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Nordfriesland sagt Nein!

AlexandervonHumboldt2In Sachen “Schlick-Schande” und dem Fortgang der Verklappung von giftigem Hafenschlick vor Helgoland bei Tonne E3 hat sich ein, nach Meinung des schleswig-holsteinische Umweltministers Herrn Robert Habeck, weiterer Beteiligter mit einer vermeintlich nicht “stichhaltigen Einwendungen” zu Wort gemeldet. Wie heute in der SHZ zu lesen war, hat sich der Hauptausschuss des Kreises Nordfriesland gegen die Verklappung ausgesprochen.

Laut SHZ soll die moderat formulierte Verwaltungsvorlage, in der die geplante Verklappung als ökologisch und ökonomisch nicht nachhaltige „Übergangsmaßnahme“ akzeptiert und nur die Option einer Verlängerung ausgeschlossen werden sollte, schnell und einvernehmlich durch die Abgeordneten vom Tisch gewischt worden sein. Hamburgs unsägliche Untätigkeit der vergangenen Jahrzehnte ist sehr wohl von den Abgeordneten zur Kenntnis genommen und nicht vergessen worden.

Über Jahre hat man aber in Hamburg dieses nicht wahrnehmen wollen. Nicht mal die Kostenentwicklung und die Effektivität dieser ausufernden Baggerei scheint von den Senaten kritisch beäugt und öffentlich gerechtfertigt worden zu sein.

Diesen Eindruck gewinnen wir bei der neu gestellten Schriftlichen Kleinen Anfrage in der Bürgerschaft. Die Antworten werden in rund einer Woche zu lesen sein…

Nachtrag: den Beschlusstext des Hauptausschusses finden Sie ->hier.

 

 

Fortgang Tonne E3

Bartholomäus DiasIn der Bild-Zeitung war vor vier Tagen mit dem Titel “Schlick-Schande! Hafen kann aufatmen” in einem sehr flachen Artikel zu lesen: “Ende kommender Woche will Umweltminister Robert Habeck (46, Grüne) nach BILD-Informationen eine Zulassung erteilen, nach der Hamburg die nächsten fünf, eventuell sogar zehn Jahre lang seinen Hafenschlick in der Nordsee an der Tonne E3 verklappen darf. … Habeck hatte zur neuen Schlick-Genehmigung unter anderem auch Umwelt- und Tourismusverbände befragt. Deren Einwände seien aber nicht stichhaltig, heißt es aus Kieler Regierungskreisen.

Aktuell ist eine Schriftliche Kleine Anfrage in der Bürgerschaft zur Verklappung bei Tonne E3 beantwortet worden. Zum Ende der Baggersaison am 31.03.2016 wird nach dem Stand der ausstehenden Vereinbarung mit Schleswig-Holstein gefragt. Und da lesen wir denn auch, wer und wann um eine Stellungnahme gebeten worden: “… den Trägern öffentlicher Belange sowie Verbänden aus Umwelt, Fischerei und Tourismus die Antragsunterlagen am 1. März 2016 zugestellt. Am 30. März 2016 endete die Frist für Stellungnahmen und Anregungen. Am 15. März 2016 wurden die Teilnehmenden des Forums Strombau- und Sedimentmanagement Tideelbe sowie weitere Interessierte auf einer Informationsveranstaltung begleitend über die Einigung zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein sowie über die Inhalte des Genehmigungsantrags unterrichtet (siehe www.dialogforum-tideelbe.de).

Auf der Internetseite des Dialogforums ist nichts zu finden. Weder die Inhalte des Antrages noch ein Protokoll dieser Veranstaltung samt Teilnehmerliste und deren Stellungnahmen wurden dort veröffentlicht. Pssst – soll ja auch keiner wissen.

Was der grüne Umweltminister von Schleswig-Holstein laut Bild-Zeitung als so nicht stichhaltig ansieht, können Sie z.B. in der Stellungnahme von “Rettet-die-Elbe” nachlesen.

So bleibt es spannend, was denn in den Augen von Herrn Habeck nun wirklich stichhaltig ist. Etwa das von der HPA in den vergangenen Jahren sinn- und erfolglos betriebene Sedimentmanagement, gar etwa das ökologisch so problemlose Baggergut? Die Kollegen von Rettet-die-Elbe haben in Ihrer Stellungnahme auf diese und andere Punkte zutreffend hingewiesen und die fehlende Nachhaltigkeit festgestellt.

Sind es vielleicht die 2,50 Euro pro Kubikmeter verklappten Hamburger Baggergutes, die bei Herrn Habeck für eine Stiftung in der Kasse klingeln, die niemals für die Schäden eine ausgleichende Funktion werden wahrnehmen können?

Sollte Herr Habeck Ende nächster Woche, wie von der Bild-Zeitung berichtet, eine nicht widerrufbare Entscheidung für Hamburg ohne konkrete Auflagen treffen, wird er Hamburg einen weiteren, diesmal grünen Freibrief für eine ungehemmte, umweltzerstörende Baggerei erteilen. Die bislang angekündigten Auflagen wie ein “nachhaltiges” Sedimentmanagement samt einer Aestuarpartnerschaft sind für Hamburg ein “business as usual”. Seit Jahrzehnten werden diese Themen erfolgreich von der Stadt und seiner Hafenverwaltung ausgesessen.

Wir hoffen, dass Bild eine Ente produziert hat und Herr Habeck eine umweltpolitisch grüne Entscheidung treffen wird.

 

Löschboot? Fehlanzeige!

Feuerwehr2Der Innenausschuss der Hamburger Bürgerschaft hatte sich in einer Selbstbefassung mit dem im Oktober 2015 veröffentlichten Unfallbericht der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) zum Brand der „Atlantic Cartier“ befasst.  Mit dem Titel “Analysen, Bewertungen und Konsequenzen des Hamburger Behördenhandelns” wurden auch die

  • die Beschaffung eines neuen Feuerlöschbootes,
  • die ausreichende Bevorratung des Löschmittels CO2 und
  • die Sicherstellung der Bereitschaft von qualifiziertem Personal für die “Notfall-Entladung” an Hafenfeiertagen,

erörtert und in einem Bericht an die Bürgerschaft zusammengefasst. Das Ergebnis ist ernüchternd: keine der o.a. drei Hausaufgaben wurden seit dem Brand am 01.05.2013, also binnen dreier Jahre, vom Senat abgeschlossen. Die Protokollierung im Bericht an die Bürgerschaft mutet dabei schon fast bizarr an. Beispiel Feuerlöschboot:

Der Senat teilt mit: “Hinsichtlich der Ersatzbeschaffung der drei Löschboote seien sie in intensiven Gesprächen über die Errichtung einer Arbeitsgruppe und die Erarbeitung eines Flottenmanagements.
Nachfrage der Abgeordneten:Der Senat spreche zwar von intensiven Gesprächen; dies höre man aber bereits seit Monaten. Schon in den letzten Haushaltsberatungen sei von entsprechenden Vorbereitungen berichtet worden. Auf konkrete Nachfrage habe der Senat seinerzeit geantwortet, dass eine Berücksichtigung im Haushalt noch nicht notwendig sei, weil das Flottenmanagement dies finanziell auffangen würde. Der Bericht komme zu dem Ergebnis, dass die Kühlungsmaßnahmen der Feuerwehr sehr erfolgreich und entscheidend für den Verlauf gewesen seien. Wenn die Schlepper im Hafen zu dem Zeitpunkt nicht zur Verfügung gestanden hätten, wäre es schlechter ausgegangen. Deshalb sei es extrem notwendig, eigene Kompetenz vorzuhalten. In diesem Zusammenhang erbaten sie eine konkrete Aussage, wann mit Anschaffung der Löschboote zu rechnen sei, zumal sich zum 1. April 2016 das Ausschreibungsrecht ändere.
Antwort Senat:Hinsichtlich der Löschboote fänden sehr dezidierte Abstimmungsgespräche statt. Die Feuerwehr Hamburg sei hier mit ihren Fachleuten bei der Erstellung der technischen Anforderungen stark involviert gewesen. Die Ausschreibungsunterlagen würden derzeit final begutachtet und zeitnah abgeschlossen werden. Parallel dazu gebe es den Entwurf einer Senatsdrucksache, die sich im Behördenabstimmungsverfahren befinde. Hierin sei die grundsätzliche Absicht der Einführung eines Flottenmanagements beschrieben. Somit seien die Maßnahmen zur Umsetzung jetzt sehr konkret. Voraussichtlich sei Ende des Jahres 2017 das große Löschboot, das als erstes im Flottenmanagement angeschafft werden solle, in Hamburg verfügbar.
Nachfrage der Abgeordneten:Die CDU-Abgeordneten baten hinsichtlich der Beschaffung des Löschboots um nähere Informationen zum konkreten Zeitplan. Außerdem erkundigten sie sich, wann die erwähnte Senatsdrucksache vorliegen werde und ob die Finanzierung schon gesichert sei. Sie hätten nie daran gezweifelt, dass die Feuerwehr mit Hochdruck an den technischen Voraussetzungen gearbeitet habe. Allerdings sei die Frage der Finanzierung offenbar nicht ausreichend geklärt. Hier sei der Senat in der Pflicht.
Antwort des Senates: “Die Senatsvertreterinnen und -vertreter waren der Ansicht, dass der Verfahrensstand zum Löschboot hinreichend beschrieben worden sei. Es gebe die Grundsatzverabredung, im Rahmen eines Flottenmanagements für verschiedene Dienststellen eine Beschaffung durch die Hamburg Port Authority (HPA) zu organisieren, um zu einer einheitlichen Flotte zu kommen. Alle Details der Finanzierung seien noch nicht geklärt, denn es handle sich dabei um eine Umstellung: das Fahrzeug sei nicht mehr im
Eigentum der Feuerwehr, sondern werde von der HPA zur Verfügung gestellt. Dadurch ändere sich das Bewirtschaftungsmodell, das sich im Rahmen der Senatsdrucksache in der Abstimmung befinde. Ein konkretes Datum für die Vorlage der Drucksache konnten die Senatsvertreterinnen und -vertreter nicht nennen.

Erinnern Sie sich noch an die Vorstellung der Pläne für das neue Feuerlöschboot im Juli 2015? Das Hamburger Abendblatt berichtete ausführlich über das neue Rekordschiff und die Risikosituation im Hamburger Hafen:

  • „Bei den großen Containerschiffen der neuesten Generation reicht das Wasser aus den Rohren der Löschboote gerade einmal bis zur Reling, für Löschschaum sind sie nicht geeignet…“
  • „Praktisch jeder große Containerfrachter im Hafenbereich habe außerdem Gefahrengut geladen. Insbesondere in den vergangenen zwei Jahren kam es dabei vermehrt zur brenzligen Situationen…“
  • „Anfang Juni dieses Jahres geriet die mit 20.000 Tonnen Düngemittelstoffen beladene „Purple Beach“ vor Helgoland in Seenot. Rettungskräfte berichteten nach dem Einsatz, dass der ätzende Rauch des Frachters die herkömmliche Lackierung der Einsatzboote binnen Minuten abschälte…“
  • „Es gibt eine große Einigkeit darüber, dass die derzeitige Ausstattung nicht tragbar ist…“ „Bei einer gefährlichen Großlage wäre die Hamburger Feuerwehr nicht gerüstet.“

Im Koalitionsvertrag des rot-grünen Senats lesen wir auf Seite 102Die Erneuerung der Löschbootflotte wird in Angriff genommen. Das erste neue Löschboot soll 2017 nach der erforderlichen zweijährigen Bauzeit in Dienst gestellt werden.

Diese zwei Jahresfrist ist nicht mehr zu halteFeuerwehr1n – frühestens in 2018 wird der Hamburger Hafen also über ein geeignetes Boot zum Schutz seiner Bürgerinnen und Bürger verfügen. Und das nur, weil das vom Senat favoritisierte Finanzierungsmodellgesamtheitliches Flottenmanagement“, die absurd anmutende sogenannte HPA-Reederei, nicht binnen eines Jahres auf die Beine gestellt werden kann? Das ganze Vorhaben erinnert an das Fuhrpark-Management der Bundeswehr, das bislang grottenschlecht agiert hat.

Genauso erfolgreich sind auch die zwei weiteren Hausarbeiten abgearbeitet worden.

  • Bei der CO2-Bevorratung hofft der Senat, dass dieser im Notfall rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden kann, statt einen Vertrag mit einem  Dienstleister abzuschließen oder die Feuerwehr mit entsprechenden Vorräten auszustatten.
  • Die Senatsvertreterinnen und -vertreter berichteten von einem Gespräch über den
    Einsatz von Fachkräften für die Krananlagen mit dem Zentralverband der deutschen
    Seehafenbetriebe e.V. (ZDS) Anfang des Jahres 2016, um den konkreten Sachstand
    für die heutige Beratung in Erfahrung zu bringen. Der ZDS sei aktuell noch in Abstimmungsgesprächen mit den Gewerkschaften, um eine tarifvertragliche Lösung zu finden.

Das ist doch prima – nichts von den Hausaufgaben wurde erledigt, so dass der Umschlag im Hamburger Hafen weiterhin ein gefährliches Pulverfass bleibt. “Setzen Sechs” werfen wir diesem Senat zu – es muss, wie schon so häufig zuvor, erst etwas ganz Schlimmes passieren, bevor in dieser Stadt langschwelende Themen zum Wohle der Menschen angegangen werden.

HHLA 2015

MetransAm 30.03.2016 wurde der Geschäftsbericht der HHLA AG für das Jahr 2015 vorgestellt. Die nüchternen Zahlen besagen, dass der Containerumschlag auf den HHLA-Terminals im Hamburger Hafen um über 12% rückläufig war. Wirtschaftlich aufgefangen wurden die Umschlagsverluste durch die anscheinend überaus erfolgreichen Bahnaktivitäten der HHLA eigenen Tochtergesellschaft METRANS. Mittlerweile ist der Umsatz- und Gewinnanteil aus diesem Bahngeschäft auf über 30% des Gesamtumsatzes gestiegen. Die Tendenz ist stark steigend!

  • Die HHLA ist also kein klassischer Betreiber eines Containerterminals mehr – sie hat sich zu einer erfolgreichen Bahngesellschaft entwickelt. METRANS ist nach der Deutschen Bahn mittlerweile mit mehr als 50 eigenen Lokomotiven und 2.500 Waggons das zweitgrößte deutsche Bahnverkehrsunternehmen geworden. Wie kann das aber nur sein, wenn man von den tiefgreifenden Problemen bei der Güterverkehrssparte der Deutschen Bahn liest und häufig liest, das mit einer “Güterbahn” kein Geld zu verdienen ist?
  • “Anhaltende Restriktionen im Bereich der Infrastruktur belasten uns. Hier ist insbesondere das lange Warten auf die ursprünglich für 2007 geplante Umsetzung der Fahrrinnenanpassung der Elbe zu nennen.” Mit diesen zwei Sätzen begrüßt der HHLA- Vorstandsvorsitzende Herrn Klaus-Dieter Peters die Aktionäre im aktuell veröffentlichten Geschäftsbericht für das Jahr 2015. Hauptaktionär der HHLA AG ist unverändert die Stadt Hamburg mit einem Aktienbesitz von über 68%. Und so scheinen diese vom Vorstandsvorsitzenden gewählten Worte, der bekanntlich seit einiger Zeit beim Senat in Ungnade gefallen ist, sich direkt in Form einer Klatsche an unseren ersten Bürgermeister, Herrn Olaf Scholz zu richten. Warum?

Noch in 2014 hatte die HHLA eine satte Dividendenkürzung bekanntgegeben. Mehr Umschlag im Jahr 2013 hatte zu deutlich weniger Gewinn geführt – wie kann das sein? Herrn Peters schien dieses wenig erfolgreiche Geschäftsmodell einer einseitig auf Wachstum ausgerichteten Containerschleuse im Hamburger Hafen vorhergesehen und mit seinen Mitarbeitern nach weiteren Standbeinen für die HHLA gesucht zu haben.

Metrans2Und dabei wurde die Eisenbahn “neu” entdeckt. Nein, nicht die klassische Eisenbahn a la Deutsche Bahn. Die “neue Eisenbahn” musste im nichtdeutschen Hinterland des Hamburger Hafens agieren und die bisherigen langgeübten und anscheinend wenig erfolgreichen DB-Eisenbahnkonzepte umgehen. Derartige Konzepte wurden – der Erfolg gibt Herrn Peters und seinen Mitarbeitern recht – vermutlich gefunden. Einen Eindruck, wie dieses HHLA-Konzept funktionieren könnte, kann man in einem Artikel in der Eisenbahntechnischen Rundschau ETR aus dem März 2011 entnehmen.

Wir haben das Gefühl , dass Hamburg und seine HHLA-Tochter METRANS, aber auch die zweite Tochter POLZUG, den Eisenbahnverkehr in Deutschland kräftig aufmischen. Grundsätzlich ist das positiv. Ein Nachgeschmack verbleibt, wenn wir feststellen, dass METRANS und POLZUG den mit vielen Millionen Euro Steuergeld erneuerten Rangierbahnhof Maschen schlicht umgeht. Direktzüge nach Posen und Prag sind die Devise – egal ob leer oder voll. Rangieren und Umladen in Deutschland bleiben auf der Strecke. Und damit deutsche Arbeitsplätze, die doch vermeintlich klar zum Hamburger Hafen und zum Seehafenhinterlandverkehr gehört haben.

Klar, wir leben in Europa – aber müssen zwei staatliche deutsche Bahnunternehmen, die DB des Bundes und die METRANS der Stadt Hamburg derartig krass gegeneinander arbeiten? Was wird da für eine Politik gespielt? Insbesondere, wenn wir uns ansehen, welche millionenschweren Bundesinvestitionen in den nationalen Seehafenhinterlandverkehr für Hamburg erfolgen – und eigentlich nur der METRANS und nicht dem gesamten Bahnverkehr zu Gute kommen.

Herr Peters als Vorstandsvorsitzender der HHLA hat also mit seinen Mitarbeitern einen guten Job gemacht – er hat in dem sich seit 2008 abzeichnenden schwierigen Umfeld Containerumschlag ein neues gewinnbringendes Geschäftsfeld entwickelt. Der Bürgermeister hat dieses nicht: er hält an alten Zöpfen wie z.B. der Elbvertiefung unbeirrbar fest, bekommt diese nicht einmal geregelt und sägt zugleich seinen erfolgreichen Manager ab. Das erklärt doch die Eingangsworte im Geschäftsbericht.

Es ist dabei erstaunlich, mit welcher Gelassenheit von Politikern dieses  für ein Metrans3Hafenunternehmen merkwürdige HHLA-Ergebnis entgegen genommen wird. Dass der größte Terminalbetreiber des größten Hafen Deutschlands, dem Hamburger Hafens, zum zweitgrößten Güterbahnunternehmen Deutschlands profitabel mutiert ist, scheint geradezu normal zu sein. Keiner Nachfrage bedürftig – wir haben es leider im Bürgerschaftsausschuss für öffentliche Unternehmen im Januar 2016 selber erleben dürfen.

Das “Siemens als Bank mit angeschlossener Elektroabteilung” gilt, ist ein seit Jahrzehnten gepflegter und bekannter alter Hut. Dass die HHLA sich seit der Finanzkrise in 2008 zu einem Bahnunternehmen mit angeschlossenem Containerterminal entwickelt hat, sollte dagegen zu denken geben – insbesondere, wenn wir an die anstehende sinnlose Elbvertiefung denken und kein Politiker diese Mutation und ihre Auswirkungen erfasst hat und bewerten kann.

Filmtipp: “Seeblind”

MachdochmaldieAugenauf2Seeblind – Der wahre Preis der Frachtschifffahrt” – so lautet der Titel eines im Ersten Fernsehprogramm ausgestrahlten sehenswerten Dokumentarfilms von Denis Delestrac.

Etwa 90 Prozent aller heute in der westlichen Welt konsumierten Produkte kommen aus Übersee. Ob Jeans, Computer oder Lippenstifte, sie haben oft eine Schifffahrt um den ganzen Globus hinter sich. Und dennoch sind sie billiger als Produkte, die hierzulande hergestellt werden. Die Frage ist: Wer zahlt den Preis?

Der Autor Denis Delestrac versucht die Antwort mit umfangreichen Recherchen rund um die Schifffahrt, insbesondere die Containerschifffahrt zu finden. Der Film zeigt die Mechanismen und Gefahren der Frachtschifffahrt auf. Diese quasi unsichtbare Industrie, nimmt eine Schlüsselrolle in der globalen Wirtschaft und damit in unserem Zivilisationsmodell ein. Auch die extremen Umweltschäden durch Abgase, Havarien sowie Abwracken, Lohndumping bei den Seeleuten und die massive Steuerflucht durch das System der Billigflaggen werden analysiert.

Die gesamte Frachtschiffindustrie liegt dabei in den Händen ganz weniger skrupelloser Magnaten, die einen bedeutenden Einfluss auf die Weltwirtschaft und auf ganze Regierungen ausüben. Alles nur wirre Verschwörungstheorien?

Wir müssen dafür nur nach Deutschland gucken und das unsägliche Agieren unserer Politik gegenüber der “hochgelobten maritimem Wirtschaft” betrachten. Es gibt kaum noch Schiffe unter Deutscher Flagge und trotzdem erfüllen unsere Politiker nahezu alle Forderungen dieser vermeindlich deutschen Reeder, die die größte ausgeflaggte Containerflotte der Welt betreiben. Deutsche Reeder die ihre Schiffe z.B. in den Billigflaggenländern Liberia oder den Marschallinseln registrieren, werden dafür von der deutschen Politik mit immer schlechteren Sozialstandards in der Schifffahrt und Steuergeschenken ungeahnten Ausmaßes belohnt.

Gleichzeitig nehmen die Reeder über die Regierungen der Billigflaggenländer Einfluss auf die UN-Sonderorganisation IMO, die die internationalen Standards in der Seeschifffahrt festlegt. Die IMO wird hauptsächlich von den Ländern finanziert (siehe ganz unten), in denen die meisten Schiffe registriert sind: Liberia und die Marshallinseln stehen bei der IMO-Finanzierung nach Panama auf Platz zwei und drei. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt?

Der Film “Seeblind” ist noch bis zum 06. April 2016 in der ARD-Mediathek verfügbar. Auf Youtube ist er zusätzlich zu finden. Wir empfehlen Ihnen, sich diesen Film anzusehen.

2. Nachlese Havarie

CSCL-Indian-Ocean-Havarie-DIm Anschluss an das Freikommen der im Februar 2016 vor Grünendeich havarierten “CSCL Indian Ocean” sind viele Fragen unbeantwortet geblieben. In der Hamburgischen Bürgerschaft wurde mit lediglich zwei Schriftichen Kleinen Anfragen nicht viel hinterfragt. Zudem scheint sich der Senat, hier Antwort 7, auch nicht richtig gerne zum Thema äußern zu wollen.

Aus den Antworten der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage im Deutschen Bundestag ist nun etwas mehr für den Interessierten in Erfahrung zu bringen. So geht die Bundesregierung vorbehaltlich der Ergebnisse der laufenden Seeunfalluntersuchung weiterhin von einem technischen Fehler der Ruderanlagensteuerung als Havarieursache aus. In den weiteren Ausführungen erfahren wir dann, wie man sich auf diese Havarierisiken bei den Planungen der Elbvertiefung und den damit avisierten Großcontainerschiffen, den “Außergewöhnlich Großen Fahrzeugen” (AGF), vorbereitet hat. “In Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Wasserbau, den Reedern, der Hafenbehörde Hamburgs und den Seelotsen wurden u. a. vorweg Simulationen durchgefahren und zusammen mit den theoretischen Risikoanalyseergebnissen bewertet. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass die avisierten außergewöhnlich großen Fahrzeuge (AGF) das Revier der Außen- und Unterelbe unter Einhaltung zusätzlicher Auflagen in einer Schifffahrtspolizeilichen Genehmigung mit derselben Sicherheit befahren können wie die übrige Schifffahrt.

Beruhigend klingt das nicht. Ein Schiff auf der Elbe gilt laut der seit Jahren gültigen Definition der WSV-Bundesbehörde ab einer Länge von 330 Metern oder einer Breite von 45 Metern als ein AGF. Es scheint damit so, dass die Havarierisiken mit den in 2006 durchgeführten Elbvertiefungsplanungen abgeschlossen wurden und nicht auf die heutigen explosionsartig angewachsenen Schiffsgrößen ausgeweitet wurden. Das lässt sich ableiten aus einem Vergleich der von den Bundesbehörden festgelegten Mindestmaße für ein AGF und den Maßen für das sogenannte  Bemessungsschiff, das für die Begründung der Notwendigkeit der aktuell vor Gericht stehenden Elbvertiefung definiert wurde. Bemessungsschiff_CSCLIndianOceanDieses Bemessungsschiff hat mit dem fast 400 Meter langen und 59 Meter breiten Havaristen “CSCL Indian Ocean” bzw. seinem Schwesterschiff “CSCL Globe” nicht mehr viel zu tun: es sieht fast niedlich gegen diesen Riesen aus. Es scheint also Handlungsbedarf an der Elbe für diese Riesenschiffe zu geben. Und so lesen wir in der Antwort dann auch: “Anlässlich des hier in Rede stehenden Unfalls wurden die Verkehrszentralen des Bundes angewiesen, bei einem hinreichenden Verdacht auf eine technische Störung auf dem AGF für das weitere Befahren ausreichende Schlepperunterstützung anzuordnen.” Eigentlich eine Selbstverständlichkeit…

Auch die Befahrensregelungen auf der Elbe werden für die Riesen in Antwort 7 offiziell, allerdings ohne Quellenangabe, benannt. Interessanterweise wird die bereits vom Eurogate-Chef, Herrn Emanuel Schiffer vor einem Jahr benannte Restriktion “Auf der Elbe gibt es nach Angaben Schiffers schon heute zwischen der Insel Neuwerk und dem Hamburger Hafen ein Begegnungsverbot für die Riesen.” von der Bundesregierung bestätigt: “Oberhalb der Tonnen 13/14 dürfen sich Fahrzeuge mit einer addierten Breite von 111 m und mehr nur begegnen, wenn ihre Schiffsgeschwindigkeit während der Begegnung 13 kn Fahrt über Grund nicht überschreitet.Eine Restriktion, an der die geplante Elbvertiefung ebenfalls nichts ändern wird!

Auch das Fehlen des zweiten Ankers, den die “CSCL Indian Ocean” kurz vor der Havarie in der Nordsee verloren hatte, scheint, entgegen der üblichen Ausrüstungsvorschriften beim Befahren der Elbe kein Problem darzustellen. “Bei einem betriebsklaren Anker sind üblicherweise keine weiteren Auflagen erforderlich.” – soll heißen, das ein Anker reicht. Das klingt doch merkwürdig für ein derart enges Fahrwasser. So wird dann erklärend hinterhergeschoben: “Von der Hamburg Port Authority (HPA) wurde am 4. März 2015 für die „CSCL Indian Ocean“ eine Schifffahrtspolizeiliche Genehmigung für das Befahren des Hamburger Hafens erteilt. Neben den in der Genehmigung enthaltenen Auflagen hat die HPA wegen des fehlenden Ankers keine zusätzlichen Auflagen erteilt. Begründung dafür ist, dass bereits die Auflage bestand, dass das Schiff ab der Landesgrenze eine Leinenverbindung zu einem Schlepper mit einem Pfahlzug von mindestens 70 to. herstellen musste.” Der Havarieort Grünendeich liegt aber vor der Landesgrenze!

Wir erfahren in den Antworten der Bundesregierung auch etwas mehr zur Beladung der “CSCL Indian Ocean”. Neben den Containerzahlen und -gewichten, die unser Senat bei Anfragen komischerweise regelmäßig nicht beziffern kann, werden auch die Schmier- und Betriebsstoffe angeführt. Die Zahlen lassen uns schwindelig werden: Wir können froh sein, dass der Havarist freigeschleppt werden konnte und keine Container zur Reduktion des Tiefganges abgeborgen werden mussten.

Es verbleiben weiterhin viele offene Fragen zu dieser Havarie. Und so bleibt es spannend, ob und in welcher Form die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) eine Untersuchung dieser Havarie vornehmen wird. Bislang haben wir hierzu nichts weiteres gehört.

Neuer Ergänzungsbeschluss

Leipzig01Die Planfeststellungsbehörden für die neunte Elbvertiefung haben am heutigen Gründonnerstag den auf den 24.03.2016 datierenden zweiten Ergänzungsbeschluss für den ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss vom 23.04.2012 veröffentlicht.

Den mehr als 200 Seiten umfassenden zweiten Ergänzungsbeschluss finden Sie auf den Internetseiten der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt -Außenstelle Nord (GDWS) jeweils in einer Version der GDWS und der Freien- und Hansestadt Hamburg. Den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.10.2014 und die unter dem Aktenzeichen BVerwG 7 A 14.12 veröffentlichten verwandten Dokumente finden Sie hier.

Hamburg hat heute nachmittag eine Pressemitteilung zum 2. Ergänzungsbeschluss veröffentlicht. Hamburg und der Bund halten also mit der Brechstange an den veröffentlichten Terminen fest. Auch wenn die für die Erstellung des Ergänzungsbeschlusses veröffentlichten Unterlagen sehr dürftig waren, berichtet unserer BVerwGLeipzig1Wirtschaftssenator, Herr Frank Horch: Es wurden z.B. die in der Vergangenheit gemessenen Tidescheitelwasserstände der zurückliegenden 63 Jahre ausgewertet und vor Ort an beiden Ufern der Elbe fast 4.000 ha Flächen nach Pflanzen und etwa 2.000 ha Flächen nach Vögeln kartiert. Das hat natürlich Zeit gekostet, aber bessere und breitere Erkenntnisse über einen Flussausbau hat es wohl in Deutschland noch nie gegeben. … Damit ist nach meiner Überzeugung spätestens jetzt eine Grundlage geschaffen, auf der das Gerichtsverfahren jetzt fortgesetzt werden kann.

Ja, dann kann ja gar nix mehr schief gehen, kann Herrn Horch doch nur zugerufen werden. “Denn man tau” sagen wir an der Küste.

Cash & Crash

Hapag-Lloyd hat heute seinen Geschäftsbericht 2015 vorgestellt und berichtet in der zugehörigen Pressemitteilung, das Geschäftsjahr 2015 mit einem Jahresüberschuss in Höhe von EUR 114 Mio. (Vorjahr: EUR -604 Mio.) abgeschlossen zu haben.Hapag-Lloyd4

Die Wirtschaftswoche berichtet von den anstehenden Aufgaben für Hapag-Lloyd mit dem Titel “Jetzt sucht die Reederei ihren Traumpartner” und zeigt den schwierigen Cocktail aus stetig sinkenden Frachtraten, Allianzenneubildungen und übermächtigen Konkurrenten auf. Und dieser Cocktail ist für Hapag-Lloyd, dem Führer der “noch G6-Allianz” (APL scheidet aufgrund der Übernahme von CMA-CGM in Kürze aus) wahrlich brisant.

Ein weiterer Partner der “noch G6-Allianz” ist durch diesen Cocktail in arge Bedrängnis geraten: die Nummer 15 der weltweit größten Containerreedereien, die koreanische Hyundai Merchant Marine-HMM. Nach den immer wieder zurückgewiesenen Fusionsgerüchten mit der koreanischen Hanjin-Reederei vom Ende letzten Jahres, kamen Anfang Februar 2016 Informationen auf, die das finanzielle Hyundai Containerschiff auf der Elbe 2012-10-21Desasters des Hapag-Lloyd-Partners deutlich machten. Im Wall Street Journal war von stürmischen Zeiten für HMM zu lesen, die sich binnen weniger Tage zu Charterratenverhandlungen mit den Eigentümern der Charterflotte entwickelten: “Company tells fleet owners it can’t operate much longer without substantial reduction

Heute wird in Sachen HMM im Branchendienst Alphaliner zum ersten Mal von einer möglichen Insolvenz gesprochen. Die Hausbank hat noch eine weitere Frist gewährt, damit HMM mit den weiteren Gläubigern des Unternehmens in abschließende Verhandlungen treten kann.

Für die hamburgische Staatsbeteiligung hinterlässt das einen schalen Nachgeschmack. Hapag-Lloyd hat in einem extrem schwierigen Geschäftsumfeld einen kleinen Konzerngewinn ausgewiesen. Wie man beim Allianzpartner HMM sehen kann, ist der Gegenwind für Containerreedereien aber dramatisch. Von sicheren Geschäften mag keiner mehr sprechen: selbst der Branchenprimus Maersk sieht sich angesichts der Schifffahrtskrise gezwungen, seine kleine Agentur in Bremen zu schließen, obwohl Maersk dort mit dem NTB und am Jade-Weser-Port über eine Terminalbeteiligung verfügt.

Für die vor Gericht stehende Elbvertiefung können wir nur noch den Kopf schütteln. Den Hafen über eine Vertiefung weiter lediglich als Containerschleuse nutzen zu wollen, ist für eine Stadt wie Hamburg einfach kein erfolgreiches Geschäftsmodell.

Das ist nichts Neues – im Senat hat das leider immer noch keiner bemerkt. Trotz aller verfehlten Senatspolitik wünschen wir Hapag-Lloyd auch mit einer sich abzeichnenden “G4-Allianz” weiterhin viel Erfolg.

ISL-Analysten

SchwarzesSchafHeute wurde vom ISL (Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik), der Institution, die die Umschlags- und Arbeitsplatzprognosen für den Hamburger Hafen bis in das Jahr 2030 als Begründung für die Elbvertiefung erstellt hat, der aktualisierte “Containerumschlag-Index” veröffentlicht. Auf den Seiten des Partnerinstitituts des ISL, dem RWI, ist dann in einer Pressemitteilung zu lesen: “Welthandel wächst vierten Monat in Folge” Wow, denken wir – geht es wieder bergauf?

Und dann ist zu lesen: “Der Containerumschlag-Index des RWI und des ISL ist von (revidiert) 117,9 auf 118,7 gestiegen. Die Februar-Schnellschätzung steht jedoch – wie üblich – ganz im Zeichen des chinesischen Neujahrsfests. Aufgrund der stark durch den Feiertag beeinflussten Aktivitäten in den chinesischen Häfen ist es daher sinnvoller, den Zweimonatsdurchschnitt zu betrachten. Dieser entspricht mit 118,3 dem revidierten Wert vom Dezember. Dies kann als Anzeichen dafür gewertet werden, dass die in den vergangenen Monaten beobachtete Belebung des Welthandels pausiert oder sogar beendet ist.

Haben Sie das verstanden? Eine Ankündigung, dass der Welthandel im vierten Monat in Folge gewachsen ist, endet mit dem Statement, dass die Belebung des Welthandel pausiert oder sogar beendet ist? Das kann ja nicht einmal mehr als “Analysten-Sprech” oder “Bullshit-Bingo” bezeichnet werden.

Und derartige Institute dürfen vermeintlich punktgenaue Prognosen bis in das Jahr 2030 erstellen, mit denen unsere Politiker dann die Notwendigkeit der Elbvertiefung begründen? Derartige Prognosen können weder in einem Planfeststellungsverfahren noch in einem Gerichtsverfahren in Zweifel gestellt werden?

Institute, die unter derartigen Überschriften Einschätzungen veröffentlichen, müssen es sich gefallen lassen, Vergleiche zum Blick in die Kaffeetasse oder eine Glaskugel mit vermutlich ähnlich präzisen Vorhersagen zu ziehen. Kaffeetassen oder Glaskugeln gelten gemeinhin nicht als gerichtsfeste Beweise. Das ist auch wirklich gut so. Aber die vermeintlich wissenschaftlich arbeitende Analysten des ISL dürften für ein Verfahren wie die Elbvertiefung oder die Westerweiterung ebenfalls nicht in Planfeststellungsverfahren und vor Gericht verwendet werden. Zumal, wenn deren eigenen Prognosen sich binnen 10 Jahren mehr als haltlos, nein falsch, erwiesen haben. Volker Pispers erklärt, was wir meinen:

Hamburg kann Rekord

Bagger Barent ZanenWelche Baggermengen die HPA  im Kalenderjahr 2015 verbracht hat, war über den Bericht des Wirtschaftsausschusses zum Thema “Sedimentmanagement im Hamburger Hafen” über eine Protokollmitteilung des Senates (Seite 2) bereits Ende Januar 2016 bekannt geworden: mit deutlich über 10 Mio. m³ gebaggerter Sedimente hatte die HPA für ihren Verantwortungsbereich der Delegationsstrecke einen neuen Rekord aufgestellt.

Wie teuer diese Rekordmenge in 2015 gewesen ist, konnte vom Senat bislang dagegen nicht benannt werden. In der letzten Woche ist nun der Betrag vom Senat in seinen Antworten auf eine Schriftliche Kleine Anfrage benannt worden: “Die Gesamtkosten der Wassertiefenunterhaltung im Hamburger Hafen betrugen im Jahr 2015 85 Millionen Euro.

Diese Gesamtkosten sind, wie die zuvor benannten Baggermengen ebenfalls, ein neuer Hamburger Rekord. Bislang waren in 2014 die 66 Mio. Euro der Höchstbetrag gewesen. Verbleibt die Frage, wie sich die Kosten und Mengen auf der Bundesstrecke, d.h.  zwischen Tinsdal und Cuxhaven entwickelt haben. Na, ahnen Sie es schon?

Unsere Mitstreiter von der G.N.U. Gesellschaft für Natur- und Umweltschutz e.V. haben die Baggermengen und -kosten für die Bundesstrecke im Jahr 2015 bei der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt, Außenstelle Nord (GDWS ASt. Nord) angefragt und bereit gestellt bekommen. Mit dem Volumen von 16,8 Mio. m³ Sedimenten und Kosten von 47,4 Mio. Euro wurden die Rekorde der Vorjahre nur knapp verfehlt.

Bei der Addition der Mengen und Kosten für die gesamte Unterelbe zwischen dem Hamburger Hafen und der Nordsee, also für die Hamburger Delegations- und die Bundesstrecke zusammen, gibt es einen weiteren Rekord. Die Baggerkosten des Jahres 2015 stiegen gegenüber dem Vorjahr um rund 30 Prozent auf sage und schreibe 132,4 Mio. Euro.

Wir von Hamburg für die Elbe haben häufig Probleme die in Sachen Elbvertiefung Elphi1schwindelerregenden Millionenbeträge in eine verständlich Relation zu setzen: die Elphi, also unsere Elbphilharmonie, erscheint uns für jede Hamburgerin und jeden Hamburger mit den Baukosten von 789 Mio. Euro als ein Maß, das zeigt, was sehr, sehr viel Geld ist. Besonders eignet sich die Elphi für einen Vergleich, da deren Planungshorizont dem der Elbvertiefung ähnelt. Beide Hamburger Prestigeprojekte wurden um 2006/2007 geplant und sollen um das Jahr 2017 fertig gestellt … Wir wollen nicht unken!

  • Schauen Sie sich nun die gesamten Baggerkosten für die Unterhaltungsbaggerei auf der Unterelbe seit dem Jahr 2009 an: 759 Mio. Euro wurden mehrheitlich von Hamburg und mit einem geringeren Anteil vom Bund für diese Baggerei aufgewendet. Es wurde in diesem Zeitraum also fast eine gesamte Elphi an Steuergeld für die Tiefenhaltung der Elbe ausgegeben. Sehen Sie etwas davon? Im Gegenteil – diese Wahnsinns-Baggerei reicht nicht aus, die bisher genehmigten Tiefen sicherzustellen!
  • Nehmen wir dann die Baggermengen aus der Unterhaltungsbaggerei des Jahres 2015 von Hamburg und dem Bund mit insgesamt 27,6 Mio. m³ und setzen diese in Relation zu den für den Bau der aktuell geplanten und vor Gericht stehenden Elbvertiefung angekündigten Baggermengen von 38,5 Mio. m³. Eine weitere Elbvertiefung würde also bedeuten, das unserer Elbe während der Umsetzung der eigentlichen Elbvertiefung durch die Unterhaltungsbaggerei nochmals ein ähnlicher Wert entnommen werden muss.

Sollte die Elbvertiefung vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig also genehmigt werden, würden aus der Elbe binnen eines Jahres über 60 Mio. m³ Sedimente gebaggert werden müssen. Das ist eine so unvorstellbare Menge, dass uns die Luft wegbleibt. Das wären, umgerechnet in handelsüblichen Milch-Tetra-Pacs 60 Milliarden Literpackungen. Das wären für jeden deutschen Einwohner – die vielen Nullen machen schwindelig – 6,25 Standard-Badewannenfüllungen zu 120 Liter.

Wer meint, dass 25 Badewannenfüllungen mit Elbschlick zum normalen jährlichen Bedarf eines vier-Personen-Haushalts gehören, der sollte diesen schnell bei der HPA oder bei der GDWS anmelden. Denn: Elbschlick ist Fango

 

Elbvertiefungskosten verdoppelt

20141221_3414 (2015_06_07 11_52_41 UTC)Seit dem Jahr 2006 warten wir auf eine belastbare Kostenangabe für die Elbvertiefung.

Während der Hamburger Senat fast jährlich seine Kosten aktualisiert, ist bei dem Hauptkostenträger der Elbvertiefung, dem Bundesverkehrsministerium, seit einer Anfangsschätzung aus dem Jahre 2006 keine Aktualisierung vorgenommen worden. Bis gestern wurde der Bundesanteil, der entsprechend den Planungsunterlagen aus dem Jahre 2006 etwa das Doppelte des Hamburger Anteils von aktuell 218,5 Mio. Euro betragen soll (2/3 – 1/3 Kostenaufteilung), in den Haushaltsplanungen des Bundes der letzten zehn Jahre unverändert mit 248 Mio. Euro ausgewiesen.

Am 16.03.2016 hat der Bundesverkehrsminister Herr Alexander Dobrindt nun den neuen Bundesverkehrswegeplan 2030 vorgestellt und damit auch eine neue Kostenschätzung für den Bundesanteil ausgewiesen. Und siehe da: die Kosten für den Bund haben sich nun doch binnen der vergangenen zehn Jahre erhöht. Und zwar nicht unsportlich: mit über 150 Mio. Euro Kostensteigerung soll der Bundesanteil nun um 60% steigen und somit knapp 400 Mio. Euro betragen.

Die Zahlenwerte finden wir im Bundesverkehrswegeplan auf Pdf-Seite 56 (Berichtsseite 43) und in der Anlage auf Pdf-Seite 191 (Berichtsseite 178). Na ja, mag man meinen: die Preise sind ja auch in den letzten zehn Jahre gestiegen…

Wer von Ihnen kann sich in den vergangenen zehn Jahren an Einkommens- und Preissteigerungen von durchschnittlich 6% p.a. erinnern…?

Zur Erinnerung:  In der vorab erstellten Machbarkeitsstudie der Elbvertiefung aus dem Jahre 2004 war zu lesen: “Die Gesamtkosten der Variante 4.4 betragen bezogen auf einen Preisstand 1999 inklusive der 80 Mio. € für den Bereich der Freien und Hansestadt Hamburg einschließlich Mehrwertsteuer 310 Mio. €. Davon sind 231,5 Mio. € für Ausbaubaggerung und Strombau veranschlagt. Hierbei handelt es sich um eine deutlich auf der sicheren Seite liegende Kostenermittlung.” Aktuell belaufen sich die planerischen Gesamtkosten für die Elbvertiefung, d.h. Hamburgs Anteil von 218,5 Mio. Euro zuzüglich des Bundesanteils von 398,1 Mio. Euro, auf 616,6 Mio. Euro. Das ist nahezu eine Verdoppelung binnen 12 Jahren, also eine Preissteigerung von sogar über acht Prozent p.a.. Dabei ist in dieser Kostenbetrachtung keinerlei, im Sinne von Hafen21, erforderlicher weiterer Infrastrukturausbau einbezogen.

Wer von Ihnen kann sich in den vergangenen zwölf Jahren denn an Einkommens- und Preissteigerungen von durchschnittlich 8% p.a. erinnern…? Keiner? War da nicht sogar aktuell etwas mit der “Nullzinspolitik” der Europäischen Zentralbank?

Elphi1Wenn Sie sich jetzt immer noch nicht erinnern können, denken Sie einfach an die Elbphilharmonie. Da konnte (oder wollte?) sich ja auch kein Politiker in den vergangenen zehn oder zwölf Jahren derartige Kostenexplosionen vorstellen. Gekommen sind diese trotzdem.

Warum? Ja, das nennt man auf Hamburgisch “kostenstabiles Bauen”. Früher hieß das einfach nur “Schönrechnen”. Egal was es ist – die Zeche dieser unsinnigen und abenteuerlichen Verkehrspolitik in Sachen Elbvertiefung zahlen wir gemeinsam mit unserer Umwelt .

Urteilsverkündung 2017?

BVerwGLeipzig7Die Welt und auch die Morgenpost berichten, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung in Sachen Elbvertiefung erst im Jahre 2017 treffen könnte. Abgeleitet wird dieser spät erscheinende Urteilstermin aus dem Jahrespressegespräch des Bundesverwaltungsgerichtes, das am 03.02.2016 stattgefunden hat. Dort wurden von den jeweiligen Senaten des Gerichtes Rechtsprechungsvorschauen präsentiert: was steht für das Jahr 2016 auf der Entscheidungs-Agenda.

Der zuständige 7. Senat hat namentlich die Elbvertiefung auf die Agenda 2016 gestellt. Es ist dort zu lesen: “Ob über die Klagen der Umweltvereinigungen BUND und NABU gegen die Planfeststellungsbeschlüsse über die Fahrrinnenanpassung in der Unter- und Außenelbe noch im Jahre 2016 erneut verhandelt werden kann, hängt u.a. vom weiteren Gang des derzeit laufenden Planergänzungsverfahrens ab. …  Eine abschließende Entscheidung setze die Beantwortung der dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) im Klageverfahren der Weservertiefung vorgelegten Fragen zur Auslegung der Wasserrahmenrichtlinie voraus… . Laut Sachstandsmitteilung der Beklagten soll das aufgrund der Hinweise im vorgenannten Beschluss und der mittlerweile ergangenen Entscheidung des EuGH zur Weservertiefung … eingeleitete ergänzende Verfahren zur Behebung von Mängeln der FFH-, der Umweltverträglichkeits- und der wasserrechtlichen Prüfung voraussichtlich im 1. Quartal 2016 abgeschlossen werden. Nach dem Erlass entsprechender Planergänzungsbeschlüsse werden die Kläger Gelegenheit haben, hierzu im gerichtlichen Verfahren Stellung zu nehmen. Im Anschluss daran wird das Gericht die von den Klägern erhobenen Rügen prüfen. Welchen Zeitraum diese Verfahrensschritte in Anspruch nehmen werden, lässt sich derzeit noch nicht verlässlich abschätzen.

Ob aus diesen Worten des Gerichtes ein Entscheid erst in 2017 abzuleiten ist, können wir nicht sagen. Wir haben allerdings in der Vergangenheit erleben dürfen, dass das Gericht sich intensiv und mit großer Sachkunde in das Thema eingearbeitet hat. Es war für uns schon sehr beeindruckend, welche nicht trivialen Details die Richterin und die Richter aus den umfangreichen Planfeststellungsunterlagen herausgearbeitet hatten. Respekt!

Eine derartige Erarbeitung kostet unglaublich viel Zeit – diese Zeit muss einem Gericht bei einer derartigen Entscheidung unbedingt zugebilligt werden. Auch wenn wir uns ein zügiges Urteil in Sachen Elbvertiefung sehnlichst wünschen, haben wir vollstes Verständnis, dass die Sichtung und Bewertung von mehreren tausend Seiten Unterlagen nicht zwischen “Tagesschau und Wetterkarte” erfolgen kann.

Geduld in Form von Zeit ist angesagt. Es ist dabei nicht das Problem der Kläger, d.h. BUND und Nabu, dass, wie die Welt schreibt, der Technologische Fortschritt die Planungen längst überholt hat. Wenn es die für Planung der Elbvertiefung relevanten Bemessungsschiffe binnen weniger Jahre einfach nicht mehr gibt, ist es falsch, an dieser Planungsgrundlage festzuhalten. Wenn dann auch noch der prognostizierte Containerumschlag weltweit ausbleibt, bricht das Fundament für die Elbvertiefung zusammen.

Schnelle “Hau-Ruck-Entscheidungen” bei derart komplexen Themen wie der Elbvertiefung BVerwGLeipzig5sind in unserer heutigen Welt äußerst selten von Weisheit und Vernunft gekennzeichnet. Es mutet daher idiotisch an, wenn die Bild-Zeitung mit “Vertrödelt das Gericht die Elbvertiefung” aufmacht und “Das klingt verdammt nach Leipziger Trödel-Alarm!” schreibt. Geradezu niedlich ist das Statement von Frau Susanne Meinecke, Sprecherin der Wirtschaftsbehörde: „Wir haben wirklich alle nötigen Informationen zusammengetragen. Wir hoffen deshalb, dass es jetzt zügig weitergeht und dass das Bundesverwaltungsgericht noch dieses Jahr einen Termin anberaumt.

Wir könnten es sehr gut verstehen, wenn das Bundesverwaltungsgericht im dritten Quartal 2016 einen Termin für das erste Quartal 2017 terminiert.

HPAnnen

Zwei Nachrichten aus dem Hafen lassen aufmerken:

Am Samstagabend, 12.03.2016, soll ein BrandKattwykbrücke3 im Maschinenraum der Kattwykbrücke diese außer Betrieb gesetzt haben. Das Abendblatt berichtete bereits am Sonntag, dass das Brückenhubteil auf 9 Meter Höhe hängen würde und für die Passage von Schiffen, Zügen und Kraftfahrzeugen gesperrt sei. Nach den ergänzten neuen Informationen konnte die Brücke im Notbetrieb ganz nach oben gezogen werden, so dass Schiffe wieder passieren können. Laut der heute erschienen Pressemitteilung der HPA soll die Reparatur binnen acht Wochen erfolgen. Der Verkehr soll auf die Köhlbrandbrücke ausweichen, die eigentlich am kommenden Wochenende aufgrund Sanierungsarbeiten für die nächsten acht Monate gesperrt werden sollte.

Es wird spannend, wie sich die Verkehre aufgrund der Sperrung der Brücke in den nächsten Tagen und Wochen entwickeln werden. Insbesondere für die nach Norden und Osten gerichteten Bahnverkehre wird die Sperrung eine große Belastung darstellen.

AlexandervonHumboldt-Havarie2Am frühen Montagmorgen, 14.03.2016,  rammte der Saugbagger “Alexander von Humboldt” aufgrund eines Maschinenausfalles die Kaikante des Altonaer Fischereihafens. Laut einer Polizeimeldung kam der Bagger mit Lotsenberatung aus dem Köhlbrand und rammte den Mittelkai. Der Saugkorb soll das am Kai liegende Gebäude beschädigt haben und laut Abendblatt in der Kaimauer ein zehn Meter breites Loch hinterlassen haben.

Also schon wieder ein technischer Ausfall eines Schiffes, der zu einer Havarie führt? Ja, denn freiwillig fährt ja wohl kein Schiff mit Lotsenbegleitung in eine Kaimauer.  Technik kann immer und überall versagen. Entscheidend sei, wie man darauf reagiert, wie das Krisenmanagement klappt.“  – gelten diese, anläßlich der Havarie der “CSCL Indian Ocean” geäußerten, markigen Worte des Ältermannes der Elblotsen, Herrn Ben Lodemann,  auch für diese Havarie? Aufstoppen über eine Kaimauer ist ein wahrlich ungewöhnliches Krisenmanagement…

AlexandervonHumboldt2Der havarierte Saugbagger ist derzeit dabei, im Auftrag der HPA Hamburger Hafenschlick bei Tonne E3 vor Helgoland zu verklappen. Ob diese Havarie Folgen für den in letzter Zeit vieldiskutierten Baggernotstand haben wird, können wir nicht abschätzen. Wir werden es sicherlich in Kürze hören.

Wettbewerb

Hapag-Lloyd14Die Frachtraten bei Containerliniendiensten, also der Preis für den Seetransport auf einer Standardrennstrecke von A nach B, sinken kontinuierlich weiter und haben mit der Feststellung des maßgeblichen Index SCFI vom heutigen Freitag dem 11.03.2016 mit 404 Punkte den niedrigsten Stand seit Beginn der Messung erreicht. Ein Indikator dafür, dass die Schifffahrtskrise unverändert andauert.

Die Frachtraten befinden sich dabei nicht auf einem kontinuierlichen Sinkflug. Sie werden von Zeit zu Zeit durch die Reedereien drastisch erhöht, um dann im Laufe der folgenden Tage oder Wochen wieder auf das Niveau vor der Erhöhung abzufallen. Der Graph der Preisentwicklung über die Zeit hat die Ausprägung einer Sägezahnkurve: Die Preisstellungen der Reedereien erinnern dabei an die Entwicklung der Benzinpreise an den Tankstellen, die im mittlerweile täglichen Auf und Ab bei allen Marken ähnlich sind.

Europa1Diese von den Reedereien als GRI (General Rate Increase) bezeichneten Preiserhöhungen standen seit einigen Jahren unter der Beobachtung der EU-Kommission.  Im November 2013 wurde dann ein förmliches Untersuchungsverfahren gegen die großen Containerlinienreedereien, u.a. auch Hapag-Lloyd, eingeleitet: eine Alphaliner-Graphik zu den GRI’s zwischen Asien und Nordeuropa aus den Jahren 2009 bis 2013 verdeutlicht, wie ähnlich die Erhöhungen in Höhe und Zeitpunkt bei den Reedereien Hapag-Lloyd, Maersk und MSC erfolgt sind.

Nach dem November 2013 wurde es in der Öffentlichkeit sehr still zu diesem unter der Nummer 39850 von der Generaldirektion Wettbewerb geführten Kartellverfahren. Über eine Schriftliche Kleine Anfrage in der Bürgerschaft wurde jetzt öffentlich, dass es einen weiteren Schritt gegeben haben muss. Wir finden in den Eur-Lex-Veröffentlichungen einen auf den 16.02.2016 datierenden Beschluss der EU-Kommission zur Nummer 39850.

Darin ist zu lesen, dass 15 Reedereien von den Untersuchungen betroffen waren: es sind ausschließlich die Großen aus den TOP20, einschließlich den in Hamburg ansässigen Reedereien Hapag-Lloyd und Hamburg-Süd.  Die Kommissionsvermutung lautet, dass die Reeder mit ihren GRI-Gebaren “auf diese Weise möglicherweise die Preisplanungen der jeweils anderen Parteien sondieren und ihr Verhalten abstimmen könnten. Sie könnten so, ohne Gefahr zu laufen, Kunden zu verlieren, „testen“, ob eine Preiserhöhung realistisch sei, was die strategischen Ungewissheiten der Parteien wie auch ihre Wettbewerbsanreize mindern würde.

Aber in Analogie zu den täglich erlebten Benzinpreisen, bestreiten die Reedereien diese Vorgehensweise und stimmen auch der Analyse aus dieser vorläufigen Würdigung der Kommission nicht zu. Gleichwohl bieten sie ohne Anerkennung eines Verstoßes an, Verpflichtungen gegenüber der Kommission einzugehen, um deren Wettbewerbsbedenken auszuräumen. Die o.a. 15 Reedereien haben in den letzten Wochen gegenüber der Kommission eine einheitliche Verpflichtungserklärung mit Nuancen in der Präambel  abgegeben. Stellvertretend sei die Erklärung des Branchenprimus Maersk angeführt.

Die wesentlichen Inhalte der sechseitigen Verpflichtungen sind der Pressemitteilung der EU-Kommission vom 16.02.2016 zu entnehmen:

  • Die Reedereien werden keine GRI Announcements – d. h. Ankündigungen von nur als
    Änderungsbetrag oder -prozentsatz ausgedrückten Preisänderungen – mehr veröffentlichen und mitteilen.
  • Damit die Kunden die Preisankündigungen verstehen und sich darauf verlassen können, werden künftige Ankündigungen transparenter gestaltet und mindestens die fünf wichtigsten Bestandteile des Gesamtpreises enthalten (Grundpreis, Bunkerzuschläge, Sicherheitsgebühren, Terminalumschlagsgebühren und ggf. Hochsaisonzuschlag).
  • Die künftigen Ankündigungen werden für die jeweilige Reederei für den angegebenen Geltungszeitraum als Höchstpreise verbindlich sein (die Unternehmen dürfen jedoch Preise bieten, die unter diesem Höchstpreis liegen).
  • Die Preisankündigungen werden frühestens 31 Tage vor der geplanten Einführung der neuen Preise gemacht. Dann beginnen die meisten Kunden zu buchen.

Die Reedereien haben nun fünf Monaten Zeit, die Regelungen der Verpflichtung umzusetzen. Bislang konnten wir noch keine Umsetzung finden. So wurde beispielsweise ein aktuelles GRI für Südamerika Ostküste-Nordeuropa von Hapag-Lloyd, Hamburg Süd und Maersk weiterhin in der alten Form durchgeführt.

Ob die von der EU-Kommission gewählte Vorgehensweise erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten. Da in diesem Verfahren anscheinend keine Bußgelder verhängt wurden, bleibt offen, ob die Wettbewerbshüter einen wirklichen Nachweis hätten führen können. Bei den Tankstellen ist das nie gelungen. Der Verdacht von Preisabsprachen blieb immer im Raum und hält trotz der Schaffung von mehr Preistransparenz durch Installation einer zentralen Meldestelle sowie Preisvergleichsportalen an.

So verbleibt auch hier, wie bei den großen Mineralölern, ein schaler Nachgeschmack bei den großen Containerreedereien. Die Stadt Hamburg scheint als Eigentümer von einer dieser großen Reedereien eine derartige Preispolitik zu stützen. Wir sollen für die angeblich wirtschaftlich notwendigen Reederzwänge zum Einsatz von Riesen-Containerschiffen die Elbe vertiefen und unsere Hafenanlagen permanent mit neuen Containerbrücken und Kaianlagenverstärkungen anpassen. Gleichzeitig sind die Frachtraten nicht mehr auskömmlich, sollen deutsche Seeleute nur noch unter Erlass der Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge beschäftigt werden können, die Elbe mit jährlich mit über 100 Mio. Euro Steuergeld auf Tiefe gehalten werden und eine Hafenkooperation zwischen den deutschen Seehäfen in Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven nicht sinnvoll sein. Wir verstehen diese vermeintlich ökonomisch geleitete Logik einfach nicht mehr.

Ach ja, im Hafen wartet noch ein weiteres Wettbewerbsverfahren seit Dezember 2014 auf Klärung: ARGE-Hafenschlepper. Knapp ein Jahr später waren im August 2015 durch das Kartellamt sieben Containerspeditionen mit Bußgeldern belegt worden. Alles ehrbare Kaufleute…

Neues aus Fernost

HamburgSummitNachdem die chinesische Containerreederei COSCO bereits Ende Januar 2016 den Zuschlag für die Übernahme des Hafen von Piräus bekommen hat, geht der Ausbau der von China finanzierten Schienenanbindung von Piräus an das mittel- und osteuropäische Hinterland zügig weiter. Das als “chinesische Seidenstraße” bezeichnete Vorhaben mit dem bereits heute  60 Prozent der chinesischen Exporte nach Europa abgefertigt werden, scheint in eine neue Stufe erreicht zu haben: den Betrieb der Bahndienstleistungen.

Wie wir aktuell der österreichischen Presse entnehmen können, bewirbt sich bereits jetzt die österreichische Eisenbahngesellschaft ÖBB: Das Staatsunternehmen will mit COSCO Geschäfte wie den Bahntransport von Containern nach Zentraleuropa ausbauen. Neben direkten Verhandlungen mit den chinesischen Vertragspartnern soll die ÖBB bereits 200 neue Güterverkehrslokomotiven mit einem Auftragsvolumen von 570 Millionen Euro ausgeschrieben haben. Der Zuschlag soll bis Mitte 2016 erfolgen! Der Konkurrenzdruck für den Hamburger Hafen beim Containerumschlag mit China scheint sich auch in den nächsten Jahren nicht zu entspannen. Gleiches gilt für die HHLA-Bahntochter Metrans, deren Tätigkeit sich genau auf dieses Geschäftsgebiet, der Bahnanbindung von Mittel- und Osteuropa, konzentriert.

SchornsteinWährend das Gedröhne der maritimen Wirtschaft mit der Ausweitung der SECA-Schwefelregelung auch auf nordeuropäische Gewässer zu Beginn des letzten Jahres quasi verraucht ist, scheint die chinesische Regierung nun mächtigen Druck auf die Einführung von Abgaszonen in einigen eigenen Gewässern zu machen. Im THB ist zu lesen, dass für den 01.04.2016 sich der größte Containerhafen der Welt in Shanghai zu einer ECA erklärt hat. Die Entscheidung ist bereits Ende 2015 getroffen worden und umfasst nahezu alle großen chinesischen Containerhäfen, d.h. die von Shanghai und Ningbo am Yangtze-Riverdelta, Hong Kong und Nansha am Pearl-Riverdelta sowie Tianjin und Dalian an der Bohai-Bucht. Der große Wurf für drei neue SECA’s ist das noch nicht – aber wer hätte einen derartigen Schritt von China in so kurzer Zeit realisiert gesehen? Wir gratulieren zu dieser Entscheidung und hoffen, dass der Sprung zur SECA ebenso schnell gehen wird.

Vielleicht hat die Studie “Prevention and Control of Shipping and Port Air Emissions in China” von der NRDC auch zu den schnellen chinesischen Entscheidungen beigetragen. Wenn wir allein nur in der Einführung der Studie lesen: “China is home to 7 of the world’s top 10 container ports, and about 30% of the world’s containers pass through China’s ports every year. However, with every ship and truck entering these ports comes not only cargo but also air pollution.China is paying a high price for pollution associated with shipping. An estimated 1.2 million premature deaths in China in 2010 were caused by ambient air pollution, and shipping is a significant source of these air pollution and health problems, particularly in port cities, according to studies conducted in Hong Kong and Shenzhen.” (Hervorhebung d.A.)

Ja, in Hamburg leben wir seit dem 01.01.2015 zum Glück in einer SECA. Aber in einer Stadt lebend, die zu den TOP 15 Containerhäfen der Welt gehören will und die dafür den sie täglich besuchenden Containerschiffen weiterhin erlaubt, ganz tief im Inneren der Stadt die Luft mit ungefilterten Abgasen Tag und Nacht zu schwängern, fragen wir uns, was das Thema Landstrom für Containerschiffe  macht. Zumal es in Hamburg weiterhin keinen wirksamen Luftreinhalteplan gibt und dieser laut Umweltbehörde erst im September 2017 vorgelegt werden soll. Die Situation ist derart prekär, dass  der BUND nun einen Antrag auf Zwangsgeld gegen den Hamburger Senat gestellt hat.

In den Senatsantworten zu einer Schriftlichen Kleinen Anfrage können wir überraschenderweise lesen: “Das erste LNG PowerPac soll im Laufe des Jahres 2016 in Betrieb genommen werden und erstmals ein Containerschiff mit Strom versorgen.” Baaah, das gibts nicht – in Hamburg soll etwas passieren?

Ja, das scheint so zu sein. Aber es ranken sich gleich ganz viele Fragen um dieses Vorhaben. Beim Lesen der Pressemitteilung zu diesem Vorhaben können wir angesichts der Millionensubvention vom Verkehrsministerium und den vielen offenen Fragen zur LNG-Infrastruktur im Hamburger Hafen nur mit dem Kopf schütteln. Insbesondere wenn wir uns an das Wattebausch-Werfen in Cuxhaven vom Februar erinnern. Da konnten sich die drei Verkehrsminister und der Staatssekretär des Bundesverkehrsministers selbst mit Bauchpinseln noch nicht mal auf einen zentralen Standort in Deutschland einigen.

Es tut sich aber was. Was genau – das bleibt spannend.