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Baggerökonomie

AlexandervonHumboldtBaggerEs ist beruhigend zu wissen, dass die HPA in Sachen Hafenschlick nun wieder alles im Griff hat. Das können wir jedenfalls der nach Frühjahrsputz klingenden HPA-Pressemitteilung vom 02.03.2016 entnehmen: “Begleitend zur Umlagerung bei der Insel Neßsand wird der Hopperbagger gering belastete Sedimente aus der Süderelbe zur sogenannten Tonne E3 in die Nordsee bringen.” Und wir dürfen dazu eine neue Beprobung dieses “gering belasteten” Sediments zur Kenntnis nehmen: Ein Zahlenfriedhof zu Giftstoffen sondergleichen wird uns präsentiert. Wer sich wie wir fragt, ob das nun bedenklich ist, findet keinerlei Antwort. Erneut wird auf einen wissenschaftlich dargestellten Abgleich der gemessenen Giftstoffkonzentrationen mit dem oberen Richtwerten R2 aus der GÜBAK (siehe Tabelle auf Seite 13), der auch für Hamburg und Schleswig-Holstein gültigen Baggerverordnung, verzichtet.

Eine kurze Überblicksauswertung zwischen dieser Verordnung und den HPA-Proben zeigt, dass beim Hexachlorbenzol HCB der auf 5,5 μg festgelegte Richtwert 2 mit 6,6 μg im Mittelwert locker um 20% überschritten wurde. Eine noch höhere Überschreitung ist bei DDT und seinen Metabolite festzustellen: sie liegt im Mittelwert der Proben bei deutlich über 60%.

Nur allein diese beiden Stoffe sind für den Menschen seit nahezu einem halben Jahrhundert als stark krebserregend eingestuft worden – die HPA verkauft uns deren Verklappung aber als einen reinigenden Frühjahrsputz von “gering belastetem” Sediment. Wir alle wissen, dass dieses Baggergut “Sondermüll” ist, dessen Entsorgung alles andere als einfach und vor allen Dingen “billig” ist.

AlexandervonHumboldt2Statt über vernünftige Lösungen nachzudenken, haben unsere Politiker anderes im Sinn. Geiz ist geil, scheint die Devise zu sein. Während ein Bürger für die umweltgerechte Entsorgung von 100 Litern ungiftigen, keramischen Bauschutt bei der Hamburger Stadtreinigung 9,20 Euro zu zahlen hat, scheinen für die politischen Akteuren für vergiftete Sedimente andere Regeln zu gelten. Für die nicht-umweltgerechte Entsorgung der zehnfachen Menge, also 1.000 Liter bzw. 1 m³ hochgiftigen Sediments erscheinen ihnen selbst 2 Euro bzw. ab dem Jahr 2016 dann 2,50 Euro noch zu teuer zu sein. Warum?

Warum umschreiben Politiker dieses unverantwortliche Handeln in einer Schriftlichen Kleinen Anfrage mit den Worten “Der Kompromiss mit Schleswig-Holstein scheint teuer erkauft worden zu sein und ist damit alles andere als ein nachbarschaftlicher Freundschaftsdienst.

Wenn es denn schon im o.a. Kostenvergleich wohl doch diesen “Freundschaftsdienst” des grünen Umweltministers in Schleswig-Holstein gibt, ist nicht zu verstehen, warum dann marktdominierte Abgeordnete nicht auf Marktpreisen bestehen. Ein marktgerechter Preis würde eine Externalisierung von Kosten, also ein krasses Marktversagen, verhindern und endlich den Wettbewerb fördern. Können Politiker wirtschaftlich und insbesondere ökologisch nur noch Schaum schlagen?

Ja, leider. Auch wenn diesen o.a. Abgeordneten, aber auch unserem Senat, die zu zahlenden Gelder für das hochgiftige Baggergut viel zu hoch erscheinen: was kommt denn von diesen hamburgischen Millionenüberweisungen wirklich bei der Umwelt an? Ja, das sind wirklich Peanuts…

Die Ministerantworten auf eine Schriftliche Kleine Anfrage im Schleswig-Holsteinischen Landtag anlässlich der Stiftungsgründung “Nationalpark Wattenmeer”, also jener Stiftung an die Hamburg seine “Ablasszahlungen” für die Verklappung des hochgiftigen Baggerguts leistet, offenbaren das Desaster: “In der Annahme eines weiterhin niedrigen Zinsniveaus am Kapitalmarkt ist davon auszugehen, dass die Stiftung in den nächsten Jahren Fördermittel in Höhe von ca. 30.000 bis ca. 50.000 €/a aus der Anlage des Stiftungskapitals generieren kann.

So fragen wir: wie können Politiker ernsthaft glauben, dass mit 30 bis 50 Tausend Euro pro Jahr schwere Vergiftungen der Nordsee auch nur ansatzweise ausgeglichen werden können?

Steinwerder Mottenkiste

BUSS Hanseterminal 1Die Erwartungen an die Ausführungen des Wirtschaftssenators Herrn Frank Horch und des HPA-Geschäftsführers Herrn Wolfgang Hurtienne zu den Hafenplanungen “CTS-Mittlerer Freihafen” im Wirtschaftsausschuss der Hamburger Bürgerschaft am vergangenen Donnerstag, 25.02.2016 waren sehr hoch.

Hatte doch der Wirtschaftssenator zwei Monate zuvor sein weihnachtliches Füllhorn für den Hafen in der Welt insbesondere über dieses zentrale Hafengebiet ausgeschüttet: “BUSS wird seinen Hansa Terminal im mittleren Hafen bis Ende 2016 aufgeben, dafür wurde das Unternehmen ja vor Jahren schon entschädigt. Dann werden wir den Bereich von Süden nach Norden neu erschließen – im Sinne eines Universalhafens mit gemischter Nutzung. Der Umschlag von Schwergut und Projektladung ist dort ebenso denkbar wie die Autoverladung, das Containergeschäft oder die Ansiedlung industrieller Endmontagen.”

Die Berichterstatter, die Herren Horch und Hurtienne, stellten nun am Donnerstag den Abgeordneten aber auch den vielen anwesenden BUSS-Mitarbeitern mit vielen Worten raumfüllend eine nichtssagende Planung für das CTS-Gelände vor. Herr Horch bestätigt die alten Senatsplanungen von vor fünf Jahren, in welchen für Steinwerder kein Containerterminal, sondern weiterhin ein Multipurpose-Terminal geplant sei. “Ja, aber wie und warum ohne BUSS” – fragten sich die Zuhörer?.

Daraufhin präsentiert Herr Hurtienne mit wenigen Worte ein von Unternehmensberatern “erstellten Branchenscreening” zu “6 hafenaffinen zukunftsorientierten Zielindustrien als potentielle Ankerkunden“. Baah, wie toll. Und an 3D-Printing will man auch denken.

Er stellt anschließend eine Sammlung alter Hüte aus der im Jahr 2008 verschlossenen CTS-Planungsschublade vor. An der Präsentation sind noch Spinnweben zu erahnen, so alt und so überhaupt nicht aktualisiert sind diese Pläne. Dann kommt die Erklärung von Herrn Horch: seitdem 29.11.2015, dem Ende der ressourcenfressenden Olympiabewerbung, konnte noch nicht so viel an den Plänen gearbeitet werden. Ah ja!

Da die vorgestellten CTS-Planungen noch auf dem Stand von anno duttig sind, erläutert Wirtschaftssenator Horch,  und HPA etwas Zeit für die Aktualisierung benötigt, wurde dem BUSS-Hansaterminal BHT für die Räumung der Flächen ein halbes Jahr mehr Zeit gewährt: Mitte 2017 statt Ende 2016 muss das Terminal geräumt sein. Warum das Terminal überhaupt für diese “abstrakten Planungen” geräumt werden muss, vermag er einem mehrfach hartnäckig nachfragenden Abgeordneten und dem Auditorium samt BUSS-Mitarbeitern so überhaupt nicht verständlich zu machen. Es folgt ein Ordnungsruf des Ausschussvorsitzenden.

Auch warum das alte seit Jahren geräumte BUSS-Gelände an der Nehlsstraße weiterhin eine unproduktive Sandbrache ist, können weder Herr Horch noch Herr Hurtienne erklären. Auch nicht, warum der Senat bzw. HPA damals bei der Entmietung von BUSS keinen Sozialplan vertraglich einklagbar vereinbart haben, obwohl die Stadt angeblich “üppige” Millionenbeträge zweckgebunden bereitgestellt haben will.
Es setzt eine unsägliche Wertschöpfungsdiskussion unter den Ausschussmitgliedern ein. Wertschöpfung ist das, was “Schotter” macht, entnehmen wir den Worten des Abgeordneten, der in 2015 vom Oppositionsabgeordneten zum Fraktionsführer aufgestiegen ist. Arbeitsplätze scheinen (fast) allen Abgeordneten egal zu sein. Armselig – ist das BUSS-Hansaterminal mit seinen Arbeitsplätzen so uninteressant für Hamburg?

Buss Kuhwerder 1Wir nehmen auch nahezu sprachlos zu Kenntnis, dass der in Gerüchten designierte Horch-Nachfolger, Herr Dr. Joachim Seeler, die CTS-Planungen gaaaanz prima findet. Absurd mutet das Lob dieses Abgeordneten für diese staubigen Planungen seiner Regierungspartei an.

