hamburg 2030

RathausWilhelmshaven
Rathaus Wilhelmshaven, vormals Rüstringen, erbaut von Fritz Höger, dem Architekten des Chilehauses in Hamburg

Heute wurde das vorgelegte Konzept der Hamburger CDU zur Hafenentwicklung bekannt. Es trägt den Titel “Hafen Hamburg 2030” und ist laut SHZ ein “Plan B”  der Hamburger CDU für die Entwicklung des Hamburger Hafens nach dem Aussetzungsentscheid des Bundesverwaltungsgerichtes: Ein Plan für den Fall der Fälle, d.h. ohne Elbvertiefung? Das Hamburger Abendblatt zitiert den CDU-Fraktionschef, Herrn Dietrich Wersich, mit den Worten “Es geht nicht nur um die Fahrrinnenanpassung” und listet eine Vielzahl von Hafenthemen rund um die Infrastruktur des Hamburger Hafens auf.

Es sind in der Tat alles Hafenthemen, die wir in der im Internet gut versteckten vollständigen Version des CDU-Konzeptes “Hafen Hamburg 2030 – Impulsgeber für Norddeutschlands Wirtschaft” finden. Mit dem Konzept scheint in die Hamburger Politik ein klein wenig Bewegung zu kommen: statt der in Sachen Elbvertiefung von den bisherigen Hamburger Regierungen aller Couleur (CDU, Grüne, SPD) gezeigte kompromisslose Betonkopfpolitik werden kleine Gesprächssignale ausgesendet. Das erscheint uns neu.

Alt sind dagegen die Zöpfe, die die CDU versucht, erneut abzuschneiden. Statt Respekt gegenüber den Verteidigern der bürgerlichen Rechte, aber auch der Umwelt, gegenüber den Naturschutzverbänden, Bürgerinitiativen, Obstbauern, Fischern, Anwohnern, Kommunen e.t.c., die sich in Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Bremen organisiert haben, auszusprechen, werden von der CDU wieder Kanonen zu den Pforten geschoben. Es hat sich doch gerade im aktuellen Verfahren zur 9. Elbvertiefung gezeigt, dass diese vorgenannten Menschen und Organisationen die Letzten waren, die unser aller gemeinsames demokratisch legitimiertes Recht mit einem enormen privaten Engagement gegen die Regierungen und Behörden verteidigt haben!

Warum glaubt die Hamburger CDU, dass sich diese Menschen mit der Vorgabe eines  CDU-Hauptziels “Festhalten an den Plänen zur Fahrrinnenanpassung, Beseitigung der vom Gericht monierten Mängel” wieder an einen gemeinsamen Tisch bringen lassen? Glaubt die CDU wirklich an eine offen diskutierbare norddeutsche Hafenkooperation, wenn sie als erstes Hauptziel definiert: “Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens verbessern und an die größer werdenden Containerschiffe anpassen“? Wie ein “Plan B” sieht das nicht aus.

In dem heute veröffentlichten Konzept werden einige wahre Sachverhalte benannt und interessante Gedankenansätze erörtert. Eine Hamburger CDU, die ihre politische Staatsverantwortung in die Hand nehmen würde und ihre Position nicht vorauseilend unterwürfig in einem “Aber Reedereien bzw. deren Kunden werden sich bei der Auswahl ihres Anlaufhafens kaum an theoretisch ausformulierten, rein politischen Zielsetzungen orientieren”  festlegt, würde in Norddeutschland deutlich mehr Gehör finden!

Eis und Elbvertiefung

In den Lübecker Nachrichten war vor kurzem im Artikel “Elbvertiefung und neue Strukturen erhöhen Eisgefahr” zu lesen: “Das Wasser- und Schifffahrtsamt Lauenburg Eisgang(WSA) warnt vor einer steigenden Eisversatz-Gefahr auf der Elbe. Durch eine Elbvertiefung könne nach Ansicht der Experten das gefährliche Phänomen öfter auftreten und durch die Strukturreform der Schifffahrtsverwaltung dann das Fachpersonal für die Eisbrecher fehlen.”

Was ist Eisversatz? Für eine Erklärung greifen wir auf die in 2012 veröffentlichte Dissertation “Eishochwasser an Oder und Elbe…” von Alfred Schuh, Kapitel 4.3.4 zurück. “Ein Eisstau bildet sich unter anderem in einem Fluss, wenn der Transport von Eiskristallen, bzw. Eisschollen … eingeschränkt ist. Die einzelnen Schollen berühren sich und frieren zusammen. … Verdichtet sich dieser Eisstau von Ufer zu Ufer. .. entsteht ein Eisstand. … Eine Eisversetzung dagegen ist gegeben, wenn sich die weiter ankommenden Eisschollen auf den bereits bestehenden Eisstand sowohl darauf- als auch darunter schieben und so den Abflussquerschnitt stark einengen. … Bei diesen Eisversetzungen können sich die über- und untereinander geschobenen Eisschollen zu einer Stärke von bis zu 2,50 m auftürmen. Die Folge davon sind ansteigende Wasserstände oberhalb der Eisversetzung.

Was hat das mit der Elbvertiefung zu tun? Wir zitieren weiter aus der Dissertation: “Ein spezieller Bereich, an dem sich ein Eisstau bilden kann, ist der Tidebereich der Elbe. Hier ist der kritische Abschnitt für Eisstände die Flutstromgrenze, die wiederum von der Abflussmenge und dem Tidehub abhängt. Er liegt an der Elbe zwischen Strom-km 599 (Zollenspieker) und 620 (Norderelbbrücke bzw. Altenwerder)… Die Flutstromdauer liegt bei Hamburg-Harburg zwar nur bei 4,75 Stunden, während die Ebbestromdauer bei 7,75 Stunden liegt. Dennoch staut das auflaufende Wasser den ungehinderten Eisschollenabfluss. Wenn hier nicht durch Eisbrecher in der Flutstromphase das dichte Treibeis am Zusammenfrieren gehindert werden kann, hat das Treibeis bei Ebbe keine Chance abzufließen. Bei dieser sogenannten Tideströmung schieben sich das mit der Flut stromauf „fließende“ Eis und das mit der Ebbe abfließende Eis ineinander und frieren zusammen. Es verdichtet sich zu Packeis oder Presseis.
In dem Informationsblatt “Eisaufbruch” des WSA Lauenburg ist ergänzend zu lesen: “Bei hohen Ab‚flüssen beginnt der Eisstand in der Regel im Tidebereich unterhalb von Geesthacht, bei geringeren Ab‚flüssen im Staubereich des Wehres. Ein Eisstand setzt sich schnell nach Oberstrom fort und kann mehrere 100 km Ausdehnung erreichen. So reichte der Eisstand 1996/97 von Geesthacht bis Barby. In exponierten Bereichen wie z. B. … unterhalb des Wehres Geesthacht im Tidebereich kann sich das Eis dabei auch zu massiven Eisversetzungen zusammenschieben. Diese behindern den Ab‚fluss stark, so dass sich das Wasser hinter einer derartigen Barriere schnell aufstaut und massive Gefahren für den Hochwasserschutz darstellt. Unkontrolliert brechende Eisbarrieren und abschwimmende Treibeisfelder stellen ebenfalls eine Gefahr für Deiche und Bauwerke dar.

Jetzt kann ein Zusammenhang zwischen Elbvertiefung und Eisversatz hergestellt werden. Mit der geplanten 9. Elbvertiefung scheinen auch die Mitarbeiter des WSA Lauenburg einen weiteren Anstieg des Tidenhubes zu befürchten und damit die Förderung des wesentlichen Parameters für die Bildung des Eisversatzes. Wenn die Tideelbe vom Wehr in Geesthacht bis nach Hamburg nicht von einem Eisversatz freigehalten werden kann, droht, dass sich das Wasser in der Mittelelbe aufstaut, über die Deiche tritt und Eisschollen den Deich beschädigen.

“Im Februar 2012, als die zehn Spezialschiffe zum bisher letzten Mal auf der Elbe massiv gefordert waren, sei man knapp an einer Katastrophe vorbeigeschrammt, schilderte Bettina Kalytta die brisante Situation”. Dass die von den Mitarbeitern des WSA Lauenburg o.a. Befürchtungen  nicht irreal sind, berichtet auch die Bergedorfer Zeitung aus dem Eiswinter 2012.

Wie die Räumung der Elbe zwischen Hamburg und Geesthacht funktioniert und welche Auswirkungen ein Eisversatz auf die Wasserstände hat, wird vom WSA Lauenburg ausführlich in der Präsentation “Eisbekämpfung durch die WSV auf der Elbe” beschrieben.

In dem Artikel der Lübecker Nachrichten lesen wir weiter, dass es um die personelle Ausstattung der Eisbrecherflotte von 10 erforderlichen Schiffen nicht gut bestellt ist. Der Bund als Mitbetreiber der aktuellen Elbvertiefung will bei der Organisation der eigenen Wasser- und Schifffahrtsverwaltung, also auch der Lauenburger Eisbrecherflotte, kräftig sparen. Das HHSanderDeichpasst angesichts der von den Mitarbeitern des WSA Lauenburg beschriebenen Gefahr des Eisversatzes nicht zusammen. Aber auch in Niedersachsen scheint man dieses Thema nicht ernst zu nehmen. So bestätigt die Antwort 3 des damaligen Umweltminister Herrn Hans-Heinrich Sander auf eine Anfrage im Niedersächsischen Landtag aus 2005 die Gefahren eines Eisversatzes für die Deichsicherheit und die Notwendigkeit des Bestandes der Eisbrecherflotte. Niedersächsische Konsequenzen aus dieser Antwort haben wir in den Einvernehmensverhandlungen mit Hamburg im Jahre 2012 nicht wahrgenommen. Gehören die Kreise Harburg, Lüneburg und Lüchow-Dannenberg nicht mehr zu Niedersachsen? Dieses macht uns stutzig, da wir ja bereits um die finanziellen Irrungen beim Bau des Wehres in Geesthacht berichtet hatten.

Erste Nachlese zu Leipzig

BVerwGLeipzig5Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig vom 02.10.2014, das Verfahren zur Elbvertiefung bis zur Entscheidung des EuGH in Luxemburg in Sachen WRRL zur Weservertiefung auszusetzen, liegen nun viele Berichte, Kommentare der Medien und Pressemitteilungen der Politik, Bürgerinitiativen und Verbände vor. Im Folgenden haben wir Ihnen eine Übersicht von frei zugänglichen Artikeln und Pressemitteilungen bereitgestellt, die wir mit kurzen inhaltlichen Kommentierungen versehen haben. Im Anschluss an die Medienberichte stellen wir Ihnen einige Pressenmitteilung zur Verfügung.

Medienberichte

Pressemitteilungen

Neues Feuerlöschboot?

NDR90,3 meldete in dieser Woche in seiner Plattdeutschrubrik, dass nun doch ein neues Feuerlöschboot für den Hamburger Hafen angeschafft werden soll. Auch das Abendblatt berichtete über das neue Feuerlöschboot.Feuerwehr1

Seit mehreren Jahren stehen in Hamburg lediglich drei Feuerlöschboote mit musealen Eigenschaften zur Verfügung. Diese sind häufig defekt oder in Reparatur und damit nicht zuverlässig einsatztüchtig. Seit dem Brand des Atomfrachters “Atlantic Cartier” im Mai 2013 wird der Senat von der Bürgerschaft aufgefordert eine Neuanschaffung zu tätigen.

Das neue Boot soll 2016 fertiggestellt werden, zwischen 8 und 16 Mio. Euro kosten und in Nähe der Containerhäfen stationiert werden. Wir hoffen, dass die Nachricht über den Neubau des Löschbootes keine “Ente” ist.

Entscheidung in Leipzig

Das Bundesverwaltungsgericht hat soeben das Verfahren zur Elbvertiefung bis zur Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union in Luxemburg BVerwGLeipzig7C-461/13 (Weservertiefung) ausgesetzt.

Die mündliche Verhandlung vor dem EuGH hat bereits Anfang Juli 2014 stattgefunden. Mit einem Urteil wird im Frühjahr 2015 gerechnet.

Die Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichtes finden Sie hier.

Die Entscheidung des Gerichtes gliedert sich in zwei Teile. Im Ersten Teil nimmt das Gericht Stellung zur Aussetzungsentscheidung, im Zweiten stellt es Mängel am Planfeststellungsbeschluss, hier insbesondere der Umweltverträglichkeitsprüfung fest.

BVerwGLeipzig6
Hamburg-Wappen im Gerichtssaal

Bei der Aussetzungsentscheidung nahm das Gericht Bezug auf die beim EuGH ausstehende Entscheidung zur Auslegung der Wasserrahmenrichtlinie im Zusammenhang mit der Weservertiefung. Das Gericht wies darauf hin, dass die vorgenommene Hilfsprüfung zur Verschlechterung des Gewässers, veröffentlicht im Ergänzungsbeschluss vom Oktober 2013, mangelhaft war. Die Kritik des Gerichtes zielt dabei auf die Bewertungskriterien, die nicht eindeutig und nachvollziehbar beschrieben worden sind. Die ermittelten Ergebnisse sind damit nicht überprüfbar.

Weiterhin stellt das Gericht erhebliche Mängel im Planfeststellungsbeschluss zur FFH- und Umweltverträglichkeitsprüfung fest.

Zur Umweltverträglichkeitsprüfung:
Im Planfeststellungsbeschluss werden insgesamt 131 gefährdeten Pflanzenarten genannt. Allerdings wurde lediglich für den Schierlingswasserfenchel eine umfassende Untersuchung durchgeführt. Alle anderen Pflanzen müssen jedoch auch genauer eingeschätzt werden.
Des weiteren wurde beanstandet, dass das Schutzgut Artenvielfalt nicht ausreichend gewürdigt wurde. Im Planfeststellungsbeschluss wird zwar festgestellt, dass kein Totalverlust bei den Pflanzenarten zu erwarten ist. Das Gericht hält es für notwendig, die Beeinträchtigung der Pflanzenarten zu beachten und vermisst Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss.

Zur FFH:
Trotz der Nachbesserung des Planfeststellungsbeschlusses während der Verhandlung haben die Planer nicht überzeugend dargelegt, dass die Finte durch die Elbvertiefung ausreichend geschützt wird. Bereits jetzt sei bekannt, dass es gravierende Sauerstoffprobleme im Laichgebiet der Finte gibt. Die von den Planern verneinte Verschlechterung sieht das Gericht als fehlerhaft an, es geht von einer hohen Wahrscheinlichkeit der Verschlechterung des Lebensraums der Finte aus.
Ebenso haben die Planer nach Ansicht des Gerichts nicht ausreichend die Auswirkungen auf die Brutvögel geprüft und nachgewiesen, dass sich deren Lebensraum verschlechtern wird.
Das Gericht stellt zudem fest, dass die Planer die notwendigen Ausgleichsmaßnahmen, die in Zusammenhang mit einer derartigen Vertiefung standardmäßig vorgenommen werden müssen, gleichzeitig als zusätzliche Kohärenzmaßnahmen (Ausgleichsmaßnahmen) aufgeführt haben. Hier muss noch deutlich nachgebessert werden.

Bei den Ausgleichsflächen für den Schierlingswasserfenchel beanstandet das Gericht, dass zwar relativ große Flächen angeführt werden, aber nicht nachgewiesen wurde, dass diese auch geeignet seien, um den Fortbestand der Pflanze sicher zustellen. Außerdem gäbe es Differenzen über die Angaben zu Ausgleichsflächen: die Planer haben gegenüber der EU-Kommission andere Werte angeführt, als gegenüber dem Gericht.

Zum Abschluss wies das Gericht noch darauf hin, dass es eine Vielzahl an Mängeln gibt, von denen einige beispielhaft aufgeführt wurden. Die Kläger hätten deutlich mehr Aspekte aufgeführt. Punkte, die in der später folgenden schriftlichen Begründung nicht genannt werden würden, seien somit in Ordnung.

Nach der Entscheidung zur Weser wird über die Elbe erneut vor dem Bundesverwaltungsgericht verhandelt. Dann können von Klägern und Beklagten neue Aspekte eingebracht werden. Eine Entscheidung wird erst danach gefällt werden. Außerdem stehen noch die Verhandlungen zu den weiteren Klagen von Städten, Verbänden und Privatpersonen aus, die ebenfalls Auswirkungen auf die Möglichkeit der Durchführung der 9. Elbvertiefung haben werden.

Das bedeutet, dass Hamburg und Bund noch einmal viel Zeit und (Steuer)Geld in die Hand nehmen müssen, um die aufgeführten mangelhaften Untersuchungen zu den Auswirkungen durch die Elbvertiefung zu überarbeiten. Die geplante 9. Elbvertiefung scheint dank der schlampigen Planungen zu einem Fass ohne Boden zu werden.