Der bereits angeführte hartnäckige Abgeordnete fragt am Ende, wie die Zuschüttung der Hafenbecken in Kontext zu den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) zu bringen sei. Fast stammelnd teilen die Herren Horch und Hurtienne mit, dass eine hydrologische und naturschutzfachliche Wasserflächenbilanz im Fokus sei. Die Aufweitung an der Einfahrt Vorhafen/Innerer Hafen am CTT samt Drehkreiserweiterung sei dabei positiv anzurechnen.

Vergleichen wir die Pläne für das CTS samt der potentiellen Zuschüttung der Hafenbecken Ellerholz-, Oder- und Travehafen reiben wir uns verwundert die Augen, wie die Planungen am CTT (Zuschüttung des Restes des Kohlenschiffhafens und Rückbau der westlichen Einfahrt) diese riesigen Verluste an Wasserflächen in Steinwerder kompensieren sollen.

Lesen Sie ebenfalls die Berichte zur Sitzung des Wirtschaftsausschusses im Hamburger Abendblatt und in der Welt. Schauen Sie ebenfalls in den Hafenentwicklungsplan 2005, in dem das CTS noch den Namen Container Terminal Steinwerder (siehe Seite 35) trug und mit der CTH-Westerweiterung für die Bewältigung des damals prognostizierten Containerrausches dienen sollte. Erinnern Sie sich zudem an die dunkle Geschichte über die Auflösung der bestehenden Mietverträge der auf den CTS-Flächen ansässigen Unternehmen der BUSS-Gruppe gegen Zahlung eines dreistelligen Millionenbetrages.

Dass die Finanzkrise mit dem jäh geendeten Containerboom alle CTS-Senatsplanungen über den Haufen schmiss und dass diese Pläne, bevor sie in der Schublade verschwanden, in Central Terminal Steinwerder umbenannt wurden erinnern Sie vielleicht dunkel. Dass genau im Norden des Plangebietes ein neues, aber ungeliebtes Kreuzfahrtterminal liegt, wissen Sie.

Fazit: Die Planungen zur Entwicklung am CTS werden noch Jahre dauern, Arbeitsplätze vernichten und Millionen an Steuereuros kosten. Es ist unglaublich, wie tranig die Regierung mit dem vielgepriesenen Herzstück Hamburgs, dem Hafen, umgeht.
Warum das wirtschaftlich erfolgreiche BUSS-Hansaterminal BHT geschlossen werden muss, kann – auch wenn die jetzige Regierung für die Entmietungsentscheidung der damaligen schwarzen Regierung keine Verantwortung trägt – nicht mal der Wirtschaftssenator erklären.

Hapag-Lloyd-Zahlen

Hapag-Lloyd2Mit 41,22 Euro pro Aktie steht die Hamburger Hapag-Lloyd-Beteiligung in den Büchern der Beteiligungsgesellschaft HGV. Angesichts des Tiefststandes der Aktie von um die 14,80 Euro vor wenigen Tagen wird weiter über die Höhe des Abschreibungsbedarfes der Stadt Hamburg für die Aktien gemutmaßt. Reichen dramatische 500 Mio. Euro Abschreibungskosten aus, oder werden es sogar noch deutlich mehr werden? Wird Hapag-Lloyd wirklich für das Jahr 2015 eine Dividende an die Stadt ausschütten? Die erneut sparsamen Senatsantworten auf eine aktuelle Schriftliche Kleine Anfrage mit den verschleiernden Verweisen auf andere Drucksachen helfen nicht weiter.

Da ist die Bekanntgabe der Hapag-Lloyd Zahlen für das vierte Quartal 2015 von großem Interesse: danach wurde “das operative Ergebnis (EBIT) auf EUR 366,4 Millionen (2014: EUR -382,8 Millionen)” verbessert! Das klingt sehr erfreulich.

Die Welt berichtet über das Ergebnis mit dem Titel: “Hapag-Lloyd: Die Zweifel bleiben“. Dieser Einschätzung können wir uns anschließen, denn wir können aus den Zahlen und der Pressemitteilung weiterhin keinen Sinn einer milliardenschweren Staatsbeteiligung erkennen. Das Geschäftsmodell von Hapag-Lloyd ist nicht grundlegend anders, als das von den Marktbegleitern Maersk, MSC u.s.w.: “Die Transportpreise für die Container, die sogenannten Frachtraten, fielen in den vergangenen Monaten teils auf null – manche Reedereien transportierten Container zwischen Asien und Europa kostenlos, um dann zumindest noch am Landtransport der Boxen zu und von den Häfen zu verdienen.

Die um 14% gesunkenen durchschnittlichen Frachtraten von Hapag-Lloyd dokumentieren das. Dabei mutet der von Hapag-Lloyd berichtete Ratenverfall, wenn man die Entwicklung der wesentlichen Frachtratenindizes, wie z.B. den SCFI verfolgt, als äußerst gering an. Die SCFI-Frachtraten haben sich binnen eines Jahres auf den Hauptrennstrecken mehr als halbiert! Insbesondere die von Hapag-Lloyd häufig als auskömmlich angegebenen Strecken nach Südamerika haben einen Preisverfall von über 70% binnen eines Jahres erfahren müssen.

Synergien aus der Fusion mit der chilenischen CSAV können wir aus den spärlichen Zahlen nicht erkennen. Erkennbar ist allerdings, dass Hapag-Lloyd kräftigen Rückenwind durch den Verfall der Euro-Dollar-Relation erhalten hat. Da die im Containergeschäft getätigten Umsätze weiterhin in US-Dollar getätigt werden, konnte die Reederei kräftig von dem Verfall des Euros profitieren. Die Auswirkung können Sie an den Umsatzzahlen, also den Frachtratenerlösen, erkennen: Trotz Fusion mit der CSAV stieg der Umsatz der in 2015 größeren Reederei nur um 770 Mio. US-Dollar. Durch den gestiegenen Dollar konnte daraus eine Steigerung des Jahresumsatzes über 2 Mrd. Euro ausgewiesen werden!

Mit vernünftigem  Wirtschaften oder einem Erkämpfen von Gewinn hat das nicht viel zu tun. Es ist erst auch kein Geschäftsmodell für eine Hamburgische Staatsbeteiligung.
Wir wünschen Hapag-Lloyd weiterhin für die Zukunft alles Gute.

HorchProtection

HafenarbeiterHPAEigentlich ist es schon ein alter Hut: die HPA hat in Sachen Hafen, Elbvertiefung und Baggerei die Kosten alles andere als im Griff. Und das, obwohl der Senat in Hamburg mit dem “Kostenstabilen Bauen” vermeintlich seit Jahren strenge Planungsvorgaben eingeführt haben soll. “Schlecht geplant heißt teuer gebaut” lautete das in 2010 veröffentlichte Gutachten des Hamburger Rechnungshof zum kostenstabilen Bauen, das anscheinend zu den meist ignorierten Dokumenten in unserem Hamburg gehört.

Diese Fahrigkeit des Senates scheint in Hamburg, wenn es um den Hafen, Schifffahrt und die Elbvertiefung geht, anscheinend auch keinen öffentlich zu jucken. Ganz normal, ist die Devise.

  • Am 16.02.2016 dürfen wir im Hafenblatt von unserem Starrechercheur “Baukosten im Hafen steigen stark” lesen: “Der Hamburger Hafen gerät finanziell unter Druck: Die Hafenbehörde Hamburg Port Authority (HPA) hat bei einer Reihe von Bauprojekten mit massiven Kostensteigerungen zu kämpfen. Das geht aus der Senatsantwort auf zwei Große Anfragen der FDP-Bürgerschaftsfraktion hervor, denen der aktuelle Wirtschaftsplan der HPA zugrunde liegt.
    Abgesehen davon, dass es die im Artikel angeführten zwei “Großen” Anfragen der FDP-Fraktion gar nicht gibt, dagegen aber eine Große Anfrage der CDU-Fraktion, ist bemerkenswert, dass diese bereits kurz vor Weihnachten 2015 mit allen millionenschweren Kostensteigerungen vom Senat beantwortet wurde. Die Resonanz – auch von der anfragenden Fraktion – war Null! Warum?
  • Zwei Tage später am 18.02.2016 lesen wir von dem o.a. Hafenblatt-Starrechercheur “Hafenbehörde HPA investiert 200 Millionen Euro“. HPA-Chef, Herrn Jens Meier erläutert unwidersprochen im Hamburger Hafenblatt, dass einzelne Kostensteigerungen “nicht so besonders dramatisch” seien, wenn man sich das HPA-Gesamtvolumen anschaue. Als “Die größte Klappe Deutschlands” wird im Zeitblog nicht Herr Meier bezeichnet.
  • Am 19.02.2016 erbarmt sich dann ein namenloser Redakteur der Welt und benennt in seinem Artikel wenigstens teilweise “Die Großprojekte im Hafen” samt deren neuesten Preissteigerung von rund 5% binnen einen Jahres.

Was sind schon 5% Preissteigerung? Für die Europäische Zentralbank ist es mit ihrer Niedrigzinspolitik ein Wunschtraum, der seit Jahren nicht in Erfüllung geht. In Hamburg ist es bereits Realität. So ist es schon doll, dass auch über die Kostensteigerung der Elbvertiefung von Herrn Meier kein Wort verloren wird. Der oben angeführten großen Anfrage ist zu entnehmen, dass die Hamburger Kosten um 10,25 Mio. Euro im Jahr 2015 auf nunmehr 218,5 Mio. Euro gestiegen sind. Anscheinend eben alles “Peanuts”, wie wir es beim Alten Elbtunnel oder der in den letzten Tagen häufig zitierten Rethebrücke, der “größten Klappe “, erleben.

Statt dessen darf Herr Meier ganz trendy noch einen Sack voll von millionenschweren Anglizismen öffentlich raushauen, die eh kein Journalist, Abgeordneter oder Bürger versteht und erst recht kein Mensch braucht: “ChainPorts”, “SmartPort” oder “Portprotect”. Von Herrn Horch konnten wir bislang zu dem aus den Fugen gekippten HPA-Budget und den Auswirkungen auf den Haushalt nichts vernehmen. Sollte das eine vom Senatskollegium verordnete “HorchProtection” sein?

Allianzenroulette

COSCO1Alphaliner berichtet auf der Titelseite seines aktuellen Newsletters von der Bildung einer neuen Allianz unter den Containerreedereien. Das aus den Reedereien CMA-CGM, COSCO, Evergreen und OOCL sich in der Gründung befindende Konsortium soll den Arbeitsnamen “2CEO” haben. Englischsprachigen Fachmedien bestätigen diese Meldung und beschreiben CMA-CGM als Motor dieser neuen Allianz.

COSCO und CSCL sollen am vergangenen Donnerstag die angekündigte Fusion CSCL3abgeschlossen haben. Die neue Reederei soll unter dem Namen China Cosco Shipping Corporation (Coscocs) den Betrieb aufgenommen haben. Folgt man der Alphaliner-TOP-100-Statistik wird Coscocs mit einer Kapazität von über 1,5 Mio. TEU zur weltweiten Nummer vier in der Containerschifffahrt aufsteigen und die aktuell auf diesem Rang platzierte taiwanesische Reederei Evergreen mit 0,9 Mio. TEU Kapazität auf Platz 5 verdrängen. Gemeinsam mit der drittplatzierten französischen CMA-CGM (1,8 Mio. TEU) und der in Hong Kong ansässigen Reederei OOCL (0,6 Mio. TEU) wird die neue Allianz über eine Gesamtkapazität von mehr als 4,8 Mio. TEU verfügen. Laut Alphaliner wird diese neue Allianz den bisherigen Marktführer auf den Rennstrecken zwischen Asien und Europa bzw. Nordamerika, die 2M-Allianz von Maersk und MSC deutlich auf Rang 2 verweisen.

Das Manager-Magazin führt aus, was das für den Markt der Containerreedereien bedeutet und benennt gleichzeitig die Gründe für das Handeln von CMA-CGM: “Der Sinn der möglichen Kooperation von CMA CGM und Co. ist nach Ansicht von “Alphaliner” klar: Maersk und MSC an der Marktspitze sollen stärker unter Druck gesetzt werden. Zudem gehe es der französischen Großreederei darum, sich stärker von schwächeren, kleineren Gesellschaften in der aktuellen Konstellation zu distanzieren. Denn die könnten demnächst zum Teil ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten bekommen, so “Alphaliner“. Das ist eine weitere klare Kampfansage an den Rest der Branche der heiß umkämpften globalen Containerschifffahrt.

Hapag-Lloyd11Es droht Ungemach für Hamburg: die im Staatseigentum stehende Reederei Hapag-Lloyd hatte sich Ende 2014 durch die Fusion mit der chilenischen CSAV von Rang 6 auf Rang 4 vorgearbeitet. Die frisch fusionierte Coscocs und die organisch gewachsene Evergreen lassen Hapag-Lloyd wieder auf Rang 6 zurückfallen. Gleichzeitig verliert die von Hapag-Lloyd geführte G6-Allianz durch das Ausscheiden des bisherigen Partners APL zum Mai 2016 sowie dem Wechsel von OOCL zu 2CEO zwei wichtige Partner. Übrig bleiben in der auf vier Konsorten schrumpfenden Allianz nur noch die wesentlich kleineren Reedereien MOL, NYK und Hyundai.

HamburgSüd4In diesem Fusions- und Allianzengewirr hat sich nahezu geräuschlos die zweite Hamburger Containerreederei, die Hamburg-Süd auf Platz 7 der weltweiten Rangliste geschoben. Das ist fast beeindruckend!

Und es weckt Erinnerungen an Hamburger Hitzköpfe unter unseren Politikern. Die Chancen einer Gestaltung über eine gemeinsame Reederei, Hapag-Lloyd und Hamburg-Süd, wurden damals durch unseren ersten Bürgermeister und Herrn Michael Kühne verspielt. Genau Jenen, die uns bis heute erklären, warum die von ihnen gemachte Politik zu Hapag-Lloyd, dem Hafen, der Elbvertiefung und, und, und alternativlos sein soll.

Wir könnten fast wetten, dass die Frage einer Fusion von Hapag-Lloyd und Hamburg-Süd in Kürze wieder in den öffentlichen Fokus gerückt wird. Gemeinsam wären die beiden Hamburger Reedereien etwas größer, wie es die frisch fusionierte Coscocs ist.

Halten Sie dagegen?

HPA ohne Autorität?

HPA3

Vor einem rund einem Jahr wurden aus der Hafenverwaltung HPA interne Misstöne öffentlich: über ein Arbeitsplatzabbau von 10% der HPA-Mitarbeiter bei gleichzeitigem Ersatz durch Fremdfirmen bzw. externe Berater wurde berichtet. Ein Privatisierungsgeruch schien über der HPA zu schweben. Mit der Olympiabewerbung auf Hafenflächen und den daraus resultierenden HPA-Aufgaben versandete die Diskussion.

Die Bürgerschaft wird jährlich vom Senat auf eine Schriftliche Kleine Anfrage über die u.a. von Hamburger Behörden und Anstalten bestehenden Verträge mit Dritten über Gutachen, Untersuchungen und Beratungsleistungen informiert.

Ende Januar 2016 wurde die Schriftliche Kleine Anfrage  über die bestehenden Fremdvergaben des Jahres 2015 vom Senat beantwortet. Für die HPA werden die neuen, in 2015 vergebenen Aufträge in Anlage 3, Seiten 53 bis 60 sowie die Aufträge der Vorperioden in Anlage 4, Seiten 75 bis 79 tabellarisch aufgeführt. Liest man die langen Listen der fremdvergebenen Aufträge an Berater, Consulter und Gutachter ist festzustellen, dass für nahezu alle Hafenthemen des letzten Jahres Fremdaufträge vergeben worden sind. Von Hafenbahn über SmartPort, Einfahrt Vorhafen, Rethe- und Kattwykbrücke, Burchardkai-Ausbau, Schlickdeponie und Olympia bis hin zu Grundstücksfragen und Baggergutentsorgung. Ja sogar für die Einwendungsbearbeitung zur Westerweiterung wurde externer Sachverstand von der Bundesanstalt für Wasserbau eingekauft. Bei dieser Latte an Fremdvergaben stellt sich die Frage, ob die Leitungsebene der HPA überhaupt noch an die Qualifikation der eigenen Mitarbeiter mit ihren speziellen fachlichen Kompetenzen glaubt, oder sie die HPA nur noch als einen Verwaltungsapparat zur Einholung von Know-how durch Fremdbeauftragung aufstellen wollen.

Ein Vergleich mit den tabellarischen Senatsantworten aus der Schriftlichen Kleinen Anfrage des Vorjahres legt Letzteres nahe.  Es zeigt (hier Anlage 3, Seite 76 ff.) sich, dass gegenüber dem Jahr 2014 sich die Anzahl der Fremdbeauftragungen nahezu verdoppelt hat. Der im letzten Jahr bekannt gewordene Aufschrei der HPA-Mitarbeiter zur Stimmung im Unternehmen ist damit sehr gut nachvollziehbar. Von Seiten der Geschäftsführung wurde scheinbar reagiert: der o.a. Senatsantwort entnehmen wir ebenfalls zahlreiche Beauftragungen von externen Coachings, Führungsseminaren und, als Sahnehaube, eine Mitarbeiterbefragung. Doch wie ernst ist es der Geschäftsleitung mit diesen Maßnahmen?

Eine Arbeitssituation in der die Mitarbeiter wissen, dass ihre Arbeitsplätze abgebaut und ihre Qualifikation nicht mehr genutzt werden soll, führt zur Unruhe in einem Unternehmen. Und das liegt nicht an möglicherweise einzelnen „schlechten“ Führungskräften, sondern an unternehmerischen Entscheidungen: An der Küste sagt man, dass der “Fisch vom Kopf her stinkt”.

Die HPA, die vom Senat beauftragt worden ist, das Hamburger Herz, namentlich den Hafen, nach vorne zu bringen, und die damit für die Ausgabe eines Batzens an Hamburger Steuergeldern zuständig ist, wird die vielfältigen Aufgaben und den anstehenden Strukturwandel mit diesen großen internen Problemen nicht bewältigen können.

Die Umstrukturierungs- und Privatisierungsmaßnahmen haben der Hamburger Senat und die Geschäftsführung der HPA zu verantworten. Anscheinend bekommt der Geschäftsführer dafür sogar einen Sonderbonus, egal welche Konsequenzen die Entscheidungen für die Beschäftigten haben.

 

Nachlese Havarie

CSCL-Indian-Ocean-Heck  Nachdem das Havariekommando mit seiner letzten Pressemitteilung den Einsatz (ganz am Ende) um die CSCL Indian Ocean beendet und das Schiff mittlerweile den Hamburger Hafen wieder verlassen hat, bleiben viele der bislang gestellten Fragen unbeantwortet.

Im öffentlichen Umgang mit der Havarie werden Meinungen geäußert, die uns Menschen zeigen sollen, dass hier alles vollkommen im Griff gewesen ist.

Technik kann immer und überall versagen, meint der Ältermann der Elblotsen, Ben Lodemann. Entscheidend sei, wie man darauf reagiert, wie das Krisenmanagement klappt.” ist in einem NDR-Kommentar zu lesen, der dazu noch Gefahrlosigkeit suggeriert: “Auch ohne funktionierende Ruderanlage bekamen die Lotsen die “Indian Ocean” an einer Stelle zum Stehen, an der sie keinen Schaden nahm – und keinen Schaden für Umwelt und den Schiffsverkehr anrichten konnte.” Ach ja?

  • In der fünften Pressemitteilung vom Havariekommando ist zu lesen, dass zum Zeitpunkt der Bergung noch rund 732 Tonnen Schmier- und Treibstoffe an Bord des Havaristen verblieben sind. Obwohl das Abpumpen der umweltgefährdenden Stoffe unmittelbar nach dem Auflaufen begonnen wurde, ist es anscheinend nicht gelungen, diese binnen vier Tagen – bis auf einen Rest für das Betreiben von Stromerzeugern – vollständig abzupumpen. Warum nicht?
  • Stattdessen wurde das Ballastwasser entfernt. Wenn, was wir uns gut vorstellen können, noch rund 700 Tonnen Trimgewicht für das Schiffes erforderlich gewesen sein sollen, warum wurde dann nicht das „harmlose“ Ballastwasser genutzt sondern umweltgefährdende Schmier- und Treibstoffe?
  • Das von den Behörden nicht beeinflussbare Wetter schaffte mit einem kurzen Sturm ein kleines Zeitfenster von wenigen Nachtstunden, das zeitgleich mit einer alle 14 Tage stattfindenden Springtide zusammenfiel. Das soll kein Glück gewesen sein?
  • Havariespezialisten und zugkräftige Schlepper standen in ganz Deutschland nicht zur Verfügung – sie mussten erst aus Niederlanden herbeigeordert werden. Nicht mal ein Kran zum Abbergen von Containern geschweige denn ein geeignetes Löschboot zur etwaigen Brändbekämpfung standen bereit. Diese Notfallausrüstung soll ausreichend gewesen sein?
  • “65.000 Kubikmeter Erdboden” mussten laut siebter Pressemitteilung des Havariekommandos “abgetragen” werden, um dem Havaristen den Weg ins tiefe Fahrwasser zu ermöglichen. Das sind 21 Schwimmbecken in olympischer Größe, d.h. 50 m Bahnlänge bei 25 m Breite und 2,5 Tiefe, die in nicht mal 5 Tagen gegraben wurden. Auch diese Bagger mussten erst aus den Niederlanden herbeigeschafft werden. Ein ganz normaler Vorgang?

Für uns sind das alles keine Indikatoren für ein wohlorganisiertes Notfallmanagement, das aus einem Fundus von vorbereiteten Notfallplänen auswählen und dabei unverzüglich ausreichendes technisches Gerät herbeischaffen kann. Ganz im Gegenteil – in Deutschland sind “Glück” und “Schwein” die wesentlichen Zutaten des Krisenmanagements.

CSCL-Indian-Ocean-CTHEine öffentliche Diskussion der Havarie, wie bei vergleichbaren Unglücken beobachtet, mit Forderungen z.B. über Verschärfungen von Sicherungssystemen bei großen Schiffen oder Kritik am Notfallmanagement findet nicht statt. Erinnerungen an die “Pallas”, die im Oktober 1998 vor Amrum strandete und die daraufhin einsetzende Notfall-Schlepper-Diskussion werden wach. Das Notschleppkonzept aus 2001 und die Fortentwicklung durch das Havariekommando “Anpassung der Leistungskriterien an Notschleppkapzitäten in Nord- und Ostsee …” vom Mai 2006 zeigen auf, dass dieses Konzept nicht für die Seehafenzufahrten konzipiert worden ist, sondern nur für die hohe See, um Schiffe bei Starkwind und mehr mit Schleppern in den Wind zu drehen, auf der Stelle zu halten und kontrolliert zu verdriften. Von Flüssen mit engem Seeraum ist da keine Rede.

In Erinnerung des 19.000 TEU-Havaristen “CSCL Indian Ocean” lesen wir in der o.a. Fortentwicklung auf Seite 15 etwas von Bemessungsfahrzeugen als Havaristen (9.200 TEU Containerschiff, 13.000 TEU Containerschiff Nordsee) und definierten Schleppern (175 t Pfahlzug und 110 t Pfahlzug). In Simulation wurde ermittelt:

  • Bei Windstärke Bft. 9 , in Böen 11 reicht die Schleppkraft eines 175 t-Pfahlzug- Schleppers in der Nordsee aus, um Containerschiffe der simulierten Größe in den Wind zu drehen, auf der Stelle zu halten und kontrolliert zu verdriften.
  • Schlepper mit 110 t Pfahlzug verfügen bei einem 13.000 TEU – Schiff unter den genannten Wetterbedingungen nicht über eine ausreichende Kraft zum „in-den- Wind- Drehen“ und „Halten“.
  • Auch bei einem 9200 TEU – Schiffes ist ein Schlepper mit 110 t Pfahlzug am Rand seiner Leistungsfähigkeit. Der Havarist kann in den Wind und Strom gedreht und damit die Achterausdrift des Havaristen entscheidend verlangsamt werden.

Wenn diese Simulationsergebnisse für die hohe See und dann bei wesentlich kleineren Bemessungsschiffen gelten, fragen wir uns, wie man dort einen 19.000 TEU-Riesen in Schach halten will und insbesondere, was auf den engen Flüssen mit den anfänglich zum Einsatz gebrachten “Schlepperzwergen” von bis zu 90 t Pfahlzug überhaupt noch gerichtet werden könnte. Darauf gibt es keine Antworten.

Das Statement des o.a. Elblotsen Technik kann immer und überall versagen. Entscheidend sei, wie man darauf reagiert, wie das Krisenmanagement klappt.” enthält mit Kenntnis des Schleppkonzeptes eine gewaltige Portion Zynismus und Selbstüberschätzung. Wenn dieser Elblotse sich dann auch noch in seiner Funktion als Ältermann äußert, ist Angst angesagt. Angst vor zukünftigen Havarien, wo Glück nicht die führende Rolle spielt.

Sprung: Beim aktuellen Zugunglück in Bayern nehmen wir gegenüber der Havarielethargie an der Elbe aktive Aufräumstimmung wahr. Da werden nach Räumung des havarierten Zuges und Wiederherstellung der Strecke zeitnahe Simulationen des Unfallherganges angekündigt. “Derzeit wird der dritte Fahrtenschreiber, auch Blackbox genannt, ausgewertet. Er war am Freitag zwar beschädigt geborgen worden, die Daten können aber ausgelesen werden.” – haben Sie etwas von einer Blackbox auf dem havarierten Riesencontainerschiff “CSCL Indian Ocean” gelesen?

Bayerische “Polizei und Staatsanwaltschaft sprechen davon, dass es noch Wochen dauern könne, bis Klarheit über die Unfallursache herrsche. Eine 50-köpfige Sonderkommission arbeitet an dem Fall. Das Unglück soll in der kommenden Woche auch Thema im Verkehrsausschuss des Bayerischen Landtags sein.” Wir können vermutlich froh sein, wenn überhaupt eine Sonderkommission gegründet und diese über eine Handvoll Mitarbeiter verfügen wird.

Für die Erstellung des Untersuchungsberichtes zum Brand der mit atomarer Ladung beladenen “Atlantic Cartier” im Hamburger Hafen, unweit des mit Zehntausenden von Menschen besuchten Hauptveranstaltungsortes des  Kirchentages, wurden nicht Wochen benötigt, sondern rund 2,5 Jahre. Eine Thematisierung in der Bürgerschaft oder im Bundestag?

Damit überhaupt etwas passiert, muss die Havarie der “CSCL Indian Ocean” zunächst erst einmal als relevanter Untersuchungsvorgang gemäß dem SUG (Seesicherheits-Untersuchungs-Gesetz) definiert werden. Unterschieden wird dabei nach den Begriffsdefinitionen gemäß §1a SUG zwischen einem Seeunfall, einem sehr schwerem Seeunfall und einem schwerem Seeunfall. Nach §11 SUG entscheidet der Direktor der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung über die Einstufung: Mit der jeweiligen Einstufung wird festgelegt, welche Untersuchungen in welcher Form durchgeführt werden müssen.

Auf den Internetseiten der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung Kotug2ist die Havarie der “CSCL Indian Ocean” noch nicht angekommen. So wird es in den nächsten Tagen, Wochen oder Jahren spannend, ob wir von den Ereignissen des Februars 2016 an der Unterelbe vor Grünendeich überhaupt noch mal etwas hören werden und vielleicht ein “Konsequenzchen” gezogen wird.

Polizei und Staatsanwaltschaft haben jedenfalls bei derartigen Schiffsunglücken nichts zu sagen – das ist doch “maritimes Schweigen” oder “Havarieschlepper im Nebel” par excellence, oder?

Unterelbemärchen Finale

Bagger ShoalwaySchleswig-Holstein und Hamburg haben sich laut einer gemeinsamen Pressemitteilung grundsätzlich auf eine neue Verklappungsvereinbarung von giftigem Hafenschlick in der Nordsee bei Tonne E3 vor Helgoland geeinigt.

Das seit Spätsommer 2015 gedichtete “Unterelbemärchen“, der “Schlick-Geschichte vom tumben Schleswig-Holstein und dem armen kleinen Hamburg”, nähert sich damit nun seinem großen Finale: der grüne Umweltminister von Schleswig-Holstein, Herr Robert Habeck, ist nun endgültig umgefallen und bezeichnet den Deal als “als tragfähige und ökologisch verträglichste Lösung.” Sein hamburgischer Parteikollege, Umweltsenator Herr Jens Kerstan ist einfach nur froh, “dass es eine Verständigung gibt, die wirtschaftliche und ökologische Belange vernünftig berücksichtigt.” Richtig rührend.

Und wie tragfähig und ökologisch ist diese “Lösung” nun? Wir wagen, ohne die Vereinbarung zu kennen, auf Basis der o.a. Pressemitteilung (kursiv zitiert) eine Bewertung (in fetter Schrift):

  1. “Hamburger Baggergut wird regelmäßig auf Schadstoffe überprüft. Dies gilt für die Bundeswasserstraße (Delegationsstrecke) ebenso wie für frisch sedimentiertes Baggergut aus den Hafenbecken, den Hafenzufahrten und den Wendekreisen, für dessen Einbringung eine wasserrechtliche und eine naturschutzrechtliche Zulassung erforderlich sind. Mit einem intensiven und abgestimmten Umweltmonitoringprogramm soll die Verbringung überwacht werden. Die
    Ergebnisse werden der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Die Belastung des zukünftig für die Verbringung vorgesehenen Baggergutes darf nicht höher sein als die des bisher ins Schlickfallgebiet verbrachten Sediments.”
    Sämtliches Baggergut MUSS laut gültiger Anweisungen (HABAB und GÜBAK) bereits jetzt auf Schadstoffe überprüft werden. Die bisher von Hamburg in den HPA-Baggerberichten veröffentlichten Ergebnisse und Analysen sind aber seit Jahren nicht wissenschaftlich überprüfbar. Die bereitgestellten Daten geben keinen Einblick zur Entsprechung der o.a. Baggeranweisungen und widersprechen in Form und Darstellung allen internationalen Grundsätzen wissenschaftlicher Arbeit. Bisherige Überschreitungen des oberen Richtwertes R2 der GÜBAK wurden bislang ohne weitere Erklärung durchgewunken – eine Änderung dieser Praxis ist nicht erkennbar.
  2. Die rechtlichen Zulassungen sollen zunächst für fünf Jahre gelten und um weitere fünf Jahre verlängert werden können, wenn nicht gravierende Gründe dagegen sprechen. Eine Verbringung kann ganzjährig erfolgen.
    Mit einer Verklappungszulassung von fünf Jahren ohne irgendeine Widerrufsmöglichkeit z.B. bei spürbaren Umweltauswirkungen (wie im Jahr 2008 bei der Wellhornschnecke) geschehen, erteilt Schleswig-Holstein Hamburg einen Persilschein für unbegrenztes Verklappen von giftigem Schlick. Dieses ist nun ohne irgendeine vorangegangene Auswirkungsanalyse ganzjährig möglich und stellt damit für grüne Umweltminister einen riesengroßen Fauxpas hinsichtlich ökologischem Vorgehen dar!
  3. Hamburg wird für die Planung und Umsetzung von Maßnahmen zur Reduzierung des Sedimentaufkommens durch Strombaumaßnahmen kurzfristig eine Ästuarpartnerschaft mit dem Land Schleswig-Holstein, dem Land Niedersachsen
    und dem Bund gründen und diese finanzieren. Hamburg verpflichtet sich im Rahmen der Ästuarpartnerschaft, eine gemeinsame Rangliste geeigneter strombaulicher Maßnahmen an der Tideelbe zu erstellen und alle Anstrengungen zu deren Umsetzung zu unternehmen. Angestrebt wird die Umsetzung von in der Region akzeptierten und von der Ästuarpartnerschaft als besonders geeignet für die Reduzierung des Sedimentanfalls eingeschätzten Maßnahmen bis 2030.
    Die Ästuarpartnerschaft sollte eigentlich unter Beteiligung von Kommunen, Umwelt-, Wasser- und Wirtschaftsverbänden sowie Nutzern wie Fischern, Sportfischern und bootfahrern eine Folgeinstitution des im Sommer 2015 abgeschlossenen Dialogforums Tideelbe sein. Der Kreis der Beteiligten ist mit Bund und Ländern mehr als dezimiert worden und erscheint, angesichts von Wattebäuschen und Bauchpinseln alles andere als qualifiziert. Der Zeithorizont bis zum Jahr 2030 bedeutet eine Terminierung auf den St. Nimmerleinstag. Hamburg hat in den vergangenen über 30 Jahren bewiesen, das es weder Interesse an ökologischen Lösungen noch an einem nachhaltigen Sedimentmanagement hat. Im Jahr 2030 könnte es dann auf stolze 50 Jahre erfolglosen Handelns zurückblicken.

Seehund2Wir sind entsetzt über diese Form von grüner “Umweltpolitik”. Krass, wie sich die norddeutschen Grünen für eine umweltfeindliche, knallharte Wirtschaftspolitik verkaufen und ihre Wurzeln einfach vergessen. Wir möchten wetten, dass die Menschen auf der Insel Helgoland, vor deren Strand der Giftschlick abgeladen wird, erneut ungefragt geblieben sind. Aber es geht mit grüner, abstoßender grüner Politik noch schlimmer:  Bestaunen wir die tollen Möglichkeiten, die sich aus den von Hamburg zu zahlenden Ablassgeldern ergeben.

Schleswig-Holstein soll Millionenbeträge für die  “Verbesserung der Nachhaltigkeit der Krabbenfischerei” verwenden können. Toll – genau die Politiker, die das in Aussicht stellen, haben im letzten Jahr aufgrund der Verschlickung durch die vorhergegange Elbvertiefung die Schließung des größten Krabbenfischerhafen an der Westküste, dem Hafen von Friedrichskoog, juristisch durchgedrückt.

Abschließend verweisen wir auf eine Pressemitteilung von “Rettet die Elbe”, einem Teilnehmer des oben erwähnten Dialogforums Tideelbe. Machen Sie sich ein weiteres Bild, wie das “arme kleine Hamburg” im anstehenden Finale des Unterelbemärchens agiert.

Havarist frei

CSCL-Indian-Ocean-Havarie-EAm frühen Morgen gegen 02:20 Uhr ist der Havarist CSCL Indian Ocean mit 12 Schleppern wieder in das Fahrwasser gezogen worden. Mit Schleppern wurde der Havarist in den Hafen geschleppt und dort am Eurogate-Terminal am Predöhlkai festgemacht.

Mit sechs Tagen Verzögerung hat das Riesenschiff nun sein Ziel erreicht. Da ist es schon erstaunlich, dass das Havariekommando in seiner sechsten Pressemitteilung mitteilt, dass der bislang benannte Fehler an der Ruderanlage sich anscheinend in Luft aufgelöst hat: “Nach ersten Erkenntnissen ist das Schiff voll funktionstüchtig. Die Ruderanlage ist ebenfalls in Betrieb.” Gestern hatte der NDR noch berichtet: “Die Reederei teilte mit, dass an der Ruderanlage ein elektronisches Teil ausgefallen war. Das Ersatzteil liege bereits bereit und könne schnell eingebaut werden, sobald das Schiff den Hamburger Hafen erreicht hat.

Es wird spannend, was die nächsten Stunden und Tage noch bekannt werden wird. Jetzt gilt es kurz aufzuatmen und sich zu freuen, dass die gesamte Havarie glimpflich ausgegangen ist.

Bergungsschlepper

CSCL-Indian-Ocean-Havarie-DNach einem aktuellem Bericht der HAZ hat das Havariekommando für die Bergung der “CSCL Indian Ocean” das niederländische Bergungsunternehmen Smit Salvage beauftragt und weitere Schlepperverstärkung aus den Niederlanden und Belgien angefordert. Die beiden Schlepper ” Fairmount Expedition” und “Union Manta” mit jeweils über 200 Tonnen Zugkraft sind auf dem Weg zum Havaristen vor Grünendeich.

In einer Mitteilung vom 06.02.2016 berichtet www.esys.org zudem weiteres über den verlorenen Steuerbordanker der “CSCL Indian Ocean”: “Wie inzwischen bekannt wurde, gab es bereits wenige Stunden vor dem Auflaufen auf der Elbe bereits in der Deutschen Bucht einen Zwischenfall: Das Schiff verlor seinen Steuerbord-Anker vor Helgoland. Der Frachter war von Felixstowe kommend zunächst auf der Tiefwasserreede vor Helgoland zu einem Ankerplatz gelaufen, wo er auf ein Zeitfenster fürs Einlaufen in die Elbe warten sollte. Bei dem Ankermanöver verlor die „CSCL Indian Ocean“ auf der Tiefwasserreede jedoch einen ihrer beiden 10 Tonnen schweren Buganker und mehr als 100 Meter Ankerkette auf einer Position westlich von Helgoland. Am 3.2. trat der Frachter die Fahrt elbaufwärts um 16 Uhr deshalb mit nur einem Anker an. Ob das Auflaufen durch Ankermanöver hätte verhindert werden können, stand noch nicht fest. Die beiden Lotsen und der Kapitän hatten aus Sicherheitsgründen auch auf das Werfen des Backbordankers verzichtet, da er bei der Grundberührung möglicherweise zwischen Schiffsboden und Elbgrund geraten wäre und den Doppelboden des Frachters hätte aufreißen können. Die Position des verlorenen Ankers wurde inzwischen in den Nachrichten für Seefahrer als Warnhinweis durch das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie für andere Schiffe bekannt gemacht.”

Die Bekanntmachung für Seefahrer 5/16 CSCL IO 2016-02-04_12-02-20ist die einzige BfS über einen verlorenen Anker im von der CSCL Indian Ocean durchkreuzten Seegebiet. Die BfS führt dabei lediglich an, dass “auf der Position 54° 08.00′ N; 007° 22.28′ E ein Anker mit 12 Kettenlängen verlorengegangen ist“. Weitere Details zum Ankerverlust werden nicht benannt. Die angegebene Position liegt dicht westlich der Tiefwasserreede und passt zum Einlauftrack des Havaristen vom 03.02.2016. Die in der BfS genannte Längenangabe der verlorengegangenen Kette lässt besonders aufmerken. Eine Kettenlänge entspricht 25 Meter und würde entgegen der o.a. ESYS-Nachricht bedeuten, dass der Havarist bei 12 Kettenlängen nahezu seine gesamte Kette von 300 Metern verloren haben muss. Beim Ankerverlust muss etwas losgewesen sein.

Schweigen im Hafen

CSCL Indian Ocean Havarie 4In der kurzen vierten Pressemitteilung des Havariekommandos vom gestrigen Abend wird über den Fortgang der Bergungsarbeiten der “CSCL Indian Ocean” berichtet – einen aktuellen Blick auf den Havaristen ermöglicht die Elbdeichcam.

Zu den Ursachen und dem Hergang der Havarie kommen immer weitere Fragen auf. So lesen wir in der Pressemitteilung des Umweltverbandes GNU aus Cuxhaven Interessantes, das bislang in der Berichterstattung nicht thematisiert wurde:

  • Warum konnte das nagelneue Schiff ohne einen vorgeschriebenen zweiten Anker in die Elbe einlaufen? Welche Behörde hat dieses Einlaufen genehmigt?
  • Divergierende Aussagen des Lotsenältermannes Herrn Ben Lodemann: war das Aufsetzen wirklich ein “kontrolliertes Handeln” oder doch eine bei Tempo 180 eintretende Lenkradsperre? Warum die direkte Fahrt auf Grund und nicht das Halten des Schiffes auf Kurs?

Wir ergänzen die Fragen:

  • Wie ist es möglich, dass eine IT-gesteuerte Ruderanlage bei dem Havaristen zugelassen wurde, die bei einem Ausfall über anscheinend über keinerlei Backup-Komponenten verfügt. Ungewöhnlich für ein brandneues Schiff, das doch erst in 2015 in Dienst gestellt worden ist.
  • Warum ist von den Lotsen, die sich ja für die Schiffsicherheit verantwortlich fühlen, kein Wort der Kritik zu diesen fehlenden Sicherheitskomponenten zu hören?
  • Welche Rolle spielt der auch in Hamburg ansässige “Schiffs-TÜV“, namentlich die Klassifikationsgesellschaft “DNV-GL“, die der “CSCL Indian Ocean” die Zertifikate ausgestellt haben soll?

Auffällig ist die Sprachlosigkeit von Politikern und Spezialisten aus der maritimen Wirtschaft gegenüber den Medien. Konnten diese uns vor Kurzem noch die Notwendigkeit der Elbvertiefung und deren Bedeutung für den Hamburger Hafen wortgewaltig und in epischer Breite erklären, scheinen sie nun beim Havariethema vollständig abgetaucht zu sein. Alle, egal ob Sie Wirtschaftssenator, Sprecher des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg oder Vorstand bei Hamburg Hafen Marketing sind, ducken sich weg – als ob bei diesem Thema eine gewaltige Leiche im “Hamburger Keller” liegen würde.

Notfallkonzept fehlt

CSCL-Indian-Ocean-Havarie-AAus der dritten Pressemitteilung des Havariekommandos deutet sich an, dass der nächste Bergungsversuch auf den kommenden Dienstag, 09.02.2016 terminiert worden ist. Die mit dem Beginn der Springtide wieder höher auflaufende Flut wird als nächste Möglichkeit gesehen, die “CSCL Indian Ocean” frei zuschleppen. Angesichts der derzeitigen Windvorhersagen (Stärke und Richtung) sind wir nicht sehr optimistisch.

Zwischenzeitlich werden andere Fragen an die Qualität der Notfallkonzepte auf der Elbe gestellt, die bislang von den Verantwortlichen negiert werden. Beispielhaft sei das Hamburger Abendblatt angeführt, das bereits einige dramatische Löcher benennt.

  • Wohin soll das Schiff nach der Bergung gebracht werden?
    “Zunächst offenbar zu seinem ursprünglichen Ziel am Eurogate-Terminal… Wenn das Containerterminal Eurogate noch belegt ist, kann das Schiff an die Finkenwerder Pfähle verholt werden. Da diese zu kurz sind, müsste es ständig von zwei Schleppern begleitet werden. Der Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH) hat 2014 den Bau zusätzlicher Dalben gefordert, an denen man ein Schiff der Kategorie ULCV (Ultra Large Container Vessel) anbinden kann. Diese gibt es bisher aber nicht.”
    Hamburg verfügt über keinen funktionsfähigen Notfallliegeplatz für die Großschiffe.
  • Wie lange wird die Reparatur des havarierten Schiffs dauern?
    Sowohl ein rein elektronischer als auch ein hydraulischer Defekt ließe sich vermutlich an Bord reparieren. Hätte sich dagegen das Ruderblatt verzogen oder die Hülle des Schiffes Schaden genommen, droht eine aufwendige Instandsetzung. Die nächste Werft, die ein Schiff dieser Größe aufnehmen kann, liegt auf Malta. Bei der Hamburg Port Authority (HPA) gibt es Überlegungen, das Schiff in diesem Fall in den Kaiser-Wilhelm-Hafen zu bringen, da am dortigen Kronprinzkai in nächster Zeit keine Kreuzfahrtschiffe erwartet werden.
    Hamburg verfügt über keine Reparatur- und Ausrüstungsplätze und für Großschiffe.
  • Ist Hamburg ausreichend auf schwere Havarien vorbereitet?

    Die Abläufe nach dem Ausfall an Bord der “Indian Ocean” funktionieren seit Mittwoch reibungslos: Bereits 45 Minuten nach dem Ausfall waren sechs Schlepper vor Ort. Die Firma Port Feeder Barge kritisiert, dass an der gesamten deutschen Küste kein geeignetes Gerät zur Verfügung stünde, um etwa die oberen Containerreihen auf den Riesenfrachtern abtragen zu können. Dieser Mangel trete nun “eklatant” zu Tage. Das Angebot, einen entsprechenden Schwimmkran zu kaufen, schlug die HHLA vor zwei Jahren aus. Die Partei Die Linke warnt, dass mit der Größe der Containerschiffe auch die Gefahr für Havarien im Hafen wachse.
    Hamburg verfügt über kein technisches Gerät, um havarierte Riesen zu löschen.

Dem Hamburger Hafen fehlen somit wesentliche Komponenten einer ausreichenden technischen Notfallausstattung zur Bewältigung von Großschiffshavarien. Aber auch einzelne Ablaufpläne sind anscheinend nicht ausreichend: Im Abendblatt-Artikel wird lobend erwähnt, dass erste Schlepper den Havaristen bereits nach 45 Minuten erreicht hätten und die Abläufe reibungslos funktioniert haben. Diese Feststellung soll vermitteln, dass der bestehende Notfallplan gut gegriffen hätte. Ist ein derartiger Notfallplan aber ausreichend, wenn dabei das zu schützende Objekt auf Grund läuft und nicht binnen angemessener Frist geborgen werden kann?

Wie lautet denn überhaupt der von Hamburg aufgestellte Notfallplan für Havarien derartiger Riesenschiffe? Die Senatsantwort auf eine Schriftliche Kleine Anfrage anlässlich der Havarie der “NYK Olympus” lautet: “Notfällen wird im Hamburger Hafen immer im Rahmen von Einzelfallentscheidungen begegnet” und “Aus Sicherheitsgründen und einsatztaktischen Gründen ist eine Veröffentlichung von Notfallplänen grundsätzlich nicht vorgesehen.” Auch die Senatsantworten auf eine Schriflichen Kleine Anfrage zu der Havarie der “Choapa Trader” bestätigen, dass auf Havarien nur situativ reagiert wird: “Generell gilt, dass Notfallmaßnahmen einzelfallabhängig sind und Entscheidungen insofern nach konkreter Gefährdungslage getroffen werden.” Die Antworten lassen die Vermutung zu, dass es für die Havarien von Großschiffen keine ausformulierten Notfallpläne gibt, die in anderen Wirtschaftbereichen “State of the Art” sind und regelmäßig überprüft, mit Notfallübungen getestet und anschließend nachjustiert werden.

Die Planer der Elbvertiefung wurden im Planfeststellungsverfahren von den Kritikern der Elbvertiefung mehrfach auf die Havariegefahren sowie die unzureichenden technischen und ablauforganisatorischen Notfallpläne hingewiesen. Es ist schon erstaunlich, mit welcher Unbekümmertheit die benannten Gefahren von Havarien im Planfeststellungsbeschluss (PFB) vom 23.04.2012 abgehandelt und heruntergespielt werden. Wenn deren Existenz auch nicht verneint wurde, entstand insbesondere für den weniger kundigen und gutgläubigen Leser, dennoch der Eindruck, dass diese Gefahr jederzeit beherrschbar wäre. Die Grundberührung der „CSCL Indian Ocean“ hat jedoch deutlich gemacht, dass in diesem Fall so gut wie keine der im PFB behaupteten Möglichkeiten zur Schadensbegrenzung „gegriffen hat.“ Wir zeigen Ihnen das anhand der Tidekonstellation und der Schlepperhilfe auf:

Schlepperhilfe: Im PFB wird auf Seite 2.375 darauf hingewiesen, ,,dass in Hamburg genügend Schlepperassistenz verfügbar“ sei. Da da CSCL-Indian-Ocean-Havarie-Cs Aufgrundlaufen der “CSCL Indian Ocean” in relativer Nähe zum Hamburger Hafen erfolgte, war die zeitliche Verzögerung von 45 Minuten bis zum Eintreffen der ersten Schlepper glücklicherweise nicht besonders groß. Aber wie würde es bei einem Unfall weiter elbab aussehen? Bei größeren Entfernungen ist zu befürchten, dass sich ein havariertes Schiff – vom kontrollierten Auflaufen wie in diesem Fall einmal abgesehen – bis zum Eintreffen der Schlepper nicht halten und es zu weiteren Folgen, auch für die Umwelt, kommen kann.

Die Geschwindigkeit der im Hamburger Hafen vorgehaltenen Schlepper liegt zwischen 11 und 13 kn. Unter der Annahme von Flutstrom (bei Aufkommen von Großschiffen) müssten die Schlepper bei einem Schiffsunfall auf der Unterelbe gegen die Tide elbabwärts fahren. Bei Annahme einer Geschwindigkeit der Schlepper von 13 kn (= 24 km/h) und eines gemäßigten Flutstromes von nur 2,5 kn (= 4,6 km/h) würde das ihre Geschwindigkeit über Grund auf ca. 19,4 km/h reduzieren. Bei Abfahrt ab Schlepperponton Neumühlen (Strom km 626,5) wäre man in einer Stunde nach dem Ablegen gerade eben an der Lühe vorbei, nach zwei Stunden hätte man etwa die Höhe Kollmar erreicht. In diesen Zeiträumen könnten sich die Umstände auf einem verunfallten Schiff, von der übrigen Verkehrslage einmal abgesehen, dramatisch entwickelt haben.

Der nach der Lesart im PFB und im Abendblatt propagierte, in jedem Fall erfolgreiche Schleppereinsatz erscheint, wie der aktuelle Fall zeigt, damit zumindest fraglich und dürfte auf reinem Zweckoptimismus beruhen.

Tidekonstellation: Auch die ebenfalls auf Seite 2.375 befindlichen Ausführungen, dass nach einem Festkommen bei steigendem Wasser das Freikommen begünstigt wird, müssen hinterfragt werden: “Für alle tideabhängigen einkommenden Schiffe gilt, dass diese mit dem Flutstrom fahren und bei einer Notankkerung schwoien würden. Weil aber der Wasserstand steigt, ist genügend Zeit vorhanden, um Schlepperassistenz heranzuführen, bevor der Wasserstand wieder fällt, so dass ein längeres Festsitzen am Grund verhindert werden kann.”

Die Havarie der “CSCL Indian Ocean”, die genau in dieser Tidenkonstellation eingelaufen ist, hat gezeigt, dass diese Annahme des PFB falsch ist. Auf dem Scheitel der Flutwelle einlaufenden Großschiffen läuft bei einem Aufsitzen das Wasser davon. In Abhängigkeit von den örtlichen Verhältnissen, der Masse, dem Tiefgang und anderen Abmessungen des fest gekommenen Schiffes sowie der verbleibenden Zeit bis Hochwasser stellt sich die Frage, um welchen Betrag sich der Wasserstand bei der auflaufenden Tide überhaupt noch erhöht und ob er geeignet ist, das Schiff wieder freikommen zu lassen. Je dichter ein derartig fahrendes Schiff zu Hamburg  fest kommt, umso geringer die Zeit, die bis zum Hochwasser verbleibt.

Einer Entgegnung, dass die “CSCL Indian Ocean” aufgrund des geringen Tiefgangs ja in tidenunabhängiger Fahrt nach Hamburg gelaufen sei, kann erwidert werden, dass Schiffe dieser Größe aufgrund der Restriktionen des Wendekreises am Parkhafen immer in dieser Tidekonstellation einlaufen müssen. Ein früherer oder späterer Tidezeitpunkt würde dazu führen, dass das ein solch großes Schiff nicht mehr sicher gedreht werden kann.

Zusammenfassung
Die Havarierisiken durch große Containerschiffe auf der Unterelbe sind durch die Politik und Verkehrslenkung in der Vergangenheit nahezu ignoriert worden. Das bereits mehrtägige Festliegen des derzeitigen Havaristen spricht dafür, dass diese Risiken auch hinsichtlich der geplanten Elbvertiefung neu bewertet und das Thema der fehlenden Notfallpläne und -ausrüstung auf der Elbe offen diskutiert werden müssen. Dabei ist zu bewerten, ob sich der Größenwahn bei den Schiffen aufgrund der Vielzahl der zu ergreifenden Maßnahmen für einen Hafen wie Hamburg überhaupt noch rechnen wird.

Wattebäusche und Bauchpinsel

Hafenkooperation Cuxhaven1Ein Containerriese havariert in der Elbe und wenige Stunden später ist von dem niedersächsischen Wirtschaftsminister Herrn Olaf Lies zu lesen: “Die Havarie zeigt einmal mehr, wie dringend wir eine Kooperation der norddeutschen Häfen Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven brauchen.” Klare Worte von Wirtschaftsminister Lies. Deutet sich bei unseren Wirtschaftspolitikern mit dem taufrischen Eindruck aus der Havarie des Riesen eine Positionsänderung zu einer bislang vehement abgelehnten Hafenkooperation an?

Hafenkooperation Cuxhaven2Da hat es dann schon ein gewissen Charme, wenn wir am selben Tage Herrn Lies in einer Podiumsdiskussion mit seinem Schleswig-Holsteinischen Amtskollegen Herrn Reinhard Meyer, dem Hamburger Wirtschaftssenator Herrn Frank Horch und dem Staatssekretär des Bundesverkehrsministeriums Herrn Enak Ferlemann erleben dürfen: Die unscheinbare Kooperation Elbe-Seaports hatte nach Cuxhaven in die sehenswerten Hapag-Hallen zum Thema “Kooperation und Verkehrsinfrastruktur an der Unterelbe und in Norddeutschland” eingeladen, um “Ideen – Konzepte – Visionen – Lösungsansätze” zu diskutieren.

Nach einleitenden Worten von Herrn Horch, dass die aktuelle Havarie nichts mit der fehlenden Elbvertiefung zu tun habe, wurde das Topthema “CSCL Indian Ocean” schnell aus dem Fokus genommen. So dann wurden von den Politikern die Wattebäusche und Bauchpinsel herausgeholt. Es wurde die erfolgreiche Zusammenarbeit der norddeutschen Länder zum Bundesverkehrswegeplan beweihräuchert. Man sonnte sich in der doch ach so erfolgreichen bestehenden Kooperation der Elbhäfen und überhäufte Herrn Horch mit Komplimenten und Lobeshymnen für die tolle Hamburger Federführung.  Inhalte der Zusammenarbeit wurden nicht benannt bzw. beschränkten sich auf Selbstverständlichkeiten. Nach einer Stunde durfte das sprachlos wirkende Publikum auch etwas fragen. So kam dann doch noch das Thema Hafenkooperation zwischen den großen Häfen Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven auf den Tisch. Und es ging in gleicher Einigkeit zwischen Bund und Ländern mit den Wattebäuschen weiter: das sei Teufelszeug. Konkurrenz würde dagegen das Geschäft beleben, Kartelle seien zudem verboten und die Reeder würden mit der Folge steigender Lastwagenverkehre abziehen. Alle Flüsse, d.h. Elbe, Weser und Ems sowie der NOK müssten mit Unterstützung des Bundes vertieft werden. Herr Horch setzte dem Säuseln dann die abschließende Sahnehaube in Sachen Elbvertiefung auf: der Hamburger Hafen wäre doch eine nationale Aufgabe für die Versorgung Deutschlands  – Hamburg bräuchte den Hafen nur für die Versorgung seiner lokalen Wirtschaft. Das wären, gemäß der Loco-Quote nur 30% des Umschlages.

Wie die oben zitierten Worte von Herrn Lies zustande gekommen sind, können wir uns nicht erklären. Der Hamburger Hafen sei nämlich nach seinen Worten gleichzeitig “der größte Niedersächsische Hafen“.

Nach dem Erlebnis dieses Chorals von Regierenden können wir feststellen, dass die drei Bundesländer und der Bund kein Interesse an einer Zusammenarbeit der drei großen Containerhäfen haben. Das, was die Verwaltungen der anderen Häfen der Nordrange, z.B. Rotterdam mit Amsterdam bzw. Antwerpen mit Zeebrugge, in unterschiedlicher Form bereits seit längerer Zeit erfolgreich vorleben, ist in Deutschland nicht gewünscht. Hier wird weiter gewurstelt und Steuergeld verprasst statt an schlauen Konzepten und Strategien gearbeitet. Die Havarie der “CSCL Indian Ocean” und die weiteren Folgen des Grundsitzens des Schiffes vor Grünendeich ist bei der Politik weiterhin nicht angekommen.

So verwundert es nicht, dass nicht einmal die Deutsche Verkehrs Zeitung DVZ oder der THB über diese Diskussionsveranstaltung berichten. Aber Hamburg-Hafen-Marketing hat immerhin eine luftige Meldung veröffentlicht. Warum wohl…

Containerriese auf Grund

CSCL-Indian-Ocean-Havarie-ADer 400 Meter lange Containerriese “CSCL Indian Ocean” ist am gestrigen Abend gegen 22:20 Uhr vor Grünendeich auf der nördlichen Fahrwasserseite auf Grund gelaufen. So meldete der NDR heute morgen in seinen Nachrichten. Bis zu sechs Schlepper sollen versucht haben, die bei auflaufendem Wasser festgekommene CSCL Indian Ocean erfolglos freizuschleppen.

Der nächste Versuch, das Schiff zu befreien, soll nun mit dem heutigen Mittagshochwasser erfolgen. Das Hamburger Abendblatt berichtet von einer defekten Ruderanlage, die für die Havarie verantwortlich sein soll. Das Stader Tageblatt berichtet die Chronologie der Havarie. Bislang ist kein Schaden entstanden. Toi, toi, toi, dass das so bleibt.

CSCL-Indian-Ocean-Havarie-BDie “CSCL Indian Ocean” ist ein Schwesterschiff der “CSCL Globe” und gehört damit zu den größten Containerschiffen der Welt. Im letzten Jahr havarierten bereits drei  Containerriesen auf der Elbe. Die “NYK Olympus“am 03.07.2016 an nahezu gleicher Stelle, die “YM Wish” am 31.07.2015 vor Glückstadt und die “Choapa Trader” vor Oevelgönne. In allen Fällen war technische Ausfälle an Maschinen- oder Ruderanlage Verursacher der Havarie. Die Tiefe des Elbfahrwasser war in allen Fällen mehr als ausreichend.

Die Elbe ist unser Schicksal

Argentinienbrücke2Mit diesem bemerkenswertem Satz war ein Interview von Herrn Nikolaus Schües im Hamburger Abendblatt vor einigen Tagen überschrieben. Herr Schües verfügt mit seinem Lebenslauf und als geschäftsführender Gesellschafter der in Rostock ansässigen Reederei F. Laeisz GmbH über ein umfangreiches ökonomisches Wissen über die maritime Wirtschaft. Wenn er sich in der letzten Zeit häufiger äußert, muss ihn etwas drücken.

Und so lesen wir zur Schifffahrtskrise: “Das liegt daran, dass sie sich aus zwei Quellen speist: Zum einen ist das natürlich die Knappheit an Ladung, die jede Art von Frachter trifft und die einfach auf den schwachen Markt reagiert, zurzeit trifft es extrem die Massengutfrachter. Zum zweiten gibt es das System Containerschiffe, das eine Umstrukturierung auf immer größere Schiffe erlebt, während gleichzeitig die Nachfrage sinkt. Es werden noch immer wöchentlich größere Schiffe bestellt, obgleich der Bedarf dafür eigentlich fehlt. Im Grunde genommen ist das Irrsinn. Die Branche versucht das Feuer mit Benzin zu löschen. … Sie haben richtig gehört. Man muss die Krise ausbrennen lassen, und das wird noch einmal viele Jahre dauern. Es geht nicht anders. In den kommenden drei Jahren werden die Containerriesen ausgeliefert, die derzeit bestellt werden. Solange wird sich schon mal gar nichts ändern. Und dann wird es noch einmal möglicherweise drei Jahre dauern bis sich die Lage wieder normalisiert und sich die Kapazitäten dem Wachstum der Wirtschaft angleichen.” Damit Hamburg seine Bedeutung als Hafen halten kann, plädiert er weiterhin für die Elbvertiefung: “Die Fahrrinnenproblematik muss gelöst werden, weil wir nicht zulassen dürfen, dass Partikularinteressen über Gemeinschaftsinteressen obsiegen. Ich bin zuversichtlich: das Problem wird gelöst.” Und dann kommt:  “Die Elbe ist unser Schicksal.” Starke Worte, aber warum muss für diesen ökonomischen Unsinn, der sich über einige Jahre ausbrennen wird, die Elbe vertieft werden?

  • Wir erleben derzeit eine Entwicklung bei der Schifffahrt, wie wir sie ähnlich als Folge der Ölkrise Anfang der siebziger Jahre bei den Riesentankern oder nach der Weltfinanzkrise in 2009 bei den Containerschiffen erleben durften. Manch ein Leser wird sich dabei an die Geltinger Bucht erinnern. Was wird dem Ausbrennen der jetzigen Schifffahrtkrise mit dem Abgesang der Riesencontainerschiffe folgen?
  • Können wir die von Ökonomen kürzlich entdeckte Digitalisierung mit ihren gravierenden Auswirkungen auf Schifffahrt und Hafen einfach ignorieren? Die Statements von Herrn StraubhaarDie Globalisierung, wie wir sie früher gefeiert haben, mit Containern, Schiffen und Häfen, wird immer weniger relevant. Es kann ökonomisch nicht nachhaltig sein, Standardgüter zentral herzustellen und sie um die halbe Welt zu transportieren. Künftig wird wieder mehr vor Ort produziert, näher am Kunden. Wenn ich sehe, wozu 3D-Drucker fähig sind, wird sich da einiges tun.” oder von Herrn Henning VöpelDer Hafen in seiner heutigen Form ist nicht mehr der Wachstumstreiber. Man könnte dort ein Zentrum für 3-D-Druck aufbauen.” lassen aufmerken!

Mit diesen von Politik und maritimer Wirtschaft unbeantworteten Fragen erscheinen uns die auf kurze Sicht angelegten wirtschaftlichen Ziele der Reeder vielmehr als Partikularinteressen, denen das Gemeinschaftsinteresse untergeordnet werden soll.

Themenwechsel: Ebenfalls vor wenigen Tagen wurde die Ergebnisse des Monitorings des Jahres 2015 für die aussterbende Pflanze Schierlingswasserfenchel (Oenanthe conioides) veröffentlicht. Diese weltweit mittlerweile nur noch in Hamburg lebende Pflanze ist durch die Elbvertiefung vom Aussterben bedroht. Der Erhalt ihres Lebensraumes ist eines der vielen vor Gericht liegenden Streitthemen zwischen Planfeststellern und Naturschutzverbänden. Und wie ist es diesem “Blümchen” in 2015 ergangen? “Insgesamt war 2015 ein sehr gutes Jahr für Oenanthe conioides, wenn man die Anzahl der gefundenen Individuen im Sommer 2015 mit den Ergebnissen der zurück liegenden FFH-Monitoringdurchgänge vergleicht.” dürfen wir auf Seite 67 in der Zusammenfassung lesen. In der Tat, die Zahl der Pflanzen hat sich binnen zweier Jahre um 1.400 Individuen auf 4.272 erhöht.

Liest man allerdings die Details können wir der Begeisterung der Gutachter nicht folgen. Die Pflanze, die noch vor wenigen Jahren  von der Stör bis nach Hamburg zu finden war, lebt eigentlich nur noch auf ganz engem Raum zwischen der Süderelbbrücke und der Bunthäuser Spitze. Überall gehen tragfähige Populationszahlen zurück – im Mühlenberger Loch, einem ehemaligen Hauptverbreitungsgebiet, sind seit dem Airbus-Ausbau alle Pflanze ausgestorben. Schauen wir uns den sehr schmalen Korridor seines Hauptlebensraum am Schweensand und Heuckenlock an, hoffen wir, dass niemals eine Ölkatastrophe von z.B. beim Rammen der Süderelbbrücke durch ein Binnenmotorschiff stattfinden und die hier noch lebenden 2.900 Pflanzen Moorburger Hafen 4zerstören wird.

Auch den Optimismus der Gutachter z.B. für die in 2015 erfolgte Ansiedlungsmaßnahme am Moorburger Hafen können wir nicht teilen! So lange dort noch Schiffe, wie die abgebildete “MS5” aus Szczecin im Juni 2015, abgewrackt werden dürfen, glauben wir nicht an einen Erfolg dieser Maßnahme. Der aktuelle Überlebenskampf von Oenanthe Conioides wird durch die geplante Elbvertiefung noch verschärft werden.

So kehren wir zu den Worten von Herrn Schües in Sachen Elbvertiefung zurück: “Die Elbe ist unser Schicksal” umschreibt auch die Zukunft des Schierlingswasserfenchels